
Situationships: Warum wir in halben Beziehungen bleiben
Nähe, Sex, Kuscheln – alles wie Beziehung, nur ohne Zukunft. Warum so viele in halben Beziehungen bleiben.
Stellen Sie sich vor, Sie haben jemanden kennengelernt. Süßer Kerl, immerhin kann er charmant kochen (also Nudeln mit Pesto), lacht über Ihre Witze und schreibt nachts um halb eins Bist du noch wach? samt rotem Herzchen. Sie verbringen hie und da ein Wochenende zusammen, kennen die Namen seiner Arbeitskollegen und der Ex. Er kennt die Ihrer Katzen, Meerschweinchen, Hunde. Aber: Er ist nicht Ihr Partner. Auch nicht wirklich Ihr Freund. Zumindest sagt er das. „Lass uns schauen, wohin das führt“, murmelt er. Oder: „Der Weg rollt sich mit dem Gehen auf, komm, lass uns wilden Sex auf der Terrasse haben und Sternschnuppen zählen.“
Manche bleiben, weil sie Bindung fürchten. Andere, weil sie Alleinsein fürchten. Wieder andere, weil sie glauben, dass daraus irgendwann „was Fixes“ wird. Und ja, das gibt es nicht nur bei 20-Jährigen im Dating-App-Dschungel. Auch nach gescheiterten Ehen oder Affären landen viele in Situationships, manchmal unfreiwillig.
Willkommen in der Welt der „Situationships“ – romantische Halbwelten, irgendwo im Grau-Rosa-Bereich zwischen Affäre und Beziehung. Wie der Aperol Spritz der Liebe: leicht, sexy, aber nicht nährend. Eine neue Studie im Fachjournal „Sexuality & Culture“ widmete sich folgender Frage: Warum, um alles in der Datingwelt, bleiben so viele Menschen in solchen Zwischenwelten hängen? Die Forschenden von der Baylor University fanden heraus, dass es vor allem emotionale Faktoren sind, die fesseln – gar nicht so der Sex. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft, das Gefühl, ernst genommen zu werden, und die bereits investierte Zeit und Zuneigung wiegen oft schwerer als der fehlende Beziehungsstatus. Verbunden mit dem Mantra: Vielleicht wird das ja noch was Fixeres. Sieben Hauptmotive tauchten in Interviews auf: Exklusivität (oder was man dafür hält), getätigte Investitionen, emotionale Erfüllung, vage Zukunftsgespräche, gegenseitiger Einsatz, Priorisierung durch den anderen – und Vertrauen. Kurz: Man fühlt sich irgendwie wie in einer Beziehung, ohne dass es eine ist.
Psychologisch lässt sich das gut erklären: Die „Social Exchange Theory“ besagt, dass Menschen bleiben, solange die gefühlten Belohnungen größer sind als die Kosten. Das „Investment Model“ betont, dass wir ungern loslassen, wenn wir schon viel investiert haben – selbst wenn wir nicht sicher sind, ob es sich lohnt. Situationships sind damit oft ein „Beziehungs-Purgatorium“: ein Ort des Hoffens und Prüfens.
Beispiel: Ein Mann verlässt nach Jahren seine Frau für die Geliebte. Doch statt der monumeManche bleiben, weil sie Bindung fürchten. Andere, weil sie Alleinsein fürchten. Wieder andere, weil sie glauben, dass daraus irgendwann „was Fixes“ wird. Und ja, das gibt es nicht nur bei 20-Jährigen im Dating-App-Dschungel. Auch nach gescheiterten Ehen oder Affären landen viele in Situationships, manchmal unfreiwillig. ntalen Liebesgeschichte und einem exzessiven Erotikfrühling folgt nur ein diffuses „Wir sind ja eh irgendwie zusammen, reicht doch, oder?“ Alltagstauglichkeit? Hm. Zukunftspläne? Fehlanzeige. Nähe gibt es, aber keinen Rahmen. Für ihn bequem, für sie ein emotionaler Wartesaal. Risiken gibt es genug: Unklarheit führt zu Anspannung, Grübeln und dem bitteren Gefühl, „gut genug für Nähe, aber nicht für Verbindlichkeit“ zu sein.
Oft wünscht sich eine Seite mehr als die andere und bleibt doch, aus Angst oder Hoffnung. Sind Situationships deshalb immer schlecht? Nein. Sie können funktionieren – wenn beide (!) kein festes Commitment wollen und das klar ist. Sie sind dann nicht Notlösung, sondern bewusste Wahl: Nähe ohne Verschmelzung, Zuneigung ohne Besitz. Gerade später im Leben kann das recht nett sein. Aber: Wer merkt, dass er sich kleinmacht, um zu bleiben, sollte sich fragen, ob das noch Liebe ist oder schon Selbstausverkauf. Denn egal, wie bequem das Wartezimmer ist – irgendwann muss man entscheiden, ob man gemeinsam einzieht oder allein weitergeht.
Online/Offline
Die deutsche Studie „Freizeit-Monitor 2025“ zeigt, dass viele Menschen viel Zeit im Netz vertun, obwohl sie gerne Zeit mit anderen verbringen würden. Das Internet ist also auf Platz eins angekommen. Und die Offline-Wünsche? Die schauen so aus: Drei Viertel der Befragten sind gerne mit ihrem Partner zusammen. Den zweithöchsten Spaßfaktor hat körperliche Nähe: 70 Prozent geben Erotik und Sex an.
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