Sex-Report 2025: Warum Pornos oft Orgasmen verhindern
Der neue Sex-Report 2025 untersuchte unter anderem in Österreich, warum Männer so viel öfter kommen als Frauen.
Wie wichtig ist ein Orgasmus für guten Sex? Das wurde im neuen Sexreport des Erotikversandhändlers Amorelie erhoben, wofür man über 2000 Menschen im DACH-Raum zu ihren Erfahrungen und Einstellungen rund um das Thema Orgasmus befragte.
Die Ergebnisse zeigen signifikante Geschlechterunterschiede: Mehr als die Hälfte aller Männer kommen beim Koitus beinahe immer zum Orgasmus, bei Frauen sind es nur 18 Prozent. 37 Prozent der befragten Frauen benötigen zusätzliche klitorale Stimulation, um einen Höhepunkt erleben zu können. Ein bekanntes Phänomen, das "Orgasmuslücke", "Orgasm Gap" oder "Gender Orgasm Gap" genannt wird, um den Geschlechterunterschied bei der Orgasmushäufigkeit zu beschreiben.
Orgasmuslücke im Fokus der Forscher
Der "Orgasm Gap" beschäftigt auch zunehmend die Wissenschaft, wie eine Studie aus dem Jahr 2024 vor Kurzem zeigte, die im Journal Sexual Medicine veröffentlicht wurde. Sie hatte zum Ziel, altersbedingte Unterschiede bei den Orgasmusraten durch Geschlecht und sexuelle Orientierung zu untersuchen, wofür knapp 25.000 Erwachsene aus den Vereinigten Staaten im Alter von 18 bis 100 Jahren befragt wurden.
Auch hier zeigte sich, dass Männer aller sexuellen Orientierungen über eine höhere Orgasmusrate beim Sex berichteten.
Männer erreichen den Höhepunkt in 70 bis 85 Prozent, verglichen mit 46 bis 58 Prozent bei Frauen. Nur lesbische und bisexuelle Frauen im Alter zwischen 35 und 49 erlebten häufiger einen Höhepunkt. Die Ergebnisse offenbaren, dass die Orgasmuslücke in allen Altersgruppen anhält, die Kluft bleibt mit dem Alter also stabil.
Aber warum hält sie sich so hartnäckig? Dazu die Forscher rund um die Psychologin Amanda Gesselman vom Kinsey-Institut der Indiana University: "Das Vorhandensein der Orgasmuslücke im Erwachsenenalter kann auf soziokulturelle Einflüsse und Normen zurückgeführt werden, wie die Unterbewertung der sexuellen Befriedigung von Frauen, voreingenommene Sexualerziehung und die Betonung auf penetrativen Sex."
Allesamt gesellschaftliche Einstellungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Sexualverhalten und die Erwartungen des Einzelnen prägen - somit auch eine geschlechtsspezifische Dynamik, die das Vergnügen der Männer über die gesamte Lebensspanne begünstigt und priorisiert, während das sexuelle Vergnügen der Frauen eine geringere Rolle spielt. Darüber hinaus würde auch unzureichende sexuelle Bildung eine Rolle spielen, die die Einstellungen und Verhaltensweisen verstärkt und so die Orgasmuslücke aufrechterhält.
Orgasmuslüge
Dazu passt ein weiteres Ergebnis des Amorelie-Sexreports: die Orgasmuslüge. 65 Prozent der weiblichen und 33 Prozent der männlichen Befragten berichteten, schon einmal einen Orgasmus vorgetäuscht zu haben. Die Gründe dafür: Viele wollten die Stimmung nicht ruinieren (42 Prozent) oder ihre/n PartnerIn nicht verletzen (38 Prozent).
Zeit bis zum Höhepunkt
Fakt ist, dass das Gros der Frauen durch rein penetrativen Sex nicht kommen kann, viele Frauen benötigen zusätzliche klitorale Stimulation, um zum Orgasmus zu kommen, etwa manuell, mit Hilfe der Zunge oder durch diverse Sextoys. Das zeigt der Sexreport ebenso wie das "Tempo" bis zum Höhepunkt. 36 Prozent der befragten Frauen gaben an, innerhalb der ersten fünf Minuten zum Orgasmus zu kommen, wenn sie ein Sextoy benutzen, während nur sechs Prozent der Befragten in diesem Zeitraum mit ihren Partnern zum Höhepunkt kommen.
Mit "Do-it-yourself"-Prinzip zum Orgasmus
Nicht wenige präferieren daher das "Do-it-yourself"-Prinzip: 28 Prozent der befragten Frauen kommen am besten durch Masturbation zum Orgasmus. Eine Frage des Wissens – über den eigenen Körper und dessen Bedürfnisse. Für Frauen wäre es besonders wichtig, herauszufinden, was sie als lustvoll erleben – um dies in Folge auch ihren Partnern zu kommunizieren.
Falsche Bilder durch Pornos
Pornos beeinflussen die Bilder von Sexualität nachhaltig, weil sie ein völlig verzerrtes Bild vermitteln. Frauen werden als extrem leicht erregbar dargestellt, ihre Bedürfnisse nicht gezeigt, die sexuelle Vielfalt, abseits des typischen "Rein-Raus" kommt zu kurz. So entstehen unrealistische Erwartungen - und entsprechende Praktiken, die vor allem die männliche Perspektive spiegeln.
Etwas, das auch die Schauspielerin Gillian Anderson zuletzt in ihrem New-York-Times-Bestseller "Want" betont hat. Ihr Buch ist ein Sammelwerk weiblicher sexueller Fantasien im 21. Jahrhundert.
Frauen haben gleich viele Höhepunkte auch ohne Partner?
"Eine Umfrage, die wir für meine Getränkemarke G Spot durchgeführt haben, ergab, dass ein kleiner Prozentsatz der Frauen ohne Partner genauso häufig zum Höhepunkt kam wie mit Partner – und 63 Prozent dieser Frauen gaben an, dies liege daran, dass sie ihren Körper besser kennen", so Anderson.
Auch aus Andersons Sicht sei der Orgasm Gap mit falschen Bildern von Sexualität verknüpft: "In den meisten Filmen und Pornos erreichen Frauen allein durch Geschlechtsverkehr markerschütternde Orgasmen, wodurch der Aberglaube kultiviert wird, zum richtigen Sex gehöre eben Penetration und alles andere sei lediglich Vorspiel.
Natürlich hinterlässt diese Denkweise bei Frauen und ihren Partnern Spuren, denn viele gehen stillschweigend davon aus, eine Frau müsse allein durch Penetration zum Orgasmus gelangen. Auch hier kommt es auf Kommunikation an." Aus ihrer Sicht sei es für Frauen wichtig, Neues zu erforschen, indem sie etwa auf Fantasien zurückgreifen, weil: "In der Welt der Imagination gibt es keinen Orgasm Gap."
Dass Sexualität mehr ist, als die Jagd nach dem Höhepunkt und "einfach so" als erfüllend erlebt wird, zeigt der neue Sexreport ebenfalls: "Aus allen Antwortmöglichkeiten wurden von den meisten Befragten (knapp 50 Prozent) ausgewählt, dass Sex dann gut ist, wenn sich beide Partner wohlfühlen – unabhängig davon, ob es zu einem Orgasmus kommt oder nicht", heißt es.
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