
Zwischen Orange und Grün: Warum Twinni nie aus der Mode kommt
Sorten kommen und gehen, doch der Doppellutscher ist seit fast 60 Jahren sommerlicher Fixstarter. Ein Erfolgsfaktor: die ewige Frage nach der besseren Hälfte.
Über Twinni ließe sich unendlich lange diskutieren, und die Verzehrgewohnheiten sind so vielfältig wie bei kaum einem anderen Eis. Den Doppellutscher in der Mitte teilen oder ungetrennt schlecken? Die Schokolade zuerst runterknabbern oder mit dem Eis abbeißen? Die Lieblingssorte gleich schlecken oder sich diesen Genuss aufheben? Wie man es auch hält: An erster Stelle steht doch meistens die Frage „Orange oder Grün?“
Geschmacksvorlieben
Nun gibt es aber die Theorie, dass diesbezügliche Präferenzen egal sind. Und zwar, weil beide Teile des Doppellutschers eh gleich schmecken. Was die Fans des jeweiligen Farb- und Geschmacklagers empört zurückweisen. Denn die wahren Fans sind sicher, die Sorten deutlich unterscheiden zu können. Die meisten, die sich bewusst einer Blindverkostung unterziehen, werden vermutlich ebenso die geschmacklichen Unterschiede feststellen. Auch wenn weder der Orangen- noch der Birnenlustscher viel mit den echten Früchten gemeinsam haben. Doch immerhin enthalten die Rezepturen elf Prozent Orangensaft und neu Prozent Birnensaft.
Farbenspiel seit 1968Doch es ist vor allem die typische Farbgebung, die dem Twinni (von „twin“, engl. für Zwilling), die mit dem Eis verbunden wird. Dass Farbe und Optik die Geschmackswahrnehmungen beeinflussen, ist durch viele Forschungen belegt. In der Psychologie ist das Phänomen als „Crossmodal Perception“ bekannt. Das Gehirn verarbeitet dabei die Informationen aus allen Sinneswahrnehmungen. Fällt die optische Wahrnehmung weg, kann der Mensch also zu anderen Eindrücken kommen. Und so kann es durchaus vorkommen, dass ein mit geschlossenen Augen geschlecktes Orangen-Twinni „ganz eindeutig Birne“ eingeordnet wird.
Wenn ein Eis so viel Gesprächsstoff über Jahrzehnte liefert, muss irgendwas dran sein. Seit 1968 wird der Doppellutscher geschleckt, derzeit pro Jahr mehr als 20 Millionen Stück. Genauso wie das nur ein Jahr ältere Jolly zählt Twinni zu den beliebtesten Sorten im gesamten Eskimo-Sortiment. Und: Es ist ein typisches heimisches Erfolgsprodukt – der Doppellutscher ist nur in Österreich erhältlich.
Ein Gesamterlebnis
Woran genau dieser Erfolg festzumachen ist, darüber ist man sich allerdings nicht einmal beim Hersteller Eskimo ganz klar. Offenbar ist es das Gesamterlebnis, das den Twinni-Liebhaberinnen und -Liebhabern, vermutet Geschäftsführerin Andrea Huber-Schallmeiner. „Twinni ist viel mehr als die Summe seiner Teile.“ Das Knabbern an der Glasur, das Brechen und generell die Teilbarkeit. Entstanden ist der Doppellutscher vermutlich als Weiterentwicklung des in den 1960er-Jahren beliebten „Ein-Schilling-Lutschers“. Bei seiner Markteinführung kostete ein Twinni 2,50 Schilling.
Apfel führte zu Protesten
An der Geschmackskombination Birne und Orange kann es eigentlich nicht liegen, gesteht die Eis-Expertin. „Andere Eisvarianten in dieser Kombination waren nämlich nie so zugkräftig.“ Umgekehrt führte der Versuch, die Sorte Birne Anfang der 1990er-Jahre mit der gängigeren Sorte Apfel zu tauschen, zu Verkaufseinbrüchen und wütenden Kundenprotesten. Weshalb Eskimo schnell zur ursprünglichen Kombination zurückkehrte – und diese bis heute unverändert ließ.
Dass der Birnengeschmack unter den Twinni-Fans eine besondere Rolle spielt, zeigte 2008 eine repräsentative Studie, die Eskimo anlässlich des 40. Jubiläums der Eissorte durchführen ließ. Die meisten Befragten (36 % Erwachsene, 48 % Kinder) lutschten zuerst Orange. Dieses Ergebnis beantwortet gleich eine weitere Frage. Dass zuerst Orange gelutscht wird, bedeutet gleichzeitig, dass das Beste – die grüne Hälfte – bis zum Schluss aufgehoben wird. Was die beliebtere Twinni-Sorte betrifft, ergab die Studie ein klares Ergebnis., 40 Prozent bevorzugten das grüne Eis, 26 Prozent das orange – und 34 Prozent mögen beides. Denn es ist ja so: Ohne seinen orangenen Teil wäre ein Twinni kein Twinni.
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