Hör mir zu! Was wurde nur aus dem guten, alten Telefonsex?
Auch im Telefonsex-Business hat das Internet vieles verändert. Die neue Netflix-Serie „Dirty Lines“ küsst Erinnerungen an die ersten Hotlines der 1980er-Jahre wach.
Und nach „The Crown“ der etwas harte Schwenk zu einer neuen Serie, die ich jetzt schaue: „Dirty Lines“. Sie spielt im Amsterdam der 1980er-Jahre und es geht um Telefonsex. Die etwas spröde Studentin Marly hat finanzielle Probleme und versucht ihr Glück bei Teledutch, die erste Sex-Hotline in den Niederlanden. Und schon erinnerte ich mich: Da war doch mal was. Trieb man sich seinerzeit spätabends im Privatfernsehen herum, ging’s spätestens ab 23 Uhr mit einschlägigen TV-Spots los. Legendär die blonde Domina, die mit viriler Stimme peitschenschnalzend ihr „Ruf! Mich! An!“-Kommando in die Kamera plärrte. Auf Youtube nach wie vor zu sehen und sehr lustig.
Zumindest im deutschen Teletext wurden die „versauten“ Nummern intensiv beworben – mit einschlägigen Pixel-Anzeigen und seltsamen Texten wie „Leidest du an Stangenfieber?“ oder „Straffe Zähmung ohne Rücksicht“, wo „SM-Göttinnen“ ihren Anrufern „richtige Manieren beibringen.“
"Hemmungslose Hausfrauen"
Gelockt wurde aber auch mit anderen eindeutigen Bildern: „Hemmungslose Hausfrauen“ und „scharfe Girls“ trällerten fröhlich herum, um männliche „entspannungssuchende“ Zuseher zu animieren, teure 0190-Hotlines anzurufen. Das Business mit den sexuell Unausgelasteten florierte, mitunter zuungunsten der Anrufer. Auf der Website des „Vereins für Konsumenteninformation“ findet sich noch heute ein Eintrag aus dem Jahr 2004: „Von einer Festnetzkundin verlangte die Telekom Austria fast 15.000 Euro für Anrufe bei Sexhotlines. Die hatte ihr Freund geführt, dem die Frau für einige Zeit ihre Wohnung überlassen hatte ...“ Oje. Zumindest im deutschen Teletext wurden die „versauten“ Nummern intensiv beworben – mit einschlägigen Pixel-Anzeigen und seltsamen Texten wie „Leidest du an Stangenfieber?“ oder „Straffe Zähmung ohne Rücksicht“, wo „SM-Göttinnen“ ihren Anrufern „richtige Manieren beibringen.“ Und allerorts waren die Damen am anderen Ende der Leitung immer irgendwie „naturgeil“. Wobei? Das ist vermutlich noch heute State of the Art im Erotik-Business.
Stöhnen, bis einer kommt: Telefonische Erotik-Mehrwertdienste existieren nach wie vor, sie dürfen jedoch seit Anfang 2006 nur mehr über 0900-Rufnummern abgewickelt werden, 0190 existiert nimmer. Einschlägige Plausch-Kleinanzeigen aber schon noch, ungefähr so: „Die Herrin wartet bereits ungeduldig auf dich, du Wurm“. Dazu werden täglich wechselnde Fetisch-Programme angeboten – um 2,16 EUR pro Minute. Slow-Sex ist da eher nicht. Das Internet hat trotzdem vieles verändert, heute sind die einschlägigen Kontakte live, mit Bild und Ton direkt zu erreichen. Die goldene Ära für das reine Hotlinebusiness ist vorbei, die virale Wichs-Welt definiert sich heute eher über Webcams und interaktive Videostreams. Trotzdem können sich Frauen nach wie vor als „Callerin“ bewerben, gerne „Telefonistin in Heimarbeit“ genannt. Abgesehen von einer erotischen Stimme sollte man dafür möglichst „vorurteilsfrei“ und „aufgeschlossen“ sein. Der Vorteil: freie Zeiteinteilung, während man seine Kunden in die Ekstase stöhnt, kann man auch malen, stricken oder To-do-Listen schreiben. Umdenken ist aber auch hier gefragt. Erst unlängst machte in der Gründerszene eine Frau namens Pauline Schmiechen auf sich aufmerksam. Sie ist Co-Gründerin und CTO von „Voiyal“, einer Audio-Social-Media-Plattform für explizite Inhalte. Dort soll „Porno für die Ohren“ geboten werden. Dabei laden Pornostars Sprachnachrichten hoch, für die Nutzer zahlen sollen. „Wir wollen mit Voiyal einen innovativen ,place of pleasure’ im digitalen Raum schaffen, in dem Fans und Creator spielerisch miteinander in Verbindung treten“, sagte die 28-Jährige in einem Interview. Ziel sei es, dass sich die Kunden in Fantasien verlieren und „vollständig in ein enorm intensives und immersives Hörerlebnis eintauchen“ können.
Ausprobieren
„Love Addicts“ heißt eine neue deutsche Comedy-Serie auf Amazon Prime. Sie zeigt den Alltag von vier Hamburger Mittzwanzigern und ihr eher kompliziertes Liebesleben. Darüber tauschen sie sich in einer Selbsthilfegruppe gemeinsam mit einer Therapeutin aus. Es geht um das Zulassen von Gefühlen, unerfüllbare Erwartungen, Dating Apps, um den Traumprinzen und so manche Ex-Beziehung.
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