Kochen & braten: Das richtige Öl für die richtige Temperatur

Olivenöl, Rapsöl oder doch lieber Omas Lieblingsfett? Was nimmt man denn wirklich zum Braten, Schmoren und Frittieren?

Olivenöl ja nicht erhitzen!, liest man immer wieder, und nur Öle mit einem Rauchpunkt über 200 Grad zum Braten verwenden! Außerdem: Maiskeimöl ist super zum Frittieren - oder vielleicht doch eher Rapsöl?  - Nein, Erdnussöl hat eindeutig den höchsten Rauchpunkt!  Die Verwirrung ist beinahe babylonisch, eine Unzahl an Online-Ratgebern ändert wenig daran, vor allem, weil sie einander teilweise grundlegend widersprechen. Die freizeit hat deshalb mit Doris Marko, der Vorständin des Universitäts-Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie, eine ausgewiesene Expertin zu Rate gezogen.

Vorweg gab die Professorin gleich einmal einen grundlegenden Tipp:

"Man sollte überdenken, ob man Speisen wirklich mit mehr als 200 Grad braten MUSS. Sie werden mit 170 Grad auch gar und knusprig - und auch wenn das Öl prinzipiell höhere Temperaturen verträgt, so entstehen doch in vielen der Speisen im Zuge des Verbrennens höchst giftige Stoffe."

Klingt doch durchaus plausibel. Als zweite Faustregel gilt: Je gesünder das Öl, desto weniger Temperatur verträgt es. Der Grund dafür: mehrfach ungesättigte Fettsäuren wirken zwar positiv auf unseren Körper - wenn man sie aber erhitzt, dann zerfallen sie relativ schnell und bilden unter anderem das giftige Acrylamid. Und zwar lange VOR dem oft zitierten Rauchpunkt. Denn Acrylamid ist geruchlos, was es noch gefährlicher macht.

Und damit sind wir auch schon bei der ersten Überraschung:

Olivenöl (kalt gepresst)

©Getty Images/iStockphoto/dulezidar/iStockphoto

Denn das aromatische Mittelmeer-Öl ist wesentlich vielseitiger als viele denken. Der Grund: Der Gehalt von etwa 9 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist relativ wenig. Damit ist es zwar nicht das Superfood-Öl, das uns ewiges Leben beschert, aber die 70-80 Prozent einfach ungesättigten Fettsäuren sind auch gesund - UND wesentlich stabiler, wenn's ums Erhitzen geht. Je nach Herkunft und Zusammensetzung verträgt es Temperaturen zwischen 135 und 175 Grad. Wobei bei den wirklich hohen Temperaturen doch einige Aromastoffe verloren gehen.

Rapsöl (raffiniert)

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©APA/HELMUT FOHRINGER / HELMUT FOHRINGER

Mit 60-80 Prozent einfach ungesättigten Fettsäuren eignet sich Rapsöl ebenfalls gut zum Erhitzen. Gerade einmal 6 Prozent gesättigte Fettsäuren machen es außerdem richtig gesund. 20-30 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren (im kalten Zustand supergesund!) sollten uns allerdings davon abhalten, es wirklich bis zum Rauchpunkt bei etwa 200 Grad zu erhitzen. Lieber im Rahmen des Olivenöls bleiben und bei 175 Grad zurückschalten.

Maiskeimöl (raffiniert)

©Getty Images/iStockphoto/eAlisa/IStockphoto.com

Hier ist Vorsicht geboten: Das Öl hat zwar ähnlich wie das Rapsöl einen recht hohen Rauchpunkt, aber auch bis zu 60 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Gut für cholesterinarme Ernährung, schlecht fürs allzu starke Erhitzen. Je nach Anteil dieser Fettsäuren sollte bei einer Temperatur von 150-170 Grad Schluss sein.

Erdnussöl (raffiniert)

©Popova Olga - Fotolia/Popova Olga/Fotolia

Gilt oft als ideales Wok-Öl zum ultraschnellen Anbraten von Speisen. Aber auch hier gilt: Vorsicht! Bis zu 40 Prozent der guten, mehrfach ungesättigten Fettsäuren helfen zwar dem Herz, den Zellen und dem Kampf gegen das böse Cholesterin, sind aber nur eingeschränkt erhitzbar. Also nicht vom Rauchpunkt jenseits der 200 Grad verleiten lassen, sondern lieber "cool" bleiben, bei maximal 175 Grad.

Sonnenblumenöl

©FREMD/Vogel Reinhard

Lieber zum schonenden Garen und Dünsten verwenden. Mit einem Anteil von bis zu 75 Prozent mehrfach ungesättigter Fettsäuren ist das Sonnenblumenöl zu schade zum scharfen Erhitzen. Außer: Die neuen HO-Varianten dieses Öls (siehe weiter unten: Bio-Alternative High-Oleic-Öle).

Noch mehr Tipps rund ums Kochen?

In unserer freizeit.academy zeigt Uwe Machreich in zehn Lessons, wie man richtig kocht: Der Haubenkoch erklärt uns u.a., wie richtiges Würzen, Umrühren und Panieren geht. 

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Butterschmalz / Ghee 

Omas Lieblingsfett kam als indisches Küchenwunder Ghee zu neuen Ehren - und ist tatsächlich ein Zaubermittel, wenn's um richtig hohe Temperaturen geht. Spritzt nicht, weil zu 99,8 % aus reinem Butterfett, und raucht auch bei 200 Grad noch nicht. Hat aber auch einen Anteil von knapp 70 Prozent gesättigten Fettsäuren. Ist also "echt fett".

Kokosfett (kalt gepresst)

©Gerhard Deutsch/Deutsch Gerhard

Der Anteil an gesättigten Fettsäuren ist hier sogar noch höher als beim Butterschmalz: Um die 90 Prozent. Dafür bleibt es aber auch bei sehr hohen Temperaturen stabil. Wobei wir die Warnung der Lebensmittelchemikerin Doris Marko auf keinen Fall vergessen wollen ...

 

Als Bio-Alternative bieten sich seit einiger Zeit sogenannte High-Oleic-Öle (HO-Öle). Dabei werden relativ neue (natürliche) Züchtungen von Sonnenblumen- und Distel-Sorten verwendet, deren Öl einen besonders hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren enthält. Zwischen 60 und 90 Prozent. Damit sind sie sehr gut erhitzbar und trotzdem noch gut fürs Cholesterin.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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