Franzenfeste in Brixen, Südtirol

Südtiroler Festung als Kulturhotspot: die Franzensfeste in Brixen

In der Südtiroler Stadt Brixen spielt Kunst eine große Rolle. Vor allem in der Franzensfeste gibt es einiges zu sehen.

Die Worte stachen nicht sofort ins Auge: „Der Mensch lernt nichts – Ott. [20]22“ Diesen Satz, den jemand im Oktober 2022 auf den Putz einer Kasematte hingekritzelt hatte, war schon stark verblichen. Umso tiefer war der Eindruck, den er hinterließ, als man ihn entdeckte. Und das aus zwei Gründen. Zum einen stand der Satz auf einer der Mauern der Festung Franzensfeste, die sich über der Südtiroler Stadt Brixen befindet. Zum anderen trifft er leider ins Schwarze, man braucht sich nur umzusehen, nur an den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und an den Krieg im Gazastreifen denken.

Und gerade wegen der aktuellen Geschehnisse erscheint einem diese Festung wie eine in Stein gemeißelte Botschaft. Sie mahnt die Menschen „Statt Krieg Kultur“ zu machen. Kaiser Ferdinand I. hatte sie in Auftrag gegeben, errichtet wurde sie in nur fünf Jahren, von 1833 bis 1838 – was ein unbeschreiblicher Kraftakt war. Die meterdicken Mauern umschließen eine Fläche von zwanzig Hektar. Der Broschüre entnimmt man, dass der Bau aus über zwanzig Millionen Ziegeln und 250.000 Kubikmeter Granit besteht.

Von Raubgut zur Biennale

Aufgabe der Festung wäre es gewesen, die Verbindung zwischen dem oberen Wipptal und dem Brenner zu sichern. Die Festung kam aber weder vor noch während der zwei Weltkriege zum Einsatz. Stattdessen soll Diktator Benito Mussolini zwischen 1943 und 1944 Gold der italienischen Staatsbank hier versteckt haben; anderswo steht, dass die Waffen-SS die Festung als Versteck für ihr Raubgut verwendete. Nach Kriegsende und bis 2003 wurde sie vom italienischen Militär als Waffendepot genutzt.

Krieg sollte anscheinend nicht die Bestimmung dieses imposanten Baus sein, denn erst nach seiner Umwidmung wurde die Festung interessant und ist es bis heute. Der Wandel begann 2008, als sie zu einem der Ausstellungsorte der europäischen Biennale für zeitgenössische Kunst – Manifesta – wurde. Seitdem ist sie eine Kulturstätte, in der Geschichte, Architektur und Kunst die Besucher auf eine anregende Erkundungstour mitnehmen.

Infos

  • Anreise
    Von Innsbruck  fährt der Railjet direkt nach Franzensfeste (1:20 Std.). oebb.at
  • Die Festung
    Das Museum hat im Sommer von Di.–So. (von 10–18 Uhr) geöffnet
  • Das Kunstprojekt
    Von 6. Juli bis 10. November findet die erste „FORT biennale“ statt. Im Fokus dieser alle zwei Jahre programmierten Veranstaltung steht die zeitgenössische Kunst. Dieses Jahr unter dem Titel „Im Körper der Sprache“
  • Unterwegs mit Rad
    Der Weg Pusterbike, der vom Hochpustertal kommt, geht bei Franzensfeste in den Radweg Wipptal Richtung Sterzing und Brenner über
  • Auskunft: suedtirol.info/de

Daueraustellungen in der Festung

Ende der 60er-Jahre klang aus der italienischen Jukebox das Lied der Band I Giganti „Steckt Blumen in eure Kanonen“. Und irgendwann ertappt man sich, es vor sich hinzusummen, während man durch die Gänge, über die steilen in den Fels geschlagenen Stiegen hinauf zu den Kasematten oder hinunter in die Bunker geht. Dabei stößt man immer wieder auf Ausstellungen. Die einen sind permanent, darunter „Eingebunkert“, die die Geschichte der Bunker in Südtirol erzählt und die jüngeren Besucher auffordert, an einem Rätselspiel teilzunehmen, um Bunker acht zu knacken. Stiegen aufwärts erfährt man in der Dauerausstellung „Kathedrale in der Wüste“ Näheres zum Bau der Festung, während in den Räumen auf mittlerer Ebene die großformatigen Zeichnungen von Robert Bosisio zeigen, wie er seinen Militärdienst mit Papier und Bleistift bestritten hatte.

Während Bosisios Werke zur Dauerausstellung gehören, wurden für die Veranstaltung „Frauenfeste“ (die heuer zum zweiten Mal stattfand und bis 16. Juni zu besichtigen war) neue Künstlerinnen eingeladen. Insgesamt achtzehn, deren Werke sich in den zu Ateliers verwandelten Militärräumlichkeiten mit dem Thema Identität auseinandersetzen. Und seit diesem Wochenende läuft die erste „FORT biennale“.

Über Andrea Affaticati

Italien-Korrespondentin des KURIER

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