Livigno: Nach Olympia ist vor Olympia

Die Spiele kehren in die Alpen zurück, unter anderem nach Livigno. Ein guter Ort für Skitouren-Novizen und alle, die einmal außer Landes schneestöbern wollen.

Wie weit Peking weg ist, hat man während Olympia an drei Dingen gemerkt: an den verstörenden Startzeiten, der überschaubaren lokalen Euphorie und an Kraftwerkstürmen als Kulisse der Snowboardbewerbe. Das wird in vier Jahren anders sein, wenn die Spiele 2026 in Italien stattfinden. Da eifern Boarder und Freestyler wieder vor richtig schönen Alpengipfeln. Abseits der Hauptschauplätze Mailand und Cortina finden diese Bewerbe in Livigno statt, einer lombardischen Kleinstadt auf 1.816 Meter. Die Lage ist wie dem Märchenbuch entrissen, das Livigno-Tal gehört zu den pittoreskesten Orten der Alpen.

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"Managed Trails"

Dazu mischt sich eine gewisse Exotik, weil es am lange unerreichbaren Rand Italiens liegt, gleich hinter den Bergen ist die Schweiz. Schmugglergeschichten treffen hier auf ein EU-Zollfreizone, von Norden drängt das rätoromanische Gemüt herein, von Süden die italienische Perfektion bei Essen und Kaffee. Beides eher unüblich in Skigebieten. Wenn man für Schneeurlaub schon einmal heimischen Boden verlässt, dann durchaus hierher.

Dazu kommt eben das Olympiafieber. Das wird – zurück in den Alpen – rasch um sich greifen, denn Livigno rüstet wie die anderen Austragungsorte schon für den Fünf-Ringe-Tourismus. Man baut, man plant und hat die „26“ zum Logo erkoren. Während das Tal schon lange Treffpunkt für Gelände-Skifahrer und passionierte Skitourengeher ist, will man sich zunehmend dem breiten Publikum anbieten. Dazu gehören die neuen „Managed Trails“: Fünf Skitouren-Strecken, die man selbstständig begehen kann. Also direkt vom Skiverleih weg, ohne Guide oder großes Vorwissen. Nach Schwierigkeit eingeteilt, markiert, immer kontrolliert und somit auch lawinensicher. Außerdem immer mit Abfahrtsmöglichkeit auf der Piste. Pflicht ist allerdings die Mitnahme eines Rucksacks mit Ortungsgerät, Schaufel und Sonde.

Mister Monti

Fabiano Monti kennt sich mit Schnee aus. Für Skitour-Einsteiger hat er die „Managed Trails“ miterfunden. Die führen durch Wald und Gelände, aber auch zur Piste.

©Halbhuber Axel

Denn Skitourengehen liegt zwar stark im Trend, die Einstiegshürde ist aber dennoch eher hoch. Man muss ein neues Material verstehen (die Bindung!), sich im Gelände zurechtfinden, außerdem braucht man unbedingt Schneekenntnis. Dafür ist Livigno ebenfalls bekannt, es ist ein Mekka für Lawinenexpertise. Deswegen wohnt auch Fabiano Monti hier. Der Lawinenforscher gehört zu den bekanntesten seiner Zunft und ist außerdem Skinarr. Mit italienischem Lächeln erzählt er: „Ich wohne mit meiner Familie ein Stück den Berg hoch, so komme ich nach einem Bürotag wenigstens zu ein bisschen Bewegung.“ Also geht er abends mit Tourenski heim. Sein „Livigno Freeride Projekt“ soll die große weiße Weite hier heroben dank umfassender Datensammlung sicher für all jene machen, die sich abseits der Piste im Schnee tummeln wollen: von Freeridern und Skitourengehern über Schneeschuhwanderer und Tierbeobachter bis zu Heli-Skiing-Fans.

Abgesehen von diesen Offpiste-Späßen gibt es in Livigno auch andere Schneeblödeleien wie Biathlon im Selbstversuch oder Snowbiken. Und natürlich auch ein respektables Skigebiet – oder gleich zwei, eines auf jeder Talseite. Ob man lieber auf dem „Mottolino“ oder auf dem „Carosello 3000“ fährt, muss man selber herausfinden. Jedenfalls gibt es eh alles von Snowparks bis Sonnenpisten und von steilen Hängen bis zur Scuola di sci für Kinder.

Pasta, wie man  sie von Hütten nicht kennt.

©Halbhuber Axel

Und es gibt eben dieses gute Essen. Das vielleicht sogar die meiste Exotik beim Skifahren in der Fremde ausstrahlt. Pasta wie beim Nobelitaliener (das Pastahouse im Camanel Di Planon!), Käse wie auf der Alm (die Latteria im Ort!) und danach ein Espresso wie er von Gott gedacht war. Wenn man als Österreicher schneetechnisch schon einmal fremdgeht, ist Livigno eine ganz gute Idee. Auch schon vor „26“.

Klimafreundliche Anreise Die Anfahrt ist weit, aber span- nend: Stressfrei mit Zug bis Landeck (rd. 5,5 Std. ab Wien, oebb.at), dann in 2 Std. per Bus (organisieren die Hotels) über Zernez (Schweiz), durch den Tunnel Munt-la-Schera, vorbei am Lago di Livigno

Hotel und Essen Quartiere von einfach bis schick, Lage fast immer an der Piste, z. B. Hotel Palù (hotelpalulivigno.it). Viele gute Lokale, z. B. La Calcheira (calcheira.it, Hütte mit Blick)

Programm Wellness im aquagrandalivigno.com oder ins „MUS! Museo di Livigno e Trepalle“ (museolivigno.it)

Allgemein livigno.eu

Axel Halbhuber

Über Axel Halbhuber

Ich habe mir unter den Zweigen des Schreibens den Journalismus ausgesucht, um nicht über mich schreiben zu müssen. Und jetzt schreibe ich hier Zeilen zu meiner Vita. Es gibt im Leben Wichtigeres, das es zu beschreiben gilt. Eben das macht diesen Job spannend: gestern ein Interview mit den Klitschko-Brüdern, heute eine Reportage in einem Dorf für Demenzpatienten, morgen das Porträt über die wahre Biene Maja. Leben ist Vielfalt, auch das Berufsleben. Daher habe ich im Journalismus vieles gemacht: Wirtschaftszeitung bis Männermagazin, Online-Ressortleitung bis Gratismedium-Chefredaktion, Sportressort bis Societymagazin, Österreichwanderung bis Weltreise. Und bei aller Vielfalt ist das Reisen doch zu einem Steckenpferd geworden, auch durch meine Bücher „Ich geh dann mal heim“, „Einfach eine Weltreise“ und "Reisen ist ein Kinderspiel". Aber am wichtigsten war die Biografie über Helmut Kutin: "Wie aus einer zerstörten Kindheit ein gutes Leben wurde." Das muss wirklich jeder lesen!!!!

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