
Diane von Fürstenberg: "Wenn du ganz oben bist, bleib bescheiden"
Fürstenberg gilt als Modelegende und eine der ersten Frauen, die sich selbstbewusst als Chefin eines Millionenunternehmens präsentierte.
Ein Picknick im Garten ihrer Villa in Los Angeles mit Leonardo DiCaprio, Oprah Winfrey und Naomi Campbell, ein launiger Abend mit Amazon-Boss Jeff Bezos, Hillary Clinton und Schuhmacher Christian Louboutin im Palazzo in Venedig. Auch mit 78 gibt Diane von Fürstenberg die umtriebige und leidenschaftliche Gastgeberin.
Sie bringt gerne Menschen zusammen und weiß, wie man gute Partys feiert – hat die Socialite in den Siebzigern doch unzählige Nächte im legendären Studio 54 mit Andy Warhol und Mick Jagger durchgetanzt.
Die gebürtige Belgierin hat nichts ausgelassen, wie man so schön sagt. Trotz ihrer Ehe mit Egon von Fürstenberg, der sie zur Prinzessin machte. Der einnehmende Aristokrat hatte ständig Affären mit anderen Frauen und Männern, sie tat es ihm gleich. Als „Diane, die Jägerin“, beschreibt sie sich selbst in ihren wilden Tagen, die sie nicht bereut.
Glamourös und bodenständig zugleich
Heute gehört ihr Herz aber nur Barry Diller. Mit dem milliardenschweren Medienmogul genießt sie ihr Jetset-Leben – in New York, in Venedig oder auf ihrer 70-Millionen-Euro-Segeljacht EOS. Wo sie am liebsten ist? „Alleine im Meer schwimmend, wenn ich ein kleiner Punkt im Ozean bin.“ Ihr Freund und Kollege Michael Kors sagt über Fürstenberg: „Sie ist unglaublich glamourös und dabei trotzdem bodenständig.“
Denn das jüdische Mädchen mit den auffälligen Locken aus der belgischen Mittelschicht hat auch Schattenseiten des Lebens kennengelernt. „Niemand hat mich so beeinflusst wie meine Mutter“, sagt sie im -Gespräch. Eine Auschwitz-Überlebende, die Jahrzehnte nach ihrer Gefangenschaft einen Nervenzusammenbruch erlitt, weil sich eine Gruppe von Männern neben ihr auf Deutsch unterhielt.
Turbulentes Leben
Diane selbst hatte nach goldenen Geschäftsjahren mit finanziellen Flops zu kämpfen, veräußerte ihre Marke und erhielt 1994 die Diagnose Zungenkrebs. Ihre Firma kaufte sie nach einigen Jahren wieder zurück, um zu zeigen, dass ihre Karriere zu Beginn nicht nur auf Glück basierte.
Der Plan ging auf, vor Kurzem gab es jedoch durch Misswirtschaft und die Covid-Pandemie wieder Probleme. Für Fürstenberg kein Grund, das Unternehmen mit fast 80 Jahren zu verkaufen oder gar zu Grabe zu tragen. "Ich sehe meine Marke als ein Kind, um das ich mich kümmern muss."
Drei Jahre hat sie das Unternehmen umstrukturiert, Enkelin Talita arbeitet eifrig mit. Diane will "in Charge" sein, Kontrolle über Entwürfe und Abwicklung haben und ist für Europa nun den Schritt gegangen, nur noch exklusiv über den Onlinehändler Zalando zu verkaufen. Zum großen Launch in Berlin war die als einziges österreichisches Medium vertreten.
Die Modeikone zeigte sich glamourös wie erwartet und überraschte gleichzeitig mit ihrer nahbaren und direkten Art – genau so wie von Kors beschrieben.
Österreich
Zu Österreich hat die einstige Prinzessin schon lange ein Naheverhältnis, da durch die Ehe mit Fürstenberg eine familiäre Verbindung besteht: Hubertus von Hohenlohe ist ihr Neffe, Sohn der 2024 verstorbenen Ira von Fürstenberg.
Das Familiengrab der Fürstenbergs befindet sich in Strobl am Wolfgangsee. Hubertus besucht seine Tante aber auch gerne in Venedig. Ihr Lieblingswohnsitz im "Winter ihres Lebens".

Die neue Kollektion von Fürstenberg, die über Zalando erhältlich ist. Auffällige Prints bleiben ihr Markenzeichen
©Zalando
Ihr Leben ist geprägt von einer furchtlosen Kindheit, weil ihrer Mutter wichtig war, dass sie vor nichts Angst haben – und danach von viel Aufmerksamkeit und Tatendrang. Aber gab es auch Zweifel an sich selbst, denen sie entkommen sind?
Fürstenberg: Sie fragen mich, ob ich mich je als Verliererin gefühlt habe? Ja, klar, fast täglich – für eine Minute. Aber dann muss es einfach weitergehen. Du machst Fehler, das gehört zum Leben einfach dazu. Aus Fehlern können tolle Dinge entstehen, solange man nur sich selbst treu bleibt. Wenn du ganz oben bist, bleib’ bescheiden. Und wenn du unten bist, vertraue darauf, dass sich wieder eine Chance ergibt.
Wenn Sie Ihre Marke heute neu starten würden, was wäre Ihrer Meinung nach anders?
Wissen Sie, es ging nie darum, eine Marke zu gründen. Ich wollte eine Frau sein, die für sich selbst das Sagen hat. Und um das zu erreichen, musste ich unabhängig sein. Mein Weg zur Unabhängigkeit begann, als ich für einen Mann in Italien arbeitete, der diesen unglaublichen Jersey-Stoff entwickelt und eine Druckerei hatte. Ich fing an, kleine Kleider zu machen – zuerst T-Shirt-Kleider, dann ein Wickeloberteil und schließlich ein Wickelkleid.
Irgendwann kam ich nach Amerika und versuchte, sie zu verkaufen. Sie wurden erfolgreich, und plötzlich hatte ich eine Marke. Aber es war nie ein großer, strategischer Plan nach dem Motto: "Ich werde ein Modehaus gründen." Es war einfach mein Name, und daraus wuchs alles.
Was hatten die Siebzigerjahre Ihrer Meinung nach, was der heutigen Kultur fehlt?
Ich weiß es nicht genau. Aber als Babyboomer, der in den Siebzigern jung war, fühle ich mich heute manchmal schuldig für die Welt, die wir hinterlassen haben. Die Seventies waren eine unglaubliche Zeit. Wir haben uns wirklich eingebildet, dass wir alles neu erfunden haben. Als ich nach New York kam, war die Stadt so günstig, dass es an jeder Ecke noch Künstler und Happenings gab. Es war der reinste Spaß.
Glauben Sie, dass sich die heutige Vorstellung von Glamour von der Vergangenheit unterscheidet?
Als ich meine Biografie "Die Frau, die ich sein wollte" schrieb, wurde mir klar, dass ich das Wort Glamour auf fast jeder Seite verwendet hatte! Glamour war mir in meiner Kindheit enorm wichtig. Seit meinem zwölften Lebensjahr trug ich draußen immer eine Sonnenbrille, weil ich dachte, sie ließe mich glamourös aussehen. Heute ist die Welt wegen dieser Überforderung von Informationen über so vieles total verwirrt und schwer einzuordnen. Aber Glamour gibt es immer noch – nur anders als früher.

Warum haben Sie gerade jetzt Ihre Marke umstrukturiert und setzen in Europa ausschließlich auf einen digitalen Vertrieb?
Mein ehemaliger CEO hat zu viel Geld ausgegeben. Es lief vor Covid nicht mehr gut. Dann kam auch noch die Pandemie und es wurde problematisch. Mein Name sollte gekauft werden. Aber am Ende wollte ich einfach nicht die Kontrolle abgeben. Die Marke ist wie ein Kind, um das ich mich kümmern muss. In einigen Jahren werde ich nicht mehr mitarbeiten, dann will ich alles geordnet übergeben können. Diese neue Struktur ist gerade einmal ein Monat alt. Es war wesentlich, einen digitalen Partner zu finden, der mein Produkt und meine Botschaft fördert.
Zalando ist ein außergewöhnliches Unternehmen, das zwar erst 16 Jahre existiert, aber alles hervorragend macht. Wir können zusammen sehr viel erreichen. Für mich war offensichtlich, dass wir ein enormes Potenzial haben, und wenn wir das wirklich entfalten, können wir Geschichte schreiben. Nur in Brüssel, meiner Heimat, gibt es noch einen Shop, in den USA verkaufe ich in Nobelkaufhäusern wie Saks Fifth Avenue und in New York bleibt natürlich mein Flagshipstore bestehen.
Geben Sie gerne Stylingtipps oder haben Sie einen Rat, wie man seinen Stil findet?
Stil hat einmal sicher nichts mit Trends zu tun. Ich will mich als Frau gut fühlen in meiner Kleidung. Daher hat mein Wickelkleid auch keine Knöpfe oder einen Reißverschluss. Die besten Ideen kommen mir, wenn ich packe. Da muss alles gut sitzen und praktisch sein. Reiseoutfits sind die beste Kleidung. Und was einen konkreten Stil angeht: Jeder kleidet sich doch unterschiedlich, je nach Anlass. Bin ich daheim, gehe ich auf einen Geschäftstermin oder will ich eine Diva sein, wenn ich ausgehe?
Ihr Geschmack hat sich im Laufe der Zeit nicht verändert?
Also ich trage noch immer die gleichen Hosen, die ich getragen habe, als ich 15 war, kombiniert mit einem Blazer vom letzten Jahr zum Beispiel. Vielleicht liegt es an den Siebzigern, oder es ist einfach mein Style, aber irgendwie fühlt sich die Kleidung, die ich trage, zeitlos an.
Das letzte Stück, das Sie gekauft haben?
Ich habe seit Jahren nichts mehr gekauft, außer Sportkleidung. Und meine Kleider entwerfe ich ja selbst. Aber viele haben ohnehin viel zu viel. Also weniger kaufen, und wenn doch, dann Zeitloses. Ich will für solche Kleider stehen und für Qualität. Damit meine Entwürfe auch noch im Vintage-Store gut aussehen. Viele meiner früheren Kleider sehe ich in Secondhand-Shops und ich bin stolz, dass die Qualität auch nach so vielen Jahren noch stimmt.
Sie wollen mit Ihrer Foundation "Woman in Charge" starken Frauen eine Bühne bieten. Welchen Rat haben Sie für Frauen, sich selbst zu stärken?
Seien Sie die Frau, die Sie sein möchten. Ich wollte eine selbstbestimmte Frau sein – eine Frau "in Charge" – und ich wurde auch eine selbstbestimmte Frau, die das Sagen hat. Erst später wurde mir klar, dass dieser Führungsanspruch gar kein aggressives Statement sein muss.
Es bedeutet, sich selbst treu zu bleiben. Und wenn man sich selbst treu ist, steht man auch zu seinen Unvollkommenheiten – sie werden zum Vorteil. Man steht zu seiner Verletzlichkeit – sie wird zu einer Stärke. Und jetzt erkenne ich auch, dass Freundlichkeit eine Währung ist, die wirklich sehr wichtig ist. Ich gehe mit der Einstellung durchs Leben, dass wir nett zueinander sein sollten und jeder einzelne Mensch eine interessante Facette hat.
Woher kommt Ihr Selbstbewusstsein, Ihre Stärke?
Meine Mutter war immer sehr dahinter, dass ich unabhängig werde. Und unabhängig zu sein bedeutet im Grunde, die Verantwortung für sich und seine Umgebung zu übernehmen. Diese Verantwortung habe ich schon als Kind übernommen.
Zahlreiche prominente Frauen haben im Laufe der Jahrzehnte Ihre Kleidung getragen, von der ehemaligen First Lady Michelle Obama bis zu Superstar Madonna. Was verbindet sie? Was macht Frauen aus, die sich für Diane von Fürstenberg entscheiden ?
Eine Frau will mit ihrer Kleidung etwas bestimmtes ausstrahlen. Ich erinnere mich, dass Madonna das Wickelkleid trug, als sie ein Kinderbuch vorstellte. Sie wollte Selbstvertrauen ausstrahlen, während sie mit den Kindern sprach. Michelle Obama trug es für ihre erste Weihnachtskarte als First Lady – ebenfalls, um Selbstbewusstsein auszustrahlen, aber auf eine ganz andere Art und Weise. Es ist interessant zu sehen, wann Menschen sich für das Wickelkleid entscheiden und wie sie es dann auch tragen.
Sie werden oft als erste Influencerin bezeichnet. Was denken Sie über die moderne Influencer-Kultur?
Ich mag das Wort "Influencer" überhaupt nicht. Jeder, der eine Stimme hat, kann auch Einfluss haben. Manche machen daraus ein Geschäft. Aber das ist dann eigentlich wieder etwas ganz anderes.
Zur Person
Diane von Fürstenberg wurde 1946 in Brüssel geboren. Mit 22 heiratet sie Egon von Fürstenberg, bekommt zwei Kinder und gehört schnell zum internationalen Jetset. 1983 wird die Ehe geschieden.
Fürstenberg verdient mit ihrer Mode Millionen. Seit 2001 ist sie mit dem Medienmogul Barry Diller verheiratet.
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