Freundinnen, die die (Serien-) Welt veränderten: Miranda, Charlotte und Carrie (von li. – ohne Samantha)

Im Zweifel lieber Single: Was "Sex and the City" verändert hat

Eine Expertin erklärt, warum die Kultserie für alleinstehende Frauen bahnbrechend war – und aus heutiger Sicht dennoch schlecht gealtert ist.

Im Juni 1998 stöckelte Carrie Bradshaw in Manolos und einem rosa Tutu erstmals durch Manhattan, ein Vierteljahrhundert später ist der Fankult um „Sex and the City“ (kurz: SATC) ungebrochen. Auch Gunda Windmüller, Literaturwissenschafterin und Autorin der Streitschrift „Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht“ (Rowohlt, 2019), ist mit den vier New Yorkerinnen erwachsen geworden. Anlässlich des Jubiläums und baldigen Staffelstarts der Fortsetzung „And Just Like That“ erklärt sie, warum der Hype um die Kultserie bis heute anhält.

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Wie hat „Sex and the City“ das Image der Single-Frau in ihren Dreißigern verändert?

Gunda Windmüller: SATC war sicher bahnbrechend, was die Darstellung von Single-Frauen angeht. Denn die Serie hat die Suche nach dem „Mann fürs Leben“ nicht in den Mittelpunkt gestellt, sondern gezeigt, dass Frauen nicht alles dem Wunsch nach einer Beziehung unterordnen sollten. Liebe und Glück kommen in vielen verschiedenen Formen – das wurde immer wieder gezeigt. Die Botschaft: Im Zweifel ist Single sein besser, als in einer halbgaren Beziehung zu sein.

Werden Singles in der Popkultur seitdem anders dargestellt?

Mittlerweile gibt es viele Serien, Filme und mediale Diskussionen darüber, dass Frauen keine bemitleidenswerten Mängelwesen sind, wenn sie nicht verpartnert sind. Siehe zum Beispiel „The Marvellous Mrs. Maisel“ oder „The Unbreakable Kimmy Schmidt“. Ich glaube, das haben wir auch SATC zu verdanken. Gesellschaftlich gibt es natürlich immer noch Vorurteile gegenüber Singles.

Hintergrund

  • Jubiläum
    Am 6. Juni 1998 wurde in den USA die erste Folge von „Sex and the City“ ausgestrahlt. Als Vorlage diente das gleichnamige, autobiografische Buch der Kolumnistin Candace Bushnell. Bis 2004 wurden  sechs Staffeln mit 94 Episoden produziert
  • Freundinnen
    Im Zentrum standen Sex-Kolumnistin Carrie Bradshaw,  Anwältin Miranda Hobbes, Kunstgaleristin Charlotte York und PR-Profi Samantha Jones  
  • Nachfolger
    Ab 22. Juni ist die zweite Staffel von „And Just Like That“ auf Sky zu sehen. Die Darstellerinnen sind inzwischen in ihren 50ern. Soeben wurde bekannt, dass auch die abtrünnige Kim Cattrall alias Samantha Jones einen kurzen Auftritt haben wird
Welche sind das?

Sie gelten oft als kühl, neurotisch, latent unzufrieden, nicht liebesfähig. Das zeigt sich auch darin, dass die Frage „Und, was macht die Liebe?“ immer noch wichtiger ist als: „Und, was macht der Job, die Freunde?“

Auch in SATC ging es doch am Ende letztlich darum, mit welchem Mann Carrie „ankommt“.

Das war ein Aspekt, aber ein viel wichtigerer Teil drehte sich nicht um Männer. Die Serie hat den Bechdel-Test bestanden, da kannten die meisten ihn noch nicht (Anm.: statistisches Hilfsmittel, das Geschlechterklischees in Filmen aufzeigt). Hier ging es vorrangig um Frauen und ihre Themen: dass Frauen sexuelle Wesen sind und sich für ihre Lust nicht schämen müssen, dass sie Fehler haben und scheitern, dass sie manchmal schlechte Freundinnen sind, aber dass ihre Freundschaft sie trotzdem stützt. Das war schon ziemlich revolutionär.

Die Serie wird heute auch von jungen Menschen gefeiert, die damals Babys waren. Wie erklären Sie sich das?

Die Themen sind einfach zeitlos. Und außerdem, das darf man nicht vergessen, macht die Serie auch modisch immer noch großen Spaß.

Die Autorin Gunda Windmüller hat ein Buch über Single-Shaming geschrieben

©Gunda Windmüller
Sätze wie „Ich bin eine Carrie“ wurden zum geflügelten Spruch. Warum vergleichen sich Frauen so gerne mit den Serien-Charakteren?

Aus den gleichen Gründen, warum wir nachlesen, was über unser Sternzeichen gesagt wird und wir Quizzes der Sorte „Welcher Eisbecher bist du?“ machen. Wir suchen nach Bestätigung, wer wir sind, und wollen wissen, wie die Welt uns sieht. Das kann tiefgründig und banal zugleich sein. Die SATC-Charaktere sind dafür tolle Schablonen, weil sie sich so clever ergänzen und wir Anteile von uns in ihnen wiederfinden.

Mit wachsender Sensibilisierung für Political Correctness musste die Serie zuletzt Kritik einstecken: stereotype Darstellung von Homosexuellen, nur weiße Charaktere. Zurecht?

In Bezug auf Diversity ist die Serie sehr schlecht gealtert, das kann man nicht anders sagen. Aber in anderer Hinsicht war sie ihrer Zeit voraus: zum Beispiel, was die Darstellung einer Frau mit Ecken und Macken angeht. Carrie ist ja auch irgendwie eine Anti-Heldin. Zudem hat die Serie Themen behandelt, die für Frauen immer relevant sind – gerade in dieser Lebensphase: Krankheiten, Tod von Eltern, alleinerziehend sein, unerfüllter Kinderwunsch.

Ende Juni kommt die zweite Staffel „And Just Like That“. Überrascht es Sie, dass die Fortsetzung wieder so einen Hype ausgelöst hat?

Nein, SATC hat eine so große und treue Fan-Base, wir würden alles schauen. Hauptsache, es kommt was Neues. Außerdem ist das Marketing gut, allein die Instagram-Accounts, in denen die Kostüme noch während der Dreharbeiten gezeigt wurden, haben Lust auf mehr gemacht. Da hat es auch nicht sooo viel ausgemacht, dass die Neuauflage selbst eher enttäuschte.

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