Das Paradies für Austern-Liebhaber: Frankreichs Atlantikküste

Die Dörfer und Inseln der französischen Départements Charente-Maritime und Vendée sind das ideale Ziel für Freunde von Austern.

Überblick

Währung

Euro

Beste Reisezeit

Mai bis Oktober

Zwischen Bordeaux im Süden und der Bretagne im Norden liegen die hierzulande kaum bekannten Atlantik-Départements Charente-Maritime und Vendée. Sie stehen für weitläufige Strände, kleine Inseln und Dörfer.

Austern sind das bevorzugte Gesprächsthema, wenn man mit Einheimischen oder französischen Schlemmer-Touristen zusammentrifft. Kein Wunder, entlang der langen Île d’Oléron gibt es das größte Austernbecken Europas, übrigens mit sehr fotogenen, bunten Austernfischerhütten.

©Godai Wolfgang

Evelyne Morgat ist die Leiterin des Hafens, und sie erklärt Interessenten hingebungsvoll, warum im Marennes-Bassin die höchstdekorierten Austern Frankreichs heranwachsen. In natürlichen Meeresbecken, früher einmal Salzwiesen, werden die Jung-Austern ab September Schritt für Schritt veredelt, wobei sauberer Schlamm und viel Plankton eine große Rolle spielen. Ein tellerfertiges Produkt wurde bis zu vierzig Mal bearbeitet. Händisch, versteht sich. Das Resultat ist ein sanfter, edler und jodbefreiter Geschmack. Ein Zungenkuss mit dem Meer.

Eine Auster namens Georgette

Diese Delikatessen sind hier auch richtig günstig, die feinsten Sorten „Fines de Claire“ kosten ab einem Euro pro Stück, die größeren „Spéciales de Claire“ zwei bis drei Euro. In den Restaurants sind sie natürlich teurer.

Aber dafür kriegt man dort auch Spezialitäten, wie im „Le Relais des Salines“ mitten in den Sümpfen, das für seine gratinierten Austern mit Lauch bekannt ist. Die größte in den Marennes je gezüchtete Auster hieß übrigens Georgette, war siebenundzwanzig Zentimeter lang und wog eins Komma vier Kilo. Mit Schlürfen war da nichts mehr.

Fast um die Ecke führt uns Laurent Aubrière in seiner Cabane (ein kleines Bistro mit Terrasse) die ungewöhnliche Zubereitungsmethode für eine vermeintlich weniger edle Meeresfrucht vor.

Auch beliebt: Éclade de Moules. Eine Spezialität, für die die Cabane Chez Mamelou auf der Ile d’Oléron berühmt ist. Miesmuscheln werden mit Piniennadeln bedeckt, diese werden verbrannt und fertig ist die würzige Schlemmerei

©Godai Wolfgang

Bei der Éclade de Moules werden Miesmuscheln auf einem Holzbrett säuberlich aufgeschichtet, mit einem Haufen Piniennadeln bedeckt und angezündet. Nachdem die Nadeln in wenigen Minuten verbrannt sind, entfernt er die Asche, und die Muscheln sind fertig. Der würzige Geschmack mit dem Duft von Pinien ist einzigartig.

Das längste Gebäude Europas

Etwas Besonderes ist auch das Städtchen Royan etwas weiter südlich. Seine in den Fünfzigerjahren entstandene Seebad-Architektur, beeinflusst von brasilianischen Vorbildern wie Oscar Niemeyer, wurde von anderen Städten, die ebenfalls im Zweiten Weltkrieg fast zur Gänze zerstört wurden, oft imitiert.

Und natürlich hat Royan Restaurants vom Feinsten, deren Rohprodukte großteils vom hiesigen Markt stammen. Der ist nicht nur architektonisch interessant, sondern wurde 2018 sogar zum zweitbesten Markt Frankreichs gewählt.

Die „Corderie Royale“.

©Godai Wolfgang

Weiter nördlich, direkt am Fluss Charente, liegt Rochefort, mit einem einzigartigen Bauwerk: Die „Corderie Royale“, die königliche Seilerei, war einst mit 374 Metern das längste Gebäude Europas, der Hafen Rocheforts wichtigster Marinestützpunkt des Landes. Das riesige Meeresmuseum, pompöse Bürgerhäuser im Zentrum mit ihren typisch hohen Fenstern und die Kirche St. Louis zeugen noch vom einstigen Ruhm.

Meeresfrüchte auf dem Teller

Austern
Sie sind das Nationalgericht der beiden Atlantik-Départments. Austern ganz traditionell, die ausgezeichnete Güteklasse drei sind beliebt in Bistros in Saint Martin auf der Ile de Ré, mit Zitrone, Gemüseessig und Brot.

Éclade de Moules
Eine Spezialität, für die die Cabane Chez Mamelou auf der Ile d’Oléron berühmt ist. Miesmuscheln werden mit Piniennadeln bedeckt, diese werden verbrannt und fertig ist die würzige Schlemmerei.

Krustentierteller 
Es gibt diese Mischungen an allerlei Köstlichem aus dem Meer hier in jedem guten Restaurant, wie zum Beispiel der Le 13-Oyster Bar in Royan. Mit oder ohne Austern. Und oft sind sie gar nicht so teuer wie befürchtet.

Italienisches Flair

Nur dreißig Kilometer nördlich liegt die Hauptstadt des Départements, La Rochelle. Auch hier beeindruckt der prächtige Hafen, flankiert von mehreren berühmten Türmen. Das gleich anschließende historische Zentrum lädt zum Flanieren und Staunen ein. Die schmalen Gässchen mit langen Arkadengängen erinnern ans italienische Bologna, mittendrin erhebt sich der gewaltige Komplex des Rathauses, umgeben von herrlich bunten Fachwerkhäusern. Für Junge gibt es hier auch jede Menge tolles Graffiti. Das alles lässt sich sehr gut mit Leihfahrrädern erkunden.

©Godai Wolfgang

Von La Rochelle führt eine geschwungene Meeresbrücke zu einer der schönsten und beliebtesten französischen Inseln, der Île de Ré. Caroline von Monaco, Katy Perry und Johnny Depp werden schon wissen, warum sie gerade dort gern urlauben. An den breiten, langen Sandstränden im Westen und Norden, bewacht vom weithin sichtbaren Leuchtturm Phare des Baleines, findet man leicht ein einsames Plätzchen.

Von La Rochelle führt eine geschwungene Meeresbrücke zur Île de Ré

©Godai Wolfgang

Die Stars der Insel sind aber ihre idyllischen, weißen Dörfer, die zu den schönsten Frankreichs zählen sollen. In den engen Gassen gibt es viel zu entdecken, rund um die Jachthäfen von Ars en Ré oder La Flotte reihen sich jede Menge urige Restaurants. Natürlich isst man hier zumindest zur Vorspeise Austern. Und auf den 138 Kilometern Radwegen der Ile de Ré lassen sich die Folgen des Schlemmens wieder gut abtrainieren.

Die Küste des Lichts

Kulturelles Highlight ist der Ort St.-Martin-de-Ré, dessen riesige Festungsmauern UNESCO-Weltkulturerbe sind. Besonders gruselig für Besucher: In der Anlage befindet sich noch heute ein Hochsicherheitsgefängnis. Früher wurden von hier Häftlinge in die Überseegebiete verschifft, wie aus der Geschichte von „Papillon“ bekannt.

©Godai Wolfgang

Einen herrlichen Überblick über die historischen Dächer und den zentralen Teil der Insel muss man sich erarbeiten. Über eine steile und enge Wendeltreppe geht es auf die Aussichtsplattform der Kirche St. Martin.

Folgt man der Atlantikküste in den Norden, beginnt das Département Vendée und damit auch die Côte de Lumière, also die „Küste des Lichts“. Wir kommen nach Brétignolles-sur-Mer, wo die Farben von Strand, Klippen und Himmel jeden Abend zeigen, warum sie so heißt. Fast ein bisschen dekadent lässt sich das alles am besten von den Panoramafenstern des Michelin-dekorierten „Restaurant JM Pérochon“ bewundern. Dessen bodenständiger Chefkoch Jean-Marc Pérochon beschert seinen Gästen einen unvergesslichen Abend mit vielen Überraschungen.

Der Sardinenpfad

Typisch atlantische Atmosphäre erlebt man auch in der Nachbargemeinde Saint-Gilles-Croix-de-Vie, mit vielseitigen Attraktionen. An der Mündung des Flusses Vie, der den Ort teilt, befinden sich großzügige Jacht- und Fischereihäfen, an beiden Seiten der den Fluss überspannenden Brücke taucht man in ein enges Gassenlabyrinth ein.

St. Gilles - die Hauptstadt der Sardinen

©Godai Wolfgang

Ein Teil davon wurde von den Nachfahren der maurischen Seefahrer errichtet, die sich im 16. Jahrhundert hier ansiedelten. Darum heißt es heute „Marokkanisches Viertel“. Über diesem thront die katholische Kirche Sainte Croix, zu ihren Füßen der Hauptplatz mit sehenswertem Meeresfrüchte-Markt. Das Wahrzeichen von St. Gilles sind aber weder die attraktive Altstadt, noch die bei Surfern besonders beliebte, breite Grande Plage; und schon wären wir wieder beim Kulinarischen: Es ist die Hauptstadt der Sardinen, die hier als erster Wildfisch mit dem „Roten Label“ ausgezeichnet wurden.

Es gibt einen zwei Kilometer langen „Sardinenpfad“, den riesigen Fischmarkt und eine spezielle Fabrik: In „La Perle des Dieux“, der Perle der Götter, werden die besten Sardinen in limitierten Jahrgangsdosen konserviert. Dass deren Oberflächen von Künstlern bemalt werden, zeigt ihre Exklusivität.

©Grafik

Reiseplanung

Klimafreundliche Anreise
Etwa mit Austrian Airlines über Zürich oder Frankfurt nach Bordeaux (Kompensation via climateaustria.at : 10,20 € ). Weiter mit dem Mietauto (ein Navi ist schon wegen der unzähligen Kreisverkehre unerlässlich). Mit der ÖBB erreicht man Bordeaux mit  Umstieg(en) in mindestens 13,5 Std. 

Schlafen

Essen

 

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