Paartherapeutin erklärt: Wie man mit dem Partner über Geld spricht
Warum jüngere Generationen so unterschiedlich an Finanzielles in einer Beziehung herangehen und was man dabei richtig oder falsch machen kann, erklärt eine Psychotherapeutin.
Wie wichtig sollte uns eigentlich das Thema Geld in einer Partnerschaft sein? Wie viel Zeit und Gedanken sollten wir dafür aufwenden? Dadurch, dass uns unsere Kindheit so sehr im Umgang mit Geld beeinflusst, gehen jüngeren Generationen vollkommen unterschiedlich an das Thema heran als ältere. Wie man in Österreich über Geld spricht und wie man es richtig, beziehungsweise falsch machen kann, erklärt die Psychotherapeutin Béa Pall.
Geld ist viel wichtiger als früher
Laut einer aktuellen Umfrage aus den USA ist Geld vor allem für die Gen Z ein großes Thema in einer Partnerschaft. Dabei gab beispielsweise fast die Hälfte der Befragten der Gen Z an, dass sie die physische (49 %) sowie die intellektuelle Kompatibilität (43 %) als weniger wichtig ansehen als finanzielle Kompatibilität. Zum Vergleich: Die älteste Generation der Boomer maß finanzieller Kompatibilität einen deutlich niedrigeren Stellenwert bei.
Auch die Einzel-Paar-Familientherapeutin Béa Pall meint: "Jüngere Generationen haben einfach einen anderen Bezug, eine andere Herangehensweise an das Thema." Die Möglichkeiten scheinen heute schließlich unbegrenzt: Möchten Partner heute ihr Geld im Blick haben, verwenden sie Apps wie Splitwise, die einem genau sagen, wer welche Ausgaben hat und wer wem welchen Betrag schuldet. "Der Umgang der Verwaltung des Geldes hat sich durch die Digitalisierung vereinfacht, ist mit weniger Aufwand verbunden."
Trotzdem herrscht mehr Klärungsbedarf bei finanziellen Themen als früher. Einfach war bei vorherigen Generationen, dass hier noch ausschließlich der Mann alles geregelt hat. "Traditionelle Rollenbilder haben sich vollkommen verändert", meint die Expertin. Das mag auch damit zusammenhängen, dass bei einem Großteil der Paare heutzutage beide in irgendeiner Form erwerbstätig sind.
Vollkommene Freiheit bringt natürlich auch viele Themen mit sich, die geklärt werden sollten. "Generell ist es sinnvoll, in jeder Lebensphase einer Beziehung das Thema Geld neu zu verhandeln", meint die Therapeutin. Vielleicht hat man mit 25 Jahren noch das Finanzielle gleichberechtigt aufgeteilt, doch was ist, wenn Kinder mit ins Spiel kommen? Vielleicht geht in einer langen Partnerschaft einer früher in Pension oder aufgrund von Kinderbetreuung bekommt der andere sowieso eine geringere Pension ausgezahlt. Im Endeffekt ist es wichtig, sich über Vorstellungen und die Lebenssituation des jeweils anderen bewusst zu sein und diese ändert sich natürlich ständig.
Einige traditionelle Werte bleiben
"Trotzdem bemerke ich vor allem eine bestimmte traditionelle Rolle, die bleibt“, sagt Pall. "Frauen wollen gerne eingeladen werden." Da ist doch erstmal nichts Schlimmes dabei? Handelt es sich um eine nette Geste, stimmt das. Doch je mehr Wert man einer solchen Handlung beimisst oder sie sogar erwartet, desto problematischer. Denn ob man es möchte oder nicht, in einer Partnerschaft erwartet man sich automatisch gegenseitig einen gewissen Wert. Nicht umsonst gibt es mittlerweile Extrembeispiele aus den sozialen Medien, wo Vielverdiener – vor allem Männer – mit dem Begriff "High Value" bezeichnet werden.
Kurz gesagt: Geld bedeutet für manche mehr Wert. Solange man sich der eigenen Wertvorstellungen allerdings bewusst ist und den Partner nicht ausschließlich nach finanziellen Werten beurteilt, steht offener Kommunikation nichts im Weg. "Heute sollte man auch mehr darauf achten, wer überhaupt zusammenpasst", meint Pall. "Wenn zum Beispiel der eine im Urlaub lieber auf den Campingplatz möchte und der andere eher in ein Sternehotel, sollte man sich schon Gedanken machen, ob die Lebensstile sich vertragen."
So spricht man über Geld
Auch wenn sich Werte ändern, das Thema ist weiterhin unangenehm anzusprechen. Der Tipp der Expertin: "Man kann über Dritte beginnen, über Geld zu sprechen." Wie denken die Eltern über Geld? Mit welcher Erziehung ist der jeweils andere aufgewachsen? Wenn man Verständnis für diese Hintergründe entwickelt, ist es viel einfacher, sich in finanziellen Dingen aufeinander einzustellen.
Aus heutiger Sicht ist es auch nicht sinnvoll, in Sachen Finanzen nur noch als Teil eines Ganzen zu denken. Es gehört zur Freiheit in einer Beziehung dazu, dass jeder sein eigenes Geld zur Verfügung hat. "Auch hier konnten wir von vorangegangenen Generationen lernen", meint Pall. Haben beide Partner komplette Einsicht in die Finanzen des Anderen, kommt schnell ein ungesunder Aspekt der Kontrolle hinzu. Langfristig ist es laut der Expertin viel gesünder, wenn sich beide eine gewisse Autonomie wahren.
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