Warum haben so viele Wurstsorten Städtenamen?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Was mögen Sie am liebsten, Lyoner oder Pariser, Krakauer,  Wiener, Augsburger, Nürnberger, Krainer, Thüringer, Berner oder Frankfurter? Wieso haben so viele Würste eigentlich Städtenamen? Noch dazu ist es ja so, dass in Paris niemand eine Pariser isst, und in Lyon kein Mensch weiß, was eine Lyoner sein soll. Da sind sich meine Frau und ich schon nicht einig, sie kommt aus Stuttgart und kennt die Lyoner als "Extra“, nur "irgendwie besser“, während ich darauf bestehe, dass viele, viele kleine Schinken- oder Fleischstückchen drin sein müssen. 

Überraschenderweise ist es tatsächlich so, dass viele Würste ihren Ausgangspunkt in den Städten, die sie bezeichnen, genommen haben. Berühmtes Beispiel dafür ist die Frankfurter, die der Überlieferung nach vom Metzgermeister Johann Georg Lahner aus dem Hessischen nach Wien gebracht wurden.

Er zog zu Beginn des 19. Jahrhunderts in die österreichische Hauptstadt – und machte hier Würstchen, wie er sie aus seiner Heimat kannte. Nur konnte er sie in Wien aus einer Mischung von Schweine- und Rindfleisch erstellen und damit NOCH besser machen, in Frankfurt durfte er ausschließlich Schweinefleisch verwenden. Denn ja, entgegen einem hartnäckigen Gerücht, isst man in Frankfurt auch Frankfurter. Allerdings gleichen unsere Frankfurter eher den dort ebenfalls beliebten Wienern, die ebenfalls mit Rindfleisch zubereitet werden ... 
 

Es sind nämlich  wirklich hauptsächlich eingewanderte Fleischhauer für unsere städtische Wurstvielfalt verantwortlich. Das Kaiserreich trug wesentlich dazu bei. Man versuchte, die Speisen der Heimat so gut wie möglich auch in Österreich nachzumachen. Aber um zur Lyoner zurückzukommen: In ihrer Heimat heißt sie  Cervelas, in der Schweiz Cervelat genannt. 

In Bayern und Österreich wurde daraus dann eben "die Wurst aus Lyon“. Und je weiter weg wir uns vom Ort entfernen, an dem die Köstlichkeit erfunden wurde, desto größer sind die Abweichungen. So muss ich meiner Frau zähneknirschend Recht geben, die echte Lyoner – oder eben Cervelas – hat praktisch gar keine Schinkenstückchen drin

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

Kommentare