Süß und g'schmackig: Weintrauben machen Lust auf den Herbst

Marktgeschichten, Folge 30: Ob als Glas Sturm oder als Strudel verbacken, Weintrauben erfreuen uns in verschiedenen Formen.

Der Herbstwind wirbelt bunte Blätter in die Luft, als ich an diesem sonnigen Herbsttag über den Markt spaziere. Die Marktstandler schlichten ihre Ware in die Körbe, unverkennbar ist die dritte Jahreszeit bei uns angekommen. Ich sehe die ersten tiefroten Granatäpfel, riesige Schälnüsse liegen neben leuchtorangen Kakis und daneben gibt es kistenweise grüne und lila Weintrauben.

„Schon die Kelten haben Weinreben an den Hängen des Wienerwaldes angebaut“, erzählt uns ein  älterer Herr, der sich auf seinen eleganten Holzstock stützt. „Und die Heurigen haben wir Joseph II. zu verdanken. Zweimal im Jahr durften die Weinbauern ihren Wein verkaufen, erst, um die neue Ernte zu präsentieren und dann noch einmal, um die Fässer zu leeren“, ergänzt eine Dame, die im schicken Kostüm ihren Einkauf am Markt erledigt. 

Meine Gedanken schweifen bei diesen Erzählungen in die Weinberge, wo ich in diesem Jahr so viele herrliche Momente verbracht habe. Erst beim spätsommerlichen Picknick mit Musikbegleitung und vor Kurzem noch bei der Wanderung mit anschließender Jause – den Blick auf die Donau und auf Wien, ein Gläschen Sturm und ein Liptauerbrot inklusive. 

Zurück zum Marktstand. „Die Kernlosen sind besonders süß!“, meint Erol, als er mir zwei Traubenstämmchen in meinen Einkaufskorb packt. Ich habe vor, die Weintrauben in knusprigen Teig zu hüllen, ich gönne mir ja sonst nichts. So wird eine Trauben-Haselnuss-Tarte gebacken und im Café verkostet, eine liebe Stammkundin will gar nicht glauben, dass dieser Kuchen nur ein Testkandidat ist und bittet mich sofort um das Rezept. Am nächsten Tag gibt es eine herrliche  Focaccia mit Trauben –  nach allen Regeln der Kunst habe ich den Teig gerührt, gefaltet und über Nacht gehen lassen, das Brot kann sich sehen lassen – ist aber vielleicht ein wenig zu aufwendig?

Nun lacht mich ein Strudel an, den haben wir sonst nie im Repertoire, cremiger Topfen, blättriger Teig, statt der geläufigen Rosinen saftige Weintrauben, das wär doch was? Als ich den Strudel aus dem Ofen ziehe, bin ich selbst begeistert – ich hab mich ein bisschen beim Formen gespielt und so ist es ein wahres Meisterwerk geworden! Mit 10 Minuten Zubereitungszeit ist es mein schnellstes Backstück aller Zeiten und stößt hiermit den Zitronenkuchen vom Podest. 

Beim Abendessen mit lieben Freunden serviere ich den herbstlichen Strudel als Nachspeise und erzähle die Anekdote von den „Laterndlern“ – den Gästen, die erst beim Löschen der Buschen-Laterne, wahrscheinlich leicht beschwipst, vom Heurigen nach Hause gewandert sind. Da schmunzelt meine musikversierte Freundin und sagt: „Das muss ein Stück vom Himmel sein – Wien und der Wein!“ 

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