Was man bei einem Ohrpiercing falsch machen kann
Sein Schmuddelimage ist das Piercing endgültig los. Heute wird vor allem das Ohr mit Diamantschmuck verziert.
Ein paar Sekunden Zähne zusammenbeißen – dann ist der Schmerz vorüber. „Wir sind fertig“, sagt Santiago Sabo während er zufrieden das frisch gepiercte Ohr betrachtet, an dem nun ein kleiner Diamantstecker funkelt.
Die Kundin: eine Frau, die in der österreichischen Politik arbeitet. Ort des Geschehens: ein luxuriöser Store in der Wiener Innenstadt. Will beides nicht so recht ins Klischee passen? Die Zeiten, in denen sich nur Kundschaft aus der Punk-Szene in einschlägigen Studios stechen ließ, seien vorbei, erklärt Sabo. „Das Piercing ist in den vergangenen Jahren viel salonfähiger geworden.“ Heute komme vom Mutter-Tochter-Gespann bis zum Manager Mitte 50 ein bunt gemischtes Klientel zum Piksen.
Gemeinsam mit seinem Vater, Schmucklabel-Gründer Thomas Sabo, hat der Piercer jüngst eine neue Marke lanciert: Mit Saboteur bringt die Familie den sogenannten „Fine Piercing“-Trend nun nach Österreich. In der Wiener Spiegelgasse 8 werden im vorderen Bereich Schmuck und Uhren verkauft, im hinteren Bereich wird in einem eigens eingerichteten Studio gepierct.
Ohr-Posing
Im Fokus der weiblichen Kundschaft steht das „Curated Ear“, also das kuratierte Ohr: Mit verschiedenen Piercing-Motiven an unterschiedlichsten Stellen wird der individuelle Look zusammengestellt. Losgetreten wurde der Trend von Schmuckdesignerin Maria Tash, die im Jahr 2003 ihr erstes Studio im West Village in New York eröffnete. Mittlerweile folgen der gleichnamigen Marke rund 770.000 Follower auf Instagram. Zu den prominentesten Ohrpiercing-Fans gehören Schauspielerin Scarlett Johansson und Sängerin Beyoncé.
Warum sich ausgerechnet diese Körperstelle zu so einem Trendthema entwickelt hat? „Vielleicht, weil der Blick sofort auf das Ohr fällt. Man kann es gut herzeigen im Vergleich zu anderen Stellen“, sagt Santiago Sabo. Besonders beliebt sei derzeit die Verschönerung des Tragus und des Helix.
Akupunktur-Stellen
Beide Stellen befinden sich im Gegensatz zum klassischen Ohrloch im Knorpelbereich. Einige Piercing-Interessierte befürchten, dass hier ein Akupunkturpunkt getroffen werden und dadurch gesundheitliche Risiken entstehen könnten. „Prinzipiell spricht nichts gegen ein Ohrpiercing“, sagt Olivia Pojer, Allgemeinmedizinerin und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für kontrollierte Akupunktur und TCM (OGKA). „Allerdings würde ich empfehlen, direkt vor einem Piercing-Termin eine Konsultation in einer TCM-Akupunktur-Ordination auszumachen. So können die ungefährlichen Stellen angezeichnet werden.“
Es gebe einige Punkte am Ohr, die beim Piercen zufällig erwischt werden können – oder eben auch nicht: „Im Gegensatz zum restlichen Körper sind die Akupunkturpunkte am Ohr nur wenige Millimeter klein.“
Die Ohrläppchen sind davon nicht ausgenommen. So gibt es zum Beispiel einen Valiumpunkt, der zu starker Müdigkeit führen oder einen Histaminpunkt, der Allergieanfälligen Probleme bereiten kann. „Die meisten Stellen sind jedoch ungefährlich.“
Gewisser Suchtfaktor
Bei der Politikerin, die sich zum ersten Mal stechen ließ, und den meisten anderen Kundinnen, geht Piercer Sabo davon aus, sie bald wiederzusehen. „Mit den Ohrpiercings ist es ähnlich wie mit Tattoos: Bereits beim Beratungsgespräch für das eine denken viele über ein weiteres nach. Ein gewisser Suchtfaktor ist definitiv da.“
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