Sex ist so viel mehr als nur "Rein-Raus": Wie man Lust lernt
Noch mehr Bildung wünschen sich junge Menschen, in Bezug auf Sex. Gut so: Weil sexuelle Bildung sexuelle Gesundheit bedeutet.
Mehr Wissen zu sexueller und reproduktiver Gesundheit: Das ist, was sich, laut aktuellem Gendergesundheitsbericht des Gesundheitsministeriums, 75 Prozent der österreichischen Jugendlichen wünschen. Das ist gut, beruhigend – berechtigt.
Und es verdeutlicht, dass jungen Menschen nicht alles so wurscht ist, wie es ihnen leider so häufig angedichtet wird. Ein Weckruf also: Hallo, da gibt’s Bedarf. Allerdings ist sexuelle Gesundheit im österreichischen Gesundheitssystem nicht verankert, eine große Lücke, wie es in dem Bericht ebenfalls heißt.
Doch was bedeutet es, "sexuell gesund" zu sein? Jede Menge Spaß, jede Menge Orgasmen mit fitten und feschen Partnern und keinen Tripper?
Ja klar, das auch – aber näher betrachtet, beinhaltet sexuelle Gesundheit eine große Bandbreite an Aspekten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert sie als "grundlegendes Wohlbefinden" in Bezug auf Sexualität, wozu das gesamte körperliche, emotionale, mentale und soziale Spektrum gehört.
Sexuelle Gesundheit ist Teil der Gesamtgesundheit. Und um das alles gut zu managen und auf die Reihe zu bringen, braucht es vor allem eines: Wissen und Bildung. Und Wissen. Und Bildung. Wer nix weiß und nicht informiert ist, kennt seinen Körper nicht, kennt seine Bedürfnisse nicht, weiß nicht, was er darf und was er soll. Dann wird gelebt, was man unterwegs so aufschnappt – im Netz, in den sozialen Medien, von Freunden, aus seltsamen Quellen. Dann gibt’s jede Menge Missverständnisse, Irrwege und Leid.
"Sexuelle Gesundheit ist mehr als nur ein medizinisches Thema – es ist eines, aber nicht nur. Im Grunde geht es um Ermutigung, um das eigene Potenzial wissend ausschöpfen zu können."
Über Sex offen und authentisch sprechen
Klar ist: Sexuelle Bildung wirkt präventiv – und sollte daher möglichst früh, altersgerecht und positiv vermittelt werden. Jenseits von Angstmache, wo Sex als Bedrohung hochstilisiert wird und es nur so vor Keimen und Bösem wimmelt.
"Das Thema wird sowohl in der Forschung als auch auf der Policy-Ebene vorwiegend aus einer Risikoperspektive betrachtet. Ansätze eines positiven Zugangs müssten hier aktiv verstärkt werden", heißt es dazu im Bericht. Tatsächlich ist sexuelle Gesundheit mehr als nur ein medizinisches Thema – es ist eines, aber nicht nur. Im Grunde geht es um Ermutigung, um das eigene Potenzial wissend ausschöpfen zu können. Kein Platz mehr für Blödheiten à la: "Für Frauen ist ein Orgasmus nicht so wichtig."
Oder: "Sex ist Reinraus – sonst nix." Der "koitale Imperativ", also. Sowie patriarchale Skripte, die Männern vermitteln, sie könnten ihr Ding einfach so durchziehen und von Frauen alles erwarten, sprich: verlangen, ohne eine Ahnung zu haben, was guten und erfüllenden Sex im Sinne eines Gebens und Nehmens ausmacht.
Zu sexueller Bildung gehört außerdem, sich auf Augenhöhe austauschen zu können, was bedingt, dass Menschen gelernt haben, über Sexualität offen und authentisch zu sprechen. Und hier wiederum wäre es wahnsinnig wichtig, sich Fragen zu stellen – und zu beantworten: Was ist Lust, für dich, für mich? Wie funktioniert, was braucht dein Körper, mein Körper? Was bedeuten Grenzen für dich, für mich? Wie kann ich dich schützen – und mich?
Es geht darum, neugierig und offen zu sein – um gleichzeitig den Mut zu entwickeln, Gesehenes, Gehörtes, vielleicht auch Gelesenes in Frage zu stellen. Gerade eben, weil so viel Blödsinn im Netz kursiert – komplett falsche Bilder, wie Sex sein muss, was junge Frauen tun müssen und was junge Männer alles verlangen dürfen. Am Ende geht’s – auch – um sexuelle Selbstbestimmung, jenseits gesellschaftlicher Normen. Und alle längst überlebten Rollenklischees, die nach wie vor die Erwartungen an das individuelle Verhalten und die Sexualität prägen.
Romantik-Studie
Männer neigen stärker als Frauen dazu, dem "Sunk Cost Bias" zu verfallen, wenn sie romantischen Paarungsreizen ausgesetzt sind, zeigt eine Studie im "Journal of Consumer Research". Der Begriff "Sunk Cost Bias" steht für die Tendenz an einer Sache/Investition festzuhalten, obwohl sie nachteilig ist. Fazit (und Titel der Studie): Er liebt diejenige, in die er investiert hat. Noch simpler: Romantik trübt die Vernunft.
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