Öl mit Charakter: Warum Leinöl wieder öfter auf den Teller kommt

Viel Tradition, viel Geschmack: In Haslach/Mühl wird seit 650 Jahren Leinöl gepresst. Was das Öl ausmacht.

Wenn donnerstags ein aromatischer Duft aus der alten Ölmühle durch den Ort Haslach an der Mühl zieht, wissen die Einheimischen: Es wird wieder frisches Leinöl gepresst. Und zwar das warm gepresste. Den Leinsamen im Warmpressverfahren zu verarbeiten, ist hier in der ehemaligen Weber-Gemeinde im nördlichen Mühlviertel eine Tradition. Fein gemahlen wird der Leinsamen dafür, danach zu einem Brei verknetet und schließlich geröstet.

Dieses althergebrachte Verfahren setzt das typische Aroma frei. „Das Öl erhält dadurch einen intensiveren, leicht nussigen Geschmack“, erklärt Theresa Koblmiller, die die Ölmühle betreibt. Erst danach wird die Masse durch eine hydraulische Ölpresse gedrückt. Seit 250 Jahren ist die Ölmühle in Familienbesitz. Eine Ölmühle befindet sich aber bereits seit 650 Jahren an dieser Stelle.

Das Öl "ausschlagen"

Anhand historischer Gerätschaften, die Theresas Vater Gunther gesammelt hat, sind im kleinen Ölmuseum die über Jahrhunderte unverändert gebliebenen Arbeitsschritte der Ölherstellung nachvollziehbar: Alles andere als einfach war das früher und erforderte viel menschliche Kraft. Heute erledigen modernere Geräte die Arbeit. Doch der Begriff „Öl ausschlagen“ für das Ölpressen ist geblieben und verweist zumindest verbal auf die anstrengende Tätigkeit von früher.

Beim Pressen sammelte sich der harte Presskuchen in der Presse; kräftige Männer lösten ihn mit Hammerschlägen aus den Behältern. Vor allem die ältere Generation greift in Haslach noch heute bevorzugt zum warm gepressten Leinöl, weil das typische, nussige Aroma den Speisen ihren Geschmack verleiht, weiß Theresa Koblmiller. Den Leinölerdäpfeln zum Beispiel. Oder einem einfachen Brotaufstrich, genannt „Leinölkas“: 500 Gramm Magertopfen mit 125 Milliliter Leinöl, einer halben gehackten Zwiebel, Salz, Pfeffer und eventuell Kräutern verrühren. Der Aufstrich hat bei den Ölverkostungen der Mühlenchefin seinen fixen Platz.

Hier gibt es noch weitere Leinöl-Rezepte, etwa für Leinölerdäpfel.

©OÖ Tourismus/Robert Maybach

Kaltgepresst

Rund achtzig Prozent der dabei aufgetischten Öle – neben Leinöl unter anderem aus Weißmohn, Sesam, Distel oder Leinöldotter – erzeugt sie allerdings mittels Kaltpressung. „Sie sind zwar weniger geschmacksintensiv als warm gepresste Öle, behalten aber ihre wertvollen Inhaltsstoffe.“ Ihr Vater habe sich schon in den 1970er-Jahren mit den positiven, gesundheitlichen Auswirkungen der Öle beschäftigt und eine sogenannte Schneckenpresse gekauft. In ihr werden die Samen mithilfe einer Walze mit wenig Druck durch einen Zylinder gepresst. Wärme entsteht dabei dennoch, aber damit ein Öl als kalt gepresst gilt, darf die Temperatur auf maximal 40 Grad steigen.

Omega-3-Fettsäuren

Das Interesse an Leinöl liegt vor allem an seinem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, der mit jenem von Meeresfischen vergleichbar ist. Das hat man früher nicht einmal gewusst, als Leinöl „für alles“ verwendet wurde, „zum Kochen, sogar zum Krapfenherausbacken“, wie die Ölmüllerin erzählt. Leinsamen waren durch den großflächigen Anbau der Pflanze und die Verarbeitung in Webereien eben verfügbar. Schlechte Erinnerungen, die die ältere Generation vielleicht an das Leinöl hat, liegen an der kurzen Haltbarkeit, vermutet sie. Es wird durch seinen hohen Anteil an Fettsäuren ohne Kühlung schnell ranzig und schmeckt dann bitter. Im Kühlschrank bleibt der frische, mild-herbe Geschmack zwar länger erhalten, ein sparsamer Verbrauch ist aber nicht nötig. Denn in der Ölmühle wird ohnehin regelmäßig frisch gepresst.

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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