Heilsames Grün: Die Natur kann ein echter Glücksbringer sein.

Grüne Seelentröster: So heilsam sind Wald und Wiesen für die Psyche

Forschungswissen wächst: Sich in der Natur aufzuhalten wirkt auf vielerlei Weise wohltuend.

Ausgedehnte, tiefgrüne Wälder – idyllische Fjorde – glasklare Seen: Europas hoher Norden ist ein Paradies für Naturliebhaber.

Die Faszination Skandinavien ist nun um eine Facette reicher: Forschende des portugiesischen Barcelona Institute for Global Health und der norwegischen Universität Bergen konnten zeigen, dass Frauen, die unweit naturbelassener Regionen Schwedens und Norwegens leben, seltener am prämenstruellen Syndrom, besser bekannt als PMS, leiden.

Neben Brustspannen, Blähungen, Müdigkeit, Kopfschmerzen sind es vor allem depressive Verstimmtheit, Schlafprobleme und Reizbarkeit, die rund 25 Prozent aller Frauen an den Tagen vor den Tagen zu schaffen machen. Insbesondere die Psyche war bei den naturverbundenen Studienteilnehmerinnen deutlich stabiler.

Die Studie untermauert eine bekannte Erkenntnis: Die Natur lässt den Menschen innerlich aufatmen – Stressgefühle werden abgebaut, das psychische Wohlbefinden profitiert.

Turbo-Entlastung

Woran liegt es, dass die Natur so wohltuend wirkt? "In der Naturtherapie werden mehrere positive Wirkfaktoren beschrieben", erklärt die Klinische- und Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin Karina Maria Landlinger. Es kommt zu einer Aktivierung des gesamten Organismus sowie verschiedener Sinnesebenen. "Bewegung in der Natur stärkt den Kreislauf und aktiviert die Atmung." Dabei werden stimmungsaufhellende Botenstoffe im Körper ausgeschüttet – Noradrenalin, Serotonin, Endorphine – die das seelische Wohlbefinden stärken.

Gleichzeitig sinkt die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut, Herzschlag und Blutdruck normalisieren sich, die Muskeln werden locker. "Das sorgt für einen erholsamen, regenerierenden Effekt", erklärt Landlinger, die selbst Psychotherapie in der Natur anbietet.

Die Effekte zeigen sich fast auf Knopfdruck: Für einen messbaren Stimmungsboost braucht es laut der Forscherin Jo Barton von der University of Essex nur fünf Minuten. Und: Wasser – egal ob plätschernder Bach oder rauschender Wasserfall – verstärkt den Effekt.

Auch frühe Naturerfahrungen können positiv prägen: Wer als Kind viel im Freien gespielt hat, entwickelt im Erwachsenenalter weniger leicht eine Depression, offenbarte eine dänische Studie vor knapp zwei Jahren.

Reizentzug fürs Glücksgefühl

Waldluft enthält nicht nur weniger Staubteilchen als Stadtluft. Bei einem Waldspaziergang entfalten sogenannte Terpene – Pflanzenstoffe und ätherische Öle, die aus Blättern, Nadeln und anderen Pflanzenteilen strömen – ihre Wirkung. "Sie aktivieren körpereigene Killer-Zellen und stärken damit das Immunsystem", schildert Landlinger.

Die unaufhörliche Reizabwehr in Zeiten der Digitalisierung führt zu mentaler Ermattung – die unüberhörbare Stille in der Natur kuriert. Als Kraftquelle lassen sich Naturerlebnisse leicht in den Alltag integrieren. Bei einem Spaziergang, einem Picknick im Grünen, beim Sport in der Natur oder Ähnlichem. "Laut einer Studie reicht bereits ein täglicher Aufenthalt von 20 bis 30 Minuten im Grünen aus, um das Level des Stresshormons Cortisol bedeutsam zu senken", weiß Landlinger.

Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie gemütlich durch den Wald spazieren oder auf einer Parkbank sitzen und die Sonne genießen.

Kraftquelle Natur

Der Mensch sei nicht für Dauerstress geschaffen, betont Landlinger, der Abbau von Spannungsgefühlen daher zentral: "Im Zustand der ganzheitlichen Entspannung können wir Abstand zu unseren Problemen finden und neue, hilfreiche Perspektiven entwickeln. Wir haben einen besseren Zugang zu Bewältigungsstrategien, Ressourcen und inneren Potenzialen."

Eine Therapie kann die Natur nicht ersetzen. "Als Heilraum und Kraftplatz kann sie eine psychotherapeutische oder psychologische Behandlung aber sehr sinnvoll ergänzen."

Marlene Patsalidis

Über Marlene Patsalidis

Gebürtige Linzerin, 2007 fürs Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft nach Wien gekommen – und geblieben. Nach Stationen bei der Tageszeitung Heute und dem Frauenmagazin miss seit 2016 beim KURIER tätig. Schwerpunktmäßig mit Gesundheits- und Wissenschaftsthemen befasst. Ausgeprägtes Interesse für den Menschen und was die Wissenschaft über ihn zutage fördert.

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