"Fizzling": Wie die neue Trennungstaktik Liebessuchenden zusetzt
Statt plötzlichem Kontaktabbruch scheint nun langsames Verflüchtigen en vogue zu sein. Warum das problematisch ist.
In der modernen Dating-Welt regiert die Bequemlichkeit. "Ghosting" ist inzwischen fast salonfähig geworden. Dabei verschwindet der Flirtpartner plötzlich und ohne Erklärung.
Der Kontaktabbruch aus heiterem Himmel kommt sogar in bestehenden Beziehungen vor – und hinterlässt bei Betroffenen nicht selten Gefühle von Ohnmacht und jede Menge offene Fragen.
Nun scheint eine neue – nicht minder zweifelhafte – Trennungstaktik um sich zu greifen. Beim sogenannten "Fizzling" – so der Name des Phänomens – gibt sich der Dating-Partner schrittweise immer weniger Mühe beim Aufrechterhalten des Kontakts.
Verabredet, verliebt, verpufft
Der Begriff leitet sich vom englischen Ausdruck "to fizzle out" (auf Deutsch: verpuffen, im Sand verlaufen) ab. Und das beschreibt gut, was dabei passiert: Statt dem Flirt durch offene und ehrliche Worte ein Ende zu setzen, lässt man sich mit dem Antworten immer mehr Zeit und diese immer kürzer ausfallen. Die Nachrichten enthalten keine Rückfragen mehr und werden zunehmend banaler.
Ein Bericht der Dating-App Hinge legt nahe, das Fizzling meist in der Kennenlernphase, sprich nach den ersten Verabredungen, auftritt und bereits eine verbreitete Verhaltensweise ist: Rund 90 Prozent der Hinge-User können mit dem Begriff etwas anfangen und möchten diese Form des Dating-Endes nicht erleben.
Moe Ari Brown, Paarberater und Liebesexperte bei Hinge, dazu: "Jemanden ohne Erklärung stehen zu lassen, kann Gefühle von Verwirrung, Selbstzweifel und Selbstwertprobleme auslösen." Wer kein Interesse mehr am Dating-Partner verspüre, solle "daran denken, dass auf der anderen Seite des Bildschirms ein Mensch sitzt – der eine abschließende Antwort verdient".
Negative Gedankenspirale
Egal ob Ghosting oder Fizzling: Verschwindet ein potenzieller Beziehungspartner einfach von der Bildfläche, eröffnet das beim Gegenüber ein folgenschweres Vakuum: "Das menschliche Gehirn neigt zu einer Negativitätsverzerrung, was bedeutet, dass wir in Situationen, in denen wir keine klaren Antworten haben, oft das Schlimmste annehmen", wird Beziehungsexpertin Rhian Kivits im Mirror zitiert. Der Negativity Bias, auch Negativitätsverzerrung oder Negativitätseffekt genannt, beschreibt das Phänomen, dass sich negative Emotionen, Gedanken und Erlebnisse stärker auf unseren psychischen Zustand auswirken als positive.
Verläuft sich ein Kontakt im Sand, sucht man den Grund dafür oft bei sich selbst: "Man denkt, dass es passiert ist, weil man nicht attraktiv, sexy oder unterhaltsam genug für die andere Person war", schildert Kivits. Weil das verschollene Gegenüber diese Annahmen weder bestätigen noch entkräften kann, gerät man oft in endlose Grübeleien über die eigne Unzulänglichkeit.
Für Fizzler findet die Therapeutin klare Worte: "Eine Person, die Fizzling verfolgt, ist höchstwahrscheinlich ein unsicherer Charakter und egoistisch, weil sie nicht aufrichtig und verantwortungsbewusst genug ist, um zuzugeben, dass sie nicht mehr am Gegenüber interessiert ist."
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