Bestes Stück: Der Penis zwischen Symbolkraft und Optimierungsdruck

Der Phallus ist immer und überall, ein Ding mit großer Symbolkraft – seit Jahrtausenden. Das macht die Sache für Männer nicht einfacher.

"Penis-Jubel": So nennen diverse Medien das, was Argentiniens Torhüter Emiliano Martínez gerne tut, wenn er von sich selbst und seinen Ballgefühlen begeistert ist: anzügliche Gesten, die sich auf des Mannes "bestes Stück" beziehen. Er hielt sich etwa einen großen Pokal so vor seinen Körper, als würde dieser – gut aufgestellt – aus seinem Unterleib ragen. Der Genital-Goalie gilt diesbezüglich als bekannter Wiederholungstäter, jetzt hat ihn wieder einmal die FIFA gesperrt. Wurscht. Sehr beeindruckt scheint er davon nicht, aber andererseits: Wen wundert’s?

Gesten mit phallischer Konnotation hat es immer schon gegeben, man denke hier nur an den berühmten "Stinkefinger" als männlich-manuell geprägter Ausdruck eines "Fick dich" (plus Rufzeichen). Der gilt auch in guten Kreisen als etabliert, Stichwort: Überholmanöver beim Autofahren.

Der Penis ist also immer noch omnipräsent und symbolisch tief verankert – als Ausdruck einer männlich geprägten Kulturgeschichte. Er repräsentiert allerlei, vor allem aber Dominanz, Machtgetue – ein demonstratives "Hier bin ich, und ich bin super". Niemand würde dafür irgendwo eine Vulva aufmalen.

Apropos "bestes Stück": Dermaßen superlativ wird’s den jungen Herren von Anfang an beigebracht, immerhin erleben männliche Babys erste Erektionen bereits im Mutterleib. Und auch rein historisch spielte der Phallus immer schon eine bedeutende Rolle. 

Schwächen? Nicht doch! Nur als "High Performer" hat er seine Daseinsberechtigung und beste Marktchancen. Aber nein, alles anders: Auch Penisse haben Schwächen und vielleicht sind sie gerade in diesen Momenten am sympathischsten, selbst wenn das Männer gar nicht cool finden.

Schutz vor dem "bösen Blick"

Bereits vor 1.800 Jahren haben Männer Penis-Bilder auf diversen Wänden hinterlassen, etwa am britischen Hadrianswall, wo sich römische Soldaten auf diese spezielle Art und Weise verewigten. Manche Anthropologen vermuten, dass die Phallussymbole vor dem bösen Blick, vor Feinden und Angreifern schützen sollen. 

Mitunter handelt es sich um die eher schlichtere Art, sein Revier zu markieren: Hier! war! ich! Auch eine Art Machtgeste. Und trotzdem stimmt nicht alles, was man über das männliche Genital so hört. Manchmal ist der Penis einfach nur … ein Penis. Ein Ding, das an einem männlichen Menschen hängt und manchmal auch unter Druck steht. Funktionieren soll er. Groß und stark sein soll er. Mächtig und magisch sein soll er. "Kaum ein Organ ist derart mit Mythen, Ängsten, Tabus und kultureller Überhöhung behaftet", heißt es dazu im Buch "Gut aufgestellt. Alles über den Penis". Denn ja, es kursiert immer noch die Idee, ein Penis müsse immer und überall glänzen.

Schwächen? Nicht doch! Nur als "High Performer" hat er seine Daseinsberechtigung und beste Marktchancen. Aber nein, alles anders: Auch Penisse haben Schwächen und vielleicht sind sie gerade in diesen Momenten am sympathischsten, selbst wenn das Männer gar nicht cool finden.

"Es ist wie mit dem erstgeborenen Sohn: Du verbringst dein ganzes Leben damit, für ihn zu arbeiten, opferst alles für ihn. Um im Moment der Wahrheit tut er, was er will", schrieb Gabriel García Márquez in "Die Liebe in Zeiten der Cholera". Zweifellos: Auch ein Penis braucht Pausen vom allgegenwärtigen Leistungsdruck und sehnt sich manchmal einfach nur danach, liebevoll in die Hand genommen zu werden. Mehr ist es nicht. 

Und was die Symbolik betrifft, sollten wir uns vielleicht einmal in Bhutan umschauen. In dem Königreich gilt der Phallus als Symbols des Glücks – und ist allgegenwärtig. Ein Kult, der auf einen buddhistischen Heiligen zurückgeht, den man, augenzwinkernd, "Göttlicher Wahnsinniger" nannte und der mit seinem feuerspeienden Penis Dämonen besiegt haben soll – und so durchaus Gutes tat. Ein kleiner Hinweis darauf, wie Männlichkeit alternativ verstanden werden könnte.

Vorfreude

Er gilt seit Jahren als Dauerbrenner für Paare, die es in der Adventzeit lustig haben wollen. Heuer gibt’s vom "Amorelie"-Adventkalender eine eigene Luxury Edition, für besonders experimentierfreudige Paare. In 24 schwarzen Samtbeuteln befindet sich zum Beispiel ein ferngesteuerter Slip-Vibrator oder ein 3-in1-G-Spot-Vibrator sowie insgesamt mehr Toys für Personen mit Penis. Um 219,99 € bei amorelie.de  

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare