Penis-Panik: Welche Rolle spielt die Länge wirklich?

Was Sportautos mit kleinen Penissen zu tun haben, klärt eine neue Studie. Dennoch sollten wir aufhören, Menschen nach ihrem Aussehen zu kategorisieren.

Kleine Penisse und schnelle Autos: Evidenz für einen psychologischen Zusammenhang“: Das ist der Titel einer neuen Studie der Abteilung für experimentelle Psychologie am „University College London“, die vor kurzem veröffentlicht wurde. Meine spontane Reaktion dazu: Echt jetzt, ernsthaft? Kurz überlegte ich, ob das ein Schmäh sein könnte. War’s aber nicht.

Und so darf ich über das Studien-Setting berichten: Die Forscher ließen 200 männliche Teilnehmer in dem Glauben, dass sie einen kleinen oder großen Penis hätten, indem sie ihnen falsche Informationen zur durchschnittlichen Penisgröße übermittelten. Jene, die dachten, sie hätten einen „Kleinen“, bewerteten per Mausklick Sportautos als etwas sehr Wünschenswertes. Interessant. Ebenso wie die Frage, weshalb sich Wissenschaftler auf den Forschungsgegenstand „Penispsychologie“ stürzen. Auch das wurde erklärt. Laut Studie ging es darum, ein viel strapaziertes Klischee zu durchleuchten, demnach es heißt, alle Sportwagentypen hätten ein genitales Manko. Dieses Vorurteil wollten die Forscher checken: Es bewahrheitete sich – vor allem bei älteren Männern.

Dickshaming

So. Und was mache ich jetzt mit diesem Wissen? Vor allem: Was mache ich mit den Freunden und Bekannten, die im Glück sind, wenn sie sportlich Gas geben können?

Bitte macht das Bild wieder weg und die Assoziation, die sich nun vollautomatisch in meinem Hirn anknipst. Zumal ich es nicht mag, Menschen über ihr Aussehen oder das Format von Körpermerkmalen zu beurteilen. Der Satz im Stile von „Der hat vermutlich einen kleinen Schwanz“ ist genauso obsolet wie das Gegenteil: „Großer Penis, nix im Schädel“. Ein Mann kann ein fieser Trottel sein, aber das hat nichts mit dem Genital zu tun, sondern mit seiner Geisteshaltung und Herzensbildung. Man spricht hier von „Dickshaming“, als Facette des „Bodyshamings“. Und so sehr man sich über Greta Thunbergs „Small-Dick-Energy“-Tweet freute (ich auch), als Reaktion auf einen Ungustl, so heikel sind solche Aussagen mitunter. Indem sie salonfähig werden und auch nette Menschen treffen. Außerdem verharren wir damit in überlebten patriarchalen Denkmustern – dass Macht und Männlichkeit verknüpft sind.

Der Penis ist und bleibt also ein großes Thema. Die Online-Ausgabe des Magazins Stern titelte zur „aktuellen Genital-Obsession“: „Ja sind denn jetzt Welt-Penis-Wochen, oder was ist los?“ Eine Anspielung an eingangs genannte Studie, an Thunbergs Tweet und Prinz Harrys Penis-Befindlichkeitsbeichte, demnach er unter einer Frostbeule auf seinem besten Stück gelitten hätte. Was er so beschrieb: „Der Zustand meines Penis schwankte zwischen extrem empfindlich und hochgradig traumatisiert“.

Zurück zum Größenwahn: Es sollte endlich klar sein, dass die Penisgröße in Sachen weiblicher Orgasmus keine tragende Rolle spielt, weil die meisten Frauen durch reine Penetration keinen Höhepunkt erleben. Doch dieser Mythos lebt und lässt Männer (ver)zweifeln. Wenn sie endlich begreifen würden, dass es hier mehr um Finger- und Zungenfertigkeit geht, würden sie sich viel Kummer ersparen. Jene, die weiterhin vom Supergiganten-Genital träumen und glauben, das Leben sei so besser, sollten sich mal die Penis-Doku „My Massive Cock“ (Channel 4, in Großbritannien) gönnen. Darin sprechen Männer über ihr Leben mit sehr großen Penissen. Nicht alle sind davon angetan und berichten über ihre Probleme. So erzählt etwa ein Mann, dass die Größe seines Penis meist für eine Erektion gehalten wird, wodurch er bei der Jobsuche Schwierigkeiten hat. Sein Penis sei sein Handicap.

Das „richtige“ Maß

Nirgendwo übertreiben Männer so wie bei den Angaben zu ihrer Penisgröße, einzige Ausnahme: die Zahl der Sexualpartnerinnen. Aber was gilt als „normal“ beziehungsweise durchschnittlich? Laut einer britischen Studie beträgt die durchschnittliche Penisgröße 13,12 cm im erigierten Zustand. Erschlafft liegt die Größe des Penis im Schnitt bei durchschnittlich 9,16 cm.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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