Warum können so viele Menschen das Wort "lecker" nicht leiden?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Stullen, Frikadellen und Brötchen kommen in die Tüte, die Sahne auf den Quarkstrudel – und an Weihnachten fahren wir in Urlaub. Bundesdeutsche Ausdrücke, sogenannte Teutonismen, sind hierzulande nicht unbedingt beliebt, so manchem Österreicher geht sogar das G'impfte auf, wenn er sie zu hören bekommt.

Während allerdings ein fröhliches Tschüss! auch in Wien immer häufiger zu hören ist, scheint gerade das auf den ersten Blick doch harmlose Wörtchen "lecker" den so lauteren wie uneingeschränkten Zorn vieler Menschen auf sich zu bündeln. Wieso eigentlich?

Über die grundsätzliche sprachliche Abgrenzung zu unseren deutschen Nachbarn hat schon der große österreichische Literaturwissenschaftler Wendelin Schmidt-Dengler des Öfteren reflektiert ...

Wobei er auch darauf hinwies, dass viele von Sprachpuristen propagierte Austriazismen eigentlich Viennismen beziehungsweise regionale Ausdrucksformen sind, die so keinesfalls im gesamten österreichischen Sprachraum verwendet werden. So entzweit der Paradeiser zum Beispiel ebenso wie der Erdapfel Österreich mehr, als er es vereint.

Der Zusammenschluss funktioniert dagegen in der Ablehnung des mehr oder weniger klar definierten "bundesdeutschen" Idioms. 

Den Grund dafür sieht Wissenschaftler Thomas Köllen, der an der WU Wien vor acht Jahren dazu eine Studie durchgeführt hat, im "Abgrenzungsbedürfnis zu Deutschland" und einer gleichzeitigen "Aufwertung des eigenen Besonders-Seins", das seinen Ursprung in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg hat.

Also genau der Grund, warum wir etwa im Fußball zu wirklich JEDER Mannschaft halten, die gegen Deutschland antritt.

Warum ausgerechnet das eher neutrale Wort lecker, dem auch der darin eigentlich akribisch genaue Duden keine Regionalität attestiert, manche Gemüter derart in Wallung bringt, scheint wie ein Mysterium.

Frage der Freizeit

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Vielleicht ist der Grund ja ein kulinarischer: Wer in den 70er-Jahren den deutschen Karamell-Riegel "Leckerschmecker" liebte, hat keine Berührungsängste mit dem Wort. Wer dem identen amerikanischen Konkurrenzprodukt "Musketier" den Vorzug gab, hingegen schon. 

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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