Scharf auf Wasabi: Frisch aus dem Burgenland
Warum japanischer Wasabi im Burgenland prächtig gedeiht, aber in Japan unter dem Klimawandel leidet.
Seit Jahrhunderten schmiegen sich jedes Frühjahr die kleinen, weißen Blüten rund um kühle Bäche mit frischem Quellwasser – umgeben von Wäldern, Kirschbäumen und heißen Quellen. Die Präfektur Shizuoka gilt mit seiner 500 Kilometer langen Küste am Pazifik als japanische Riviera und ist berühmt für ihren Anbau von Orangen, Tee sowie Wasabi. Den echten wohlgemerkt, nicht das billige Ersatzprodukt, das wir Europäer auf Sushiplatten und in Soba-Schüssel vorgesetzt bekommen. Denn hierbei handelt es sich meist um Kren, der mit Brillantblau oder mithilfe der Alge Spirulina grün eingefärbt wurde.
Gefährdetes Wachstum
In ihrem Heimatland machen Eutrema japonicum die steigenden Temperaturen und intensive Regenfälle zu schaffen, denn dadurch wird sie anfälliger für Schimmel und Fäulnis. Hinzu kommen eine schlechtere Qualität des Quellwassers und Bodenprobleme beim Speichern des Wassers, verursacht durch ein unkontrolliertes Ausbreiten von Zedern und Zypressen.
Die jahrhundertealte Kultur von Wasabi-Gewächshäusern entlang der idyllischen Bäche scheint tatsächlich gefährdet: Anfang 2022 gab das Ministerium für Landwirtschaft und Forstwirtschaft bekannt, dass die Menge des in Shizuoka produzierten Wasabi in den vergangenen zehn Jahren um fast 55 Prozent zurückgegangen ist.
Indoor-Farm
Aufgrund der schwierigen Anbaubedingungen ist eine erfolgreiche Zucht äußerst lukrativ – Wasabi gilt mit einem Verkaufspreis von 380 bis 700 Euro pro Kilogramm als teuerstes Gemüse der Welt. Immer wieder gab es außerhalb von Japan Zuchtversuche im großen Stil, allerdings mit mäßigem Erfolg.
Ein kleines Start-up im Norden von Oberwart (Burgenland) beweist jetzt der ganzen Welt, dass die Pflanze aus der Familie der Kreuzblütler in einer Indoor-Farm höchst erfolgreich angebaut werden kann: Hierfür hängen die Wurzeln in einer Nährlösung – man spricht also von Hydroponik.
Unterschiedliche Sorten
Wie sind Martin Parapatits und Eszter Stefanics-Simon auf die Idee gekommen, die Pflanze im Burgenland anzubauen: „Es waren mehrere Gründe: Wir haben eine Pflanze gesucht, die das ganze Jahr über regional angebaut werden kann und so ein Konkurrenzprodukt für Importware wird. Zudem ist Indoor-Farming wirtschaftlich und nachhaltig, wenn ich die ganze Pflanze verwerten kann. Bei Wasabi kann man Stängel, Blätter und Rhizom essen. Auch die Herausforderung hat uns gereizt, da Wasabi als schwierig zu kultivieren gilt“, erklärt Parapatits im Interview mit dem KURIER.
Der Bauingenieur und die Lebensmitteltechnologin bauen derzeit fünf Sorten an, die sich in Wachstumsdauer, Geschmack und Schärfe deutlich unterscheiden. In Zukunft wollen sie nur noch die grüne Sorte „Mikado shogun“ und die violette Sorte Mazuma – jene Sorte, die in der Präfektur Shizuoka heimisch ist – setzen. „Die grüne Sorte ist sehr scharf, die violette ist etwas milder und süßlicher. Es geht bei Wasabi aber nicht um die Schärfe, sondern um die Aromen. Der Geschmack ist mit jener von Kren, mit der sie nicht verwandt ist, nicht vergleichbar.“
Jungpflanzen
Traditionell wird das Rhizom (fälschlich oft als Wurzel bezeichnet) frisch gerieben und als feine Paste zu Sushi und Sashimi gegessen. „Allerdings ist die Schärfe bei echtem Wasabi nur kurz da und geht in die Nebenhöhlen, danach ist sie komplett weg.“ Niesen wie nach dem Genuss von Kren stellt sich nicht ein.
Die Samenvermehrung ist bei Eutrema japonicum äußerst schwierig und wollte auch Parapatits und Stefanics-Simon nicht gelingen: „Wir bekommen kleine, ca. 3 Zentimeter großer Pflanzen aus Japan. Diese werden bei uns weiter kultiviert: Es kann bis zu zwei Jahre dauern, bis das Rhizom fertig gewachsen ist.“ Aktuell wachsen 60.000 Pflanzen auf einer Bodenfläche von rund 400 Quadratmetern bei PhytonIQ, allerdings werden die Pflanzen in drei Etagen angebaut (siehe Foto oben).
Optimale Bedingungen
Am wohlsten fühlt sich die krautige Pflanze bei 20 Grad, ihre Wurzeln müssen durchgehend befeuchtet werden. „Solange es der Pflanze gut geht, ist sie pflegeleicht. Passt aber mal etwas nicht, stellt sie ihr Wachstum sofort ein.“ Die Größe des Rhizoms hängt stark von der Sorte ab, allerdings können die Blätter alle vier bis sechs Wochen geschnitten und verkauft werden. Großes Interesse am Rhizom zeigen heimische Hauben-Restaurants mit gut gefüllter Geldbörse: Verkauft das Start-up das Gemüse doch um 600 bis 700 Euro den Kilogramm. Blätter mit Stängel, die Salaten und Saucen Raffinesse verleihen, gibt es billiger zu haben: um 8,80 Euro/50 Gramm.
Der Firmenchef kündigt übrigens noch für heuer den nächsten Coup an: Winter-Erdbeeren, aber das ist eine andere Geschichte.
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