Kaschmirkönigin Iris von Arnim: Worauf es bei Kaschmir ankommt und wie man ihn richtig pflegt

Vielleicht sogar die beste Masche der Welt, zumindest der Kaschmirwelt. Wir trafen Iris von Arnim und ihren Sohn Valentin zum Interview in Hamburg.

Sie sind seit mehr als 45 Jahren eine Marke und gelten als die Königin des Kaschmirs. Eine sehr beeindruckende Erfolgsstory. Die Anfänge waren aber eher ungewöhnlich, oder?
Iris von Arnim: Ich habe mich überall versucht. Als Fotografin, als Werbetexterin, auch in der PR. Ich war sogar Praktikantin bei der „Bild Zeitung“. Zu allem fehlte mir das Talent, ich war nicht begabt genug und hatte nicht die notwendige Disziplin, mich durchzubeißen. Dann hatte ich einen sehr schweren Autounfall, drei Jahre und acht Operationen hat es gebraucht, um mein Bein zu retten. Ich war monatelang im Krankenhaus. Um mich zu beschäftigen, haben mir Freunde Wolle mitgebracht und ich habe angefangen zu stricken.
Das konnten Sie?
IvA: Ja, das konnte ich richtig gut. Im Spital entstanden die ersten „Regenbogenpullover“. Die sind so gut angekommen, dass schlussendlich aus diesem „Zuhause-Pullover-Stricken“ eine Geschäftsidee wurde. Ich habe mir Heimarbeiterinnen gesucht, die dann für mich gestrickt haben.

Isabella Klausnitzer mit Iris und Valentin von Arnim

©Iris von Arnim
Damals haben Sie in München gelebt?
IvA: Ja, aber da gab’s eben nur Jobversagen. Und so bin ich mit meinen Stricknadeln nach Hamburg gezogen und habe dort einen Hippieladen eröffnet, in dem ich meine Pullover verkauft, aber auch gleich gewohnt habe.
Wie ging’s dann weiter?
IvA: Ich hatte Glück. Eine Boutique in Sylt suchte eine Verkäuferin, das habe ich gemacht und dort dann auch meine Pullover verkauft. In diesem Sommer hat mich die „Bunte“ entdeckt, mich und meine Pullover in ihrer Gesellschaftskolumne erwähnt, und das war tatsächlich der Durchbruch.
Und auch gleich der große Erfolg?
IvA: Unglaublich, was das gebracht hat, meine Pullover verkauften sich wie verrückt.

Iris und Valentin von Arnim in den 1980ern

©Iris von Arnim privat
War das damals schon der typische Iris-von-Arnim-Stil?
IvA: Nein, überhaupt nicht. Nach den legendären Regenbogenpullovern haben wir dann Motivpullover gestrickt. Pandabären, Füchse, aber auch Picasso- und Matisse-Motive, nichts war vor mir sicher. Heute würde man das als völlig geschmacklos bezeichnen. Die Motivpullover wurden damals aus normaler Wolle gestrickt, später kam Angora und dann in den 1980er-Jahren endlich Kaschmir. Damit war auch das Thema bunte Muster und Motive für mich erledigt. Meine ersten Kaschmirkollektionen hat übrigens Brunello Cucinelli produziert.
Was begeistert Sie so an diesem Material?
Valentin von Arnim: Das Tragegefühl auf der Haut, das ist einzigartig. Außerdem kommen die Farben, mit denen eingefärbt wird, nur in Kaschmirwolle so schön zum Ausdruck.
Was unterscheidet Iris-von-Arnim-Kaschmir vom Rest der Kaschmirwelt?
VvA: Beim ersten Angreifkontakt kann das oft nicht mal ein Experte unterscheiden, weil man jedes Material so behandeln und weich waschen kann, dass sich alles gleich anfühlt. Der Unterschied in der Qualität zeigt sich erst beim Tragen und durchs Waschen. Wie sehr verziehen sich da die Nähte? Wie sehr pillt der Pullover? (Anm. Pilling = Knötchenbildung)

Zwei glatt, zweiverkehrt
 

©Iris von Arnim privat
Wovon hängt ab, wie stark Kaschmir pillt?
VvA: Von der Länge des Kaschmirziegenhaars. Die Ziegen stoßen übrigens im Frühjahr ihr Fell ab, für höchstwertiges Kaschmir wird aber nur das feinste Haar verwendet, das Deckhaar eignet sich nicht. Selbst „normales“ Designerkaschmir der bekanntesten Labels kommt nicht an diese Qualität heran, die wir für unsere Kollektionen verwenden. Wir und noch ein ein paar andere Premiummarken arbeiten übrigens nur mit italienischen Spinnereien zusammen, höchste Handwerkskunst ist uns sehr wichtig.
IvA: Kaschmir braucht einfach die richtige Pflege. Am Anfang pillt jeder Pulli, das gibt sich dann mit dem Tragen. Je öfter man ihn wäscht, desto weniger wird die Pillerei.
Ein Kaschmirpullover um 2.000 Euro, geht das noch?
VvA: Muss gehen. Geht auch eigentlich nicht anders. Material von unserer Qualität ist begrenzt, auch weil die Nachfrage so gestiegen ist. Die Verarbeitung wird auch immer aufwendiger. Ein Handstrickpullover braucht durchschnittlich 35 Stunden für die Fertigung, es gibt aber auch Modelle, da wird 50 Stunden gestrickt.
Wie gehen Sie mit dem Thema Nachhaltigkeit um?
IvA: Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, dass ich Pullover mache, die man nicht so schnell wieder entsorgt, die gerne vererbt und weitergegeben werden.
Was ist wichtiger: Design oder Marketing?
VvA: Ganz klar Design. Wir sind ja ein Nischenprodukt, wir können nur mit unseren Produkten überzeugen. Mit den großen Konkurrenten und deren Marketingstrategien könnten wir niemals mithalten.
Zielgruppe?
VvA: Die Frau ab 40, die sich leisen Luxus leisten kann und leisten will.
Was inspiriert Sie? Reisen?
IvA: Überhaupt nicht mehr, das ist vorbei. Ich halte einfach die Augen offen und ich beobachte wahnsinnig gern Frauen, die mir gut gefallen. Das Wichtigste ist, dass man mit offenen Augen durch die Welt geht.
VvA: Iris, dein Designteam war jetzt gerade fünf Tage in Paris. Die reisen für dich und lassen sich natürlich schon von Eindrücken beeinflussen, die sie von ihren Trips und Auslandsaufenthalten mitnehmen.
Für wen machen Sie Mode?
VvA: Sicher nicht für Frauen, die Männern gefallen wollen, sondern für Frauen, die sich in ihrer Haut einfach wohl fühlen. Eine Frau in Iris von Arnim ist nie verkleidet.
IvA: Für die Frau, die ich am besten kenne, und das bin immer noch ich.
Was ist Ihr persönliches Lieblingsstück?
IvA: Ein kleiner schwarzer Rollkragenrippenpulli. Aber natürlich auch mein klassischer lässiger, weiter und länger geschnittener Ripppulli.
VvA: Der „Calvin“-Cardigan mit Schalkragen. Der ist genial, den trag ich rund um die Uhr.
Lieblingsfarbe?
IvA: Zunehmend Schwarz.
Welche Farbe passt jedem am besten?
Beide: Blau.
IvA: Ich finde bei Frauen Beige auch immer sehr schön. Für Männer ist Beige allerdings die schlimmste Farbe, das geht überhaupt nicht.
Iris von Arnim ist ein Familienunternehmen, das hat natürlich Vorteile.
IvA: Absolut. Mein Sohn war Banker in den USA, 2009 kam er dann zu mir ins Unternehmen und ist seit damals für das strategische und operative Geschäft zuständig. Ich habe Valentin als allein erziehende Mutter aufgezogen, von seinem Vater habe ich mich noch in der Schwangerschaft getrennt, war alles nicht immer einfach.
Wie hat sich das Unternehmen verändert, seit Valentin an Bord ist?
VvA: Das Unternehmen hat sich wesentlich vergrößert. Wir machen jetzt vier Kollektionen statt wie früher zwei, haben personalmäßig aufgestockt, der Markt ist größer geworden. Und wir konzentrieren uns ausschließlich auf den Premiumsektor, wir haben einen gnadenlosen Fokus auf Qualität.
Das Wichtigste zum Schluss: Verrät uns die Kaschmirkönigin, wie man Kaschmir am besten pflegt?
IvA: Niemals mit der Hand waschen, immer nur in der Maschine. Und zwar entweder in einem Waschsack oder in einem Kopfkissenbezug und im Wollwaschgang.
VvA: Außerdem muss man Kaschmirpullis nicht ununterbrochen waschen, man kann sie auch aufhängen und durchlüften lassen.
Waschen Sie Ihre Kaschmirpullis selber?
IvA: Nein.
VvA: Na selbstverständlich.
Isabella Klausnitzer

Über Isabella Klausnitzer

Isabella Klausnitzer ist eine der wichtigsten Trend- und Lifestyle-Journalistinnen im deutschen Sprachraum. Für die Kurier freizeit schreibt sie seit vielen Jahren, was in Sachen Mode, Stil, Kunst, Design und Lifestyle-Trends angesagt ist, und konnte sich damit eine treue Fangemeinde aufbauen. Neben ihren Trendseiten im Kurier berichtet Isabella Klausnitzer regelmäßig auch im Fernsehen über Lifestylethemen. In der Blogszene ist Isabella unter www.isatrends.at zu finden.

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