Wenn es in Coburg mal wieder um die Wurst geht

Die Coburger in Oberfranken stellen sich seit Jahrhunderten eine Frage: Wie lang ist die perfekte Wurst?

Die Coburger schwören auf ihre Wurst – wie viele Deutsche: die Münchner auf ihre Weißwurst, die Thüringer auf ihre – nun ja – Thüringer Bratwurst und die Berliner auf ihre Currywurst. Keine andere Stadt widmet ihrer Wurst aber eine so prominente Stellung wie Coburg.

Oben auf dem Coburger Rathausdach, mit bestem Blick auf das Marktplatz-Treiben darunter, steht das Bratwurstmännle. Seit mehr als zweihundertfünfzig Jahren. Woher der Name kommt, ist offensichtlich: In seiner rechten Hand reckt es eine lange Bratwurst zum Himmel. Himmlisch ist auch das Männle selbst, es stellt den heiligen Mauritius dar, wie er seinen Marschallstab ausstreckt. Der Legende nach war er ein Christ und römischer Legionärskommandant, der enthauptet wurde, weil er und seine Legion sich weigerten, heidnische Symbole und das Bild seines Kaisers anzubeten. Immerhin machte ihn das zu Coburgs Stadtheiligem.

Heute muss der Märtyrer seinen Kopf nur noch dafür hinhalten, die Länge der Coburger Wurst zu bestimmen. Denn die muss im Rohzustand auf den Zentimeter genauso lang sein wie sein Marschallstab. Dass das genau einunddreißig Zentimeter sind, weiß man in Coburg erst seit 1982 – davor lag das Längenmaß jahrhundertelang zwischen fünfunddreißig und vierzig Zentimeter.

©Sophie Neu

Das Urrezept der Bratwurst gab es sogar schon vor der Erbauung des Bratwurstmännles. Man mutmaßt, dass die erste Version davon im 15. Jahrhundert entstand. Die Rezeptur ist nach wie vor streng geregelt: Als fränkische Wurst müssen mindestens fünfzehn Prozent aus Rindfleisch bestehen – meistens verwenden die Wurstmacher fünfundzwanzig Prozent. Der Rest setzt sich aus fettem Schweinefleisch und wenigen Gewürzen wie Salz, Pfeffer, Muskat und Zitronenzeste zusammen.

Auch wer die Coburger Bratwurst wo grillen darf, ist streng reguliert. Nur an einer bestimmten Stelle auf dem Marktplatz, in direkter Blicklinie zum heiligen Mauritius, dürfen am Markttag acht bestimmte Wurstverkäufer und -verkäuferinnen ihre Ware in ihren Grillbuden anbieten. Dort bilden sich schon vor der Mittagszeit Schlangen, um an die Wurst zu kommen. Fragt die Wurstverkäuferin die Coburger, wie sie ihre Wurst wollen, sagen sie durch die Bank: „Angekohlt!“ Das gehört zur Wurst. Genau wie die Grillmethode über Kiefernzapfen, den Kühla, wie sie hier heißen. Das verbrennende Harz sorgt zusammen mit dem herabtropfenden Fett für das ungewöhnliche Raucharoma.

Serviert wird die angekohlte Wurst dann im Weckla, einer erstaunlich kleinen Semmel, die von oben statt von der Seite aufgeschnitten wird. Die beiden Enden der Wurst ragen weit über die Semmel hinaus – das Essen erfordert Übung. Davor sollte man die Wurst aber kurz nach oben strecken und ihre Länge mit der vom Wurstmännle vergleichen. Sophie Neu

Top 3 in Coburg

Markttage: In Coburg findet der Wochenmarkt am Mittwoch und Samstag vormittags bis 13 Uhr statt.  Neben der Bratwurst gibt es saisonales Obst, Pflanzen, Backwaren uvm.

 

Sightseeing: Die Veste Coburg thront über Coburg und hat eine beachtliche Kunst- und Mittelaltersammlung. 

 

Knödel: Das Gasthaus Goldenes Kreuz liegt am Marktplatz und hat tolle „Coburger Klöße“, die hier typischerweise nicht kugelrund sind, sondern leicht in sich zusammensacken.

Sophie Neu

Über Sophie Neu

SEO (Suchmaschinenoptimierung) und am Newsdesk im Einsatz. Seit 2022 beim Kurier. Zuvor im Reise-Ressort. Schrieb davor als freie Journalistin unter anderem für die Wiener Zeitung. Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien.

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