Wundertüte mit Schuss: Was Besucher auf der Expo erwartet

Es sollte um Nachhaltigkeit gehen. Vielmehr aber ist die Weltausstellung ein Ort der Unterhaltung. Ein Besuch vor Ort.

Wer in Dubai mit der Metro auf das Expo-Gelände fahren möchte, braucht starke Nerven und Durchsetzungsvermögen. Schon die Frage, wie man am besten zur nächsten Metro-Station gelangt, stößt auf Erstaunen. Umständlich erklärt der Concierge den Weg vom Hotel über den Dubai Creek, eine Wasserstraße, die der Fußgänger von einer sechzehnspurigen Autobahn-Brücke aus bewundern kann.

Verschwiegen wird aber, dass die Route irgendwann in einer Sackgasse endet. Um von dort zur Metro zu gelangen, muss man entweder wagemutig über eine mehrspurige Fahrbahn rennen, oder einen zehn Minuten längeren Umweg in Kauf nehmen. Dass die ganze Unternehmung bei drückender Wüstenhitze um die vierzig Grad gemacht werden muss, kommt erschwerend hinzu. Mit der Metro den Weg zur Weltausstellung zurückzulegen, ist zwar die ökologischste Variante. Angesichts fußläufig schwer zu erreichenden Haltestellen aber auch der beschwerlichste.

Die Al Wasl-Kuppel  bildet das Zentrum des weitläufigen Expo-Geländes, abends finden hier opulente Lichtshows und Performances statt. Thematisch ist das Areal in  drei blätterförmigen Distrikten – Mobilität, Chancen, Innovation – angelegt

©EXPO 2020 Dubai

Aus der Metro ins Geschehen

Dafür landen Besucher direkt auf der Al Wasl Avenue, die von der Metro Station „Expo 2020“ direkt zur Al Wasl Plaza führt. Ein Platz, überdacht mit einer gigantischen Stahlgitter-Kuppel, die Schatten spendet und abends mit Lichtinstallationen bespielt wird.

Die Expo 2020, eröffnet mit einem Jahr Verspätung, ist die erste Weltausstellung im arabischen Raum. Ein sechshundert Fußballfelder großes Stück Wüste im Süden Dubais wurde dafür bebaut und in eine futuristische Mini-Stadt verwandelt. Rund zweihundert Teilnehmer aus 192 Ländern präsentieren hier ihre Innovationen. Das Motto: „Gedanken verbinden, Zukunft gestalten.“

Es soll um aktuelle, drängende Menschheitsfragen gehen – wie Meere von Plastik gesäubert werden können, weniger Müll produziert wird, wie Flugzeuge umweltfreundlicher werden, Verkehrsplanung in Städten klimaneutraler oder die Industrie schadstofffreier.

©APA/AFP/KARIM SAHIB

Info

Klimafreundliche Anreise
Täglich Direktflüge von Wien nach Dubai mit Emirates; -Kompensation via climateaustria.at: ca. 27,20 €

Unterkunft und Essen

Pur Touristik: Expo Dubai – One & Only Royal Mirage – The Palace*****. Z. B. 3.–9. 12. ab 2.640 € p. P.: inkl. Flüge mit Emirates ab/bis Wien, 5 N/HP im DZ/P.S. Deluxe, Privattransfers (SUV) Flughafen Dubai–Hotel und zur Expo, 1 Tageskarte Expo Dubai, 1 Ticket Ain Dubai Lounge Plus (Premium Check-in, Lounge Zugang, Getränk inkl.) für das neue, größte Riesenrad der Welt! Info und Buchung: Tel. 02252/63271, pur-touristik.at

Ruefa: „Dubai und EXPO – Die ganze Welt an einem Ort“, 5 Nächte ab 1.095 € p. P., Flüge mit Emirates, Nächtigung im Millennium Place Barsha Heights Hotel ****,  9. 11. 2021 bis 4. 3. 2022, Buchung/Info in den Ruefa-Reisebüros, ruefa.at

Raiffeisen Reisen: „V.A.E. – Ras Al Khaimah“, z. B. The Cove Rotana Resort 5* in Ras Al Kaimah, ab/bis Wien Okt.  2021 bis März 2022; 6 N. mit F., inkl. Flug ab Wien, Transfer & Reiseleitung vor Ort, Tages- Eintritt für die Expo, ab 899 € p. P., Buchungen in jedem Raiffeisen Reisen und Geo Reisebüro, raiffeisen-reisen.at, Tel. 0800/66 55 74

Auskunft
visit.dubai.com 

Wenige Pavillon-Besichtigungen aber genügen, um zu verstehen, dass das Konzept einer sechs Monate dauernden Veranstaltung, auf der bis zu 25 Millionen Besucher aus aller Welt erwartet werden, den Planeten nicht durch neue Ideen retten wird. Wer bildungshungrig zum ersten großen Post-Covid-Event anreist, muss diese Erwartungen zurückstecken.

Präzise, zukunftsträchtige Antworten auf komplexe Fragestellungen sind in den Pavillons nur schwer zu finden. Häppchenweise wird auf die drei großen Themen Chancen, Mobilität und Nachhaltigkeit eingegangen.

Vielmehr wird die Expo als Marketing-Instrument verwendet, um den Tourismus anzukurbeln. Die Ausstellungsflächen in den Länder-Pavillons werden größtenteils von Image-Videos auf Bildschirmen in Überlebensgröße eingenommen, dröhnenden Sound-Anlagen, flirrenden Licht-Installationen und Nebelanlagen. Eine große Party, zu der die Welt nach Dubai reist.

Fotos, Schweiß und Musikanlagen

Im Schweizer Pavillon ist der Einsatz von Kunstnebel besonders großzügig. Doch bevor Besucher in die Pavillons mit ihren rettenden Klimaanlagen gelassen werden, muss der Besucher einen Catwalk über einen roten Teppich hinlegen, als Requisite dient ein roter Regenschirm. Das ganze Schauspiel vor dem Pavillon wird nämlich in der verspiegelten Fassade reflektiert. Sehr fotogen, perfekt für die Inszenierung auf sozialen Netzwerken.

„Please, take a picture“, machen Sie ein Foto, fordern auch die Mitarbeiter immer wieder auf. Der einzige Haken: Die Fassade reflektiert auch die Wüstenhitze, sodass man sich wie auf einem Brennglas unter einem Hohlspiegel fühlt. Innen geht es dann um die Schweizer Bergwelt, „Schoggi“ und einen Fahrstuhl, der Wanderer ohne Wandern zum Gipfel bringt.

©Wächter Ornella

Saudi Arabien: ein asymmetrischer Kubus mit gleißender Glasfassade, der im Inneren seinen Besucher mit einer Rolltreppe zu einer gigantischen 360-Grad-Leinwand hinauffährt. Gezeigt werden Kulturstätten in der Region und schöne Landschaften, untermalt mit ohrenbetäubenden Musikeinlagen. Immerhin muss der Besucher nicht viel lesen – auf erklärende Texte oder die beliebten QR-Codes wird weitestgehend verzichtet.

Brasilien und Singapur indes locken vor allem durch eine Sache besonders viele Besucher an: Wasser. In Brasilien bietet ein Teich zum Durchwaten eine willkommene Abkühlung, in Singapur kann man sich von österreichischen Nebelanlagen besprühen lassen, während man durch einen künstlichen Tropenwald spaziert.

©Wächter Ornella

Konkrete Lösungen gehen unter

Geschichten wie jene von Siddharth Hande gehen in diesem Umfeld unter. Mit seinem Projekt Kabadiwalla Connect versucht er das Abfallproblem in Chennai zu lösen, der viertgrößten Stadt Indiens. „Wir sprechen hier von fünftausend Tonnen Müll, der pro Tag auf der Straße landet“, sagt Hande und erzählt, dass das Recycling-System in Indien nur dürftig reguliert sei und die Mülltrennung größtenteils durch einen informellen Sektor erledigt werde.

„Meine Idee ist, dieses Parallelsystem in die staatliche Abfallwirtschaft zu integrieren und zu einem Kreislauf zu verbinden.“ Hande bietet eine konkrete Lösung für ein drängendes Problem. Doch er tritt mit seinem Vortrag nicht in einem der glamourösen Länder-Pavillons auf, die mehrere tausend Besucher am Tag anziehen, sondern in einem kleinen Nebengebäude. Gerade einmal eine Handvoll Menschen wird an diesem Tag von seiner Idee gehört haben.

Unterhaltung mit Schuss

Nachhaltige Ideen haben in dieser Olympiade der Unterhaltung kaum eine Chance. Wahr ist aber auch: Nach eineinhalb Jahren Covid in Dubai mit Musik, Film und Spektakel abgelenkt zu werden, kommt bei den internationalen Besuchern unglaublich gut an.

Balqees aus Yemen nennt einen weiteren Grund, der vielleicht nicht nur sie auf eine Expo zieht: „Ich fühle mich wie eine Weltbürgerin. Wo sonst kann man auf so viele Menschen aus verschiedenen Kulturen treffen? Und man kann Gerichte aus aller Welt probieren.“ Die 22-jährige Studentin schiebt ihren Teller in die Mitte des Tisches und fordert zum Mitessen auf. Schwedische Fleischbällchen in Soße, dazu Salat. Essen verbindet.

Bier, Cocktails, Wein

Und Alkohol. Was das betrifft, haben die Australier mit ihrem Auftritt alles richtig gemacht. Zuerst lässt die Ausstellung Besucher in einem Planetarium durchs Universum schweben, draußen warten dann Foodtrucks mit Alkohollizenz. Bier, Cocktails, eine Auswahl an Weinen – die Getränkekarte kann sich sehen lassen. Und da es auf der Expo keine Stille geben darf, sorgen australische Singersongwriter mit romantischen Liedern für musikalische Unterhaltung.

Fast könnte man glauben, in der Fußgängerzone von Melbourne zu sitzen. Doch spätestens auf dem Rückweg ins Hotel, der über mehrspurige Straßen ohne Zebrastreifen und unter Brücken führt, weiß man wieder: Man ist in Dubai.

©Grafik

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