Francesco Rivella: Wie der "Vater des Nutella" ein Kultprodukt schuf

Der italienische Chemiker starb am Valentinstag in seiner Heimat Alba. Er hinterlässt ein im wahrsten Sinne des Wortes "fettes Erbe".

In Zeiten zunehmender Polarisierung in der Politik bekommt Verbindendes eine besondere Bedeutung. Ob sie Nutella mit oder ohne Butter darunter essen, wollten Schüler von den deutschen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) in einer Diskussionsrunde vor der Bundestagswahl wissen. Es war eine der wenigen Angelegenheiten, in denen sich die beiden Parteichefs einig waren: ohne.

Nur wenige Tage später vermeldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa, dass der Erfinder der kultigen Nuss-Nougat-Creme, Francesco Rivella, 97-jährig verstorben ist. Sein Nachname ist nicht so berühmt wie der seines Chefs und Nutella-Miterfinders, Michele Ferrero, nach dem der Süßwarenkonzern benannt ist. Dennoch war es Rivella, der am Erfolg des Brotaufstrichs wesentlich beteiligt war. Italienische Medien nennen ihn bis heute "Vater von Nutella".

Nutella kommt vom englischen "nut"

Rivella heuerte 1952 als Absolvent der Universität Turin bei Ferrero an, einer familiengeführten Konditorei im norditalienischen Piemont. In der kleinen Versuchsküche, dem Laboratorio, tüftelte der junge Lebensmittel-Chemiker gemeinsam mit Michele Ferrero an einer neuen Rezeptur: Er sollte das Ferrero-Erfolgsprodukt Giandujot - ein schnittfester, haselnussig-süßer Brotbelag - perfektionieren und weiterentwickeln. 

Gut zehn Jahre später, am 20. April 1964, ging in Italien das erste Nutella-Glas über den Ladentisch. Eigentlich war der Name Supercrema vorgesehen, doch dann untersagte ein neues italienisches Gesetz die Verwendung des Prädikates "Super" in Markenartikeln. Wieder wurde getüftelt, dieses Mal mit Worten: Die Wahl fiel auf Nutella, ein Kunstwort bestehend aus "nut" (englisch für Nuss) und der italienischen Endung "ella".

Streng geheime Rezeptur

Obwohl Rivellas Erfindung zum Welterfolg avancierte, blieb er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1993 an der Seite Ferreros. Gemeinsam bereisten sie die Welt und entwickelten mitten im Wirtschaftsaufschwung ihres Heimatlandes weitere süße Klassiker wie Mon Chérie oder Kinder Überraschung. "Wir kauften weltweit Schokolade, Riegel, Snacks und analysierten sie, nicht um sie nachzuahmen, sondern um sie zu verbessern", erklärte Rivella einmal.

Zugeknöpft gibt man sich bis heute bei der Nutella-Rezeptur, an der sich in den vergangenen Jahrzehnten Dutzende Nachahmer versuchten und die angeblich in Tresoren aufbewahrt wird. Bekannt sind die Zutaten - Haselnüsse, Zucker, Palmöl, Kakao, Milchpulver, Sojalecithin und Vanillin -, nicht aber die genaue Röstung und Zusammensetzung. 

Jede vierte Haselnuss landet in Nutella

Die süß-fette Creme wurde mit den Jahren zum internationalen Exportschlager. Ein Viertel der weltweiten Haselnuss-Produktion wird angeblich für Nutella verwendet, gut 500.000 Tonnen produziert Ferrero jedes Jahr. Und das, obwohl Mediziner immer wieder warnen, dass schon ein kleines Glas 72 Stück Würfelzucker und über 2.000 Kalorien enthält. Ferrero reagierte auf das wachsende Gesundheitsbewusstsein und brachte im vergangenen Herbst etwa eine vegane Variante auf den Markt. 

Wie oft Rivella selbst zum Glas griff, ist nicht überliefert - fest steht aber, dass er trotz seines süßen Berufs fast 100 Jahre alt wurde. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er im Piemont, unweit vom Ferrero-Hauptquartier im Städtchen Alba. Der vierfache Vater und siebenfache Großvater starb am Valentinstag, exakt zehn Jahre nach seinem Weggefährten Michele Ferrero, und nur neun Tage nach dem "World Nutella Day", den Fans seit 28 Jahren feiern. Mit oder ohne Butter.

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