Paaradox - Szenen einer Redaktionsehe: Man, wir – du, ich?
Immer wieder die gleiche Frage, viele gemeinsame Jahre lang: Wie sag’ ich es nur – durch die Blume oder auch weniger elegant.
von Gabriele Kuhn & Michael Hufnagl
Sie
"Partnerschaftspassiv" – so bezeichnete Martina Rupp auf Facebook "eine der gebräuchlichsten Formen im Alltagsdeutsch": "Die Gartenbank gehört gestrichen." Oft wird das "PP" mit dem Konjunktiv kombiniert: "Man könnte das Leergut mitnehmen." Danke dafür, paaradoxe Sprachansagen dieser Art können wir auch, um auf subtilen Umwegen ein Ziel zu erreichen oder unseren Unmut ins dialogische Alltagseinerlei zu platzieren. Da hat jeder so seine Stärken.
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"Wir sollten"
Der Mann gegenüber greift gerne zum "Pluralis Paarjestatis", indem er etwa sagt: Wir sollten einen Tisch beim neuen Asiaten reservieren. Natürlich könnten wir uns zusammenkuscheln und gemeinsam die Asiaten-Nummer eintippen, um im Duett den Reservierungswunsch kundzutun. Ich finde aber, es wäre einfacher, ohne mich zur Tat zu schreiten. Was er noch gut kann: Zweite, dritte oder gar Hunderte Personen einbeziehen, um mir zu signalisieren, was für ein Freak ich bin: Der F, die S sowie Hunderte andere Paare schaffen das, warum du nicht?
Darauf sage ich nur: "Super-Input, ich würde vorschlagen, du gehst ins Badezimmer, schaust in den Spiegel und plauderst diesbezüglich mit dir selbst." Das wäre die kleine "Sarkasmuskeule", die große packe ich nur in dringenden Notfällen aus. Etwa, wenn er die "Immersion/Nimmersion“ serviert: Immer kommst du mit der gleichen Geschichte, ich kann’s echt nimmer hören. Idealerweise reagiere ich betont lässig mit einem schlichten "Sagt wer?"
So richtig perfide wird’s, wenn er "MMM", Michis Mitleidsmasche, zückt, in Kombi mit rhetorischen Fragen: Jetzt ehrlich Gaby, wenn du dir selbst so zuhörst, findest du wirklich richtig, was du da gerade alles Gemeine zu mir gesagt hast? An dieser Stelle setze ich auf die Kunst der Pause. Um nach etwa 20,30 Sekunden scheinbarer Reflexion milde lächelnd zu sagen: "Ja. Finde ich." Achtung: das von mir häufig nachgeschobene "Sonst noch was?" birgt Risiken und Nebenwirkungen.
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Er:
Es ist viel geschrieben worden über den partnerschaftlichen Slalom durch die eng gesteckten Tore dringender Erledigungen. Ich erinnere mich, dass ich mit meiner Frau einmal ernsthaft darüber diskutiert habe, ob der semantische Unterschied zwischen Man könnte Blumenerde kaufen und Man sollte Blumenerde kaufen einen Effekt auf das Gefühl der Zuständigkeit und das Tun hat.
Geeinigt haben wir uns allerdings nur darauf, dass es auf den steilen und eisigen G’hört-g’macht-Pisten des Alltags am Ende eine Formulierung gibt, die garantiert zum Einfädler wird: Irgendjemand muss Blumenerde kaufen. Denn während das "Man" als Alternative zur Du-Botschaft noch einen subtilen Charme besitzt, offenbart das "Irgendjemand" in Kombination mit "muss" eine unverhohlen wütende Ansage: Ich sicher nicht! Dabei schwingt noch das unausgesprochene Wie sonst immer mit, was für konstruktive Umsetzungsstrategien eher nicht förderlich ist.
Doppelspitze
Darüber hinaus kann ich vermelden, dass gnä Kuhn im Fall von Entscheidungen tatsächlich nicht – wie ich – eine große Schar anonymer (und vernünftiger) Menschen in den Zeugenstand ruft, um die eigene Haltung zu bekräftigen. Sie vertraut stattdessen auf zwei Expertinnen.
Die eine ist Freundin X (oder Y oder Z), die in diesem Fall zu hundert Prozent ihrer Meinung ist. Und wenn mich diese feminine Doppelspitze noch nicht zum demütigen Widerruf meiner Überzeugung motiviert, kommt als höchste Instanz die Autorin X (oder Y oder Z) ins Spiel, die nämlich genau darüber ein Buch geschrieben hat ... das solltest du einmal lesen!
Ich antworte: "Was? Es gibt ein ganzes Buch über Verantwortung beim Blumenerdekauf?" Ich weiß aber, dass sie sich nicht auf das Feld des Spotts ziehen lässt. Stattdessen setzt sie auf GGG – Gabys Gegengift – und hält psychologische Monologe über die Tiefgründigkeit des Argumentationsnotstands. Bis zu meinem alles erlösenden "Von mir aus." Irgendjemand muss es ja sagen.
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