Tradition trifft Moderne

Nachhaltigkeit in Willendorf: Wohnen, wo man die Venus fand

In Willendorf in der Wachau zeigt Bauherr Stefan Schauer, wie man saniert, statt den Ortsrand zu verhütteln.

Von Ingrid Greisenegger

Holz ist das Material, das ihn begeistert. Die moderne Holzarchitektur aus dem Bregenzerwald, im Schulterschluss mit innovativem Handwerk, hat Stefan Schauer schon in seiner Jugend beeindruckt. Als es darum ging, sein Elternhaus in Willendorf in der Wachau, das sanierungsbedürftig geworden war, auf aktuellen Wohnstandard zu bringen, erfüllte er sich 2013 den Traum eines modernen Lofts. Mit viel Holz, wie sich versteht.

Das „Venusgartenhaus“ im niederösterreichischen Willendorf, nahe dem Fundort der Venus von Willendorf, vor der Sanierung
 

©Velux

Weißtanne innen und außen

Sowohl im Loft als auch bei der Außenfassade setzten seine Architekten Volker Dienst und Christoph Feldbacher auf Weißtanne. „Innen, weil sie weniger Äste hat und dadurch nicht so rustikal wirkt“, sagt Schauer, „außen, weil sie, wenn sie verwittert, silbrig wirkt.“ Beim Stadl mit Heuboden, errichtet 1924, der nur durch eine Zufahrt vom Wohnhaus getrennt ist, hat Zimmer- und Baumeister Franz Kinastberger 2024 das Dach neu gedeckt. Mit Lärchenholzschindeln, die langsam Patina zulegen werden. Solarpaneele zur klimafreundlichen Stromgewinnung wurden bündig in die Dachfläche eingepasst.

Bauherr Stefan Schauer im Stadl, der 1924 mit Lärchenholzschindeln neu verkleidet wurde

©Romana Fürnkranz

Privater Holzkreislauf 

Holz spielt aber nicht nur bei der Sanierungsaktion eine augenfällig schöne Rolle, es hat diese genau genommen auch erst ermöglicht. „Meinen privaten Holzkreislauf“ nennt Schauer das, „denn mit dem Verkauf von ein paar gefällten Bäumen aus meinem eigenen Wald konnte ich die Anzahlung dafür begleichen“. Dann sind da noch seine Marillenbäume. Schon die Eltern hatten Obstbäume und Wein neben der Landwirtschaft mit ein paar Schweinen und Hühnern. Stefan Schauer, Geschäftsführer bei der Marmeladen- und Gurkerl-Legende Hans Staud, betreibt nur noch die Marillenkultur, im Nebenerwerb, und liefert zum Chef.

Vom Loft aus kann er über Marillenbäume bis zur Donau blicken. Und vom Stadl aus zum Fundort der 29.500 Jahre alten Venus von Willendorf, die den Ort weltbekannt machte. Sein Anwesen im 150-Seelen-Dorf heißt jetzt „Venusgartenhaus“.

Der Bauherr erhält durch hochwertige Sanierung schlichte Zweckarchitektur

©Romana Fürnkranz

Altes erhalten, Neues ergänzen

„Wertvolle Baumaterialien müssen nicht unleistbar sein, zum Beispiel schönes Holz“, sagt Stefan Schauer, „und es geht darum, alte Substanzen zu erhalten, die mit Neuem ergänzt werden“. Dank dieses Umdenkens ist das Charisma des alten Ortskerns in der UNESCO-Kulturerbe-Region Wachau gewahrt geblieben. Einen Neubau in die grüne Wiese am Ortsrand zu setzen, stand von Anfang an nicht zur Diskussion. Die Entscheidung fiel zugunsten eines Umbaus des Oberstocks im ererbten Bauernhaus, dessen Grundmauern bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen, zu einer schlichten loftartigen Wohnung für den Bauherrn. Ökologische Qualität und Klimakomfort sind stimmig und energetisch nachhaltig. So wird zum Beispiel mit einer Erdwärmepumpe geheizt und im Sommer gekühlt. Der Stadel blieb ungedämmt, sein Vorzug ist das großzügige Volumen zum Lagern, Feiern und zum Marillenverkosten in jeder Form. Womit sich der „Holzkreislauf“, über den Genuss der Früchte, wieder schließt.

Als sich die damals schon über 90-jährige Nachbarin für die Bauinnovation im Dorf begeisterte – „so alt musste ich werden, um so etwas Schönes zu sehen!“ - war das, erklärt Schauer, „wie ein Ritterschlag.“

Information

Noch bis zum 28.3.2025 können Bauprojekte wie diese erstmals österreichweit für den ICOMOS Award eingereicht werden: www.award.icomos.at

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