Kochen mit Jane Austen: Hunger auf Romantik

Rezepte aus dem frühen 19. Jahrhundert. Inspiriert von "Emma", "Stolz & Vorurteil" und einer Epoche, in der auch der Netflix-Hit Bridgerton spielt.

Historisch-romantische Filme und Bücher sind beliebt. Bestes Beispiel ist der anhaltende Hype um die Netflix-Serie Bridgerton. Fieberhaft wird unter Fans um den Starttermin der dritten Staffel gerätselt, und soeben wurde er von März auf die zweite Jahreshälfte verschoben.

Für ungeduldige Liebhaber des Spektakels um Skandale, Liebe, Intrigen und rauschende Feste gibt es aber einen Weg, sich das Warten zu verkürzen: Jane Austen (1775-1817), weltberühmte britische Schriftstellerin und genaue Beobachterin der Regency-Ära, bietet mit ihren Romanen „Stolz und Vorurteil“, „Emma“ oder „Mansfield Park“ genug Stoff, um historisch und vergnüglich in genau diese Zeit zu reisen. Sie zeichnete ihre ersten Werke mit dem Pseudonym „By a Lady“ und war die Inspiration für „Lady Whistledown“ in Bridgerton.

Es ist die berühmteste Szene in „Emma“. Für ein Picknick à  la Austen gilt es einiges zu beachten: Bitte mit Stil!

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Picknick der Regency-Epoche

Wer sich mit der Geschichte und Gesellschaft der Regency-Epoche beschäftigt, kommt an Jane Austen nicht vorbei. Ihre Romane versetzen einen ins frühe 19. Jahrhundert, als England große politische und wirtschaftliche Umbrüche erlebte, als Empfänge und Feste zum Alltag des gehobenen Landadels gehörten. Kulinarische Genüsse spielten eine bedeutende Rolle: „Vom Dinner bis zum Picknick, gemeinsames Essen war ein großes Thema und bot gesellschaftlichen Anlass, sich zu treffen“, sagt Georg Geml vom KochKulturMuseum. Das Museum bietet seit 2020 Kochkurse und Picknicks auf den Spuren von Jane Austen an und begibt sich mit Interessierten auf genussvolle Art und Weise in die historisch spannende Welt des Regency. Es geht darum, Geschichte zu vermitteln. Ein anhaltender Trend, gibt es doch zahllose Rezeptbücher, die sich dem annähern. So wie jenes von Robert Tuesley Anderson, „Jane Austen – Das Kochbuch“ (Hölker Verlag) mit 70 Rezepten.

Essen als Statussymbol

Vor allem bei „den extravaganten Festtafeln des georgianischen Zeitalters ging es um mehr als Nahrungsaufnahme“, schreibt Tuesley Anderson. Es ging um das „Zur-Schau-Stellen von Wohlstand, Status und den guten Geschmack“. Jane Austen spielt in ihren Romanen damit, etwa in „Stolz und Vorurteil“, wo es heißt: „Das Essen war so vorzüglich und hübsch angerichtet, wie es nirgendwo hätte besser sein können – (…) sogar Mr. Darcy musste zugeben, dass er noch nie so wohlschmeckend zubereitete Rebhühner gegessen habe, und der hat doch bestimmt zwei oder drei französische Küchenchefs.“

Auch beim Draußen-Essen wurde aufgefahren. „Aufwendiges Essen gab es manchmal mitten am Tag – insbesondere während der Picknicks, die im Laufe der Regency-Epoche in Mode kamen“, so Tuesley Anderson. Charakteristisch war die Arbeit, die hinter den kulinarischen Ausflügen des Landadels steckte: Die Dienerschaft musste Tische, Sessel – oder zumindest Decken und Pölster – sowie Geschirr und reichlich Essen in Weidenkörben in die schönsten Landschaften transportieren. So wie in „Emma“, wo sich die muntere Gesellschaft auf den Boxhill begibt, ein Buchsbaumwald mit spektakulärer Aussicht.

Jane Austen (1775-1817) starb mit nur 41 Jahren. Sie schrieb „Verstand und Gefühl“ 1811, „Stolz und Vorurteil“ 1813, „Mansfield Park“ 1814 und „Emma“ 1815. Erst posthum erschienen „Die Abtei von Northanger“ und „Überredung“. Zu ihren Lebzeiten war sie nicht berühmt, veröffentlichte unter dem Pseudonym „By a Lady“. Ihre Bücher wurden mehrfach verfilmt. Zuletzt „Emma“ (2020), „Überredung“ (2022) und der unvollendete Roman „Sanditon“ als Serie (Amazon Prime). 
 

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„Detailliert wird das Essen bei Austen nie beschrieben“, sagt Geml, „aber es dient immer einem bestimmten Zweck, es ist immer ein Anlass, um sich in Gesellschaft zu begeben, sich zu treffen.“ Das Spannende an der Regency-Ära sei aber auch, dass es in dieser Zeit immer mehr aufkam, Privatkochbücher zu verfassen. „Auch Frauen fingen vermehrt an, Rezepte aufzuschreiben, und zwar allumfassend, also auch als Haushaltsbuch.“ Essen war einfach – so wie heute – wichtig.

Essen mit Stil

Wer sich jetzt aufmachen will, um Köstlichkeiten à la Austen unter der ersten Frühlingssonne zu genießen, kann das Picknick auch im eigenen Garten oder Park planen. Und sich dort mit ein bisschen Aufwand die Kulisse einer heilen Welt zaubern. Auch wenn Jane Austens Welt alles andere als heil war: Ihre Heldinnen und Helden stießen an die Grenzen der Konventionen. Die Lebenssituation der Frau, die damals auf eine gute Partie angewiesen war, um sich sozial abzusichern, wurde mit Witz und Ironie von Austen offengelegt.

Multifunktionskleidung, Pappbecher oder Tupperboxen sind fehl am Platz, wenn man Austens Andenken gerecht werden will. Was es für ein standesgemäßes Regency-Picknick braucht? „Das Picknick sollte – im Sinne von Jane Austens ,Emma’ – in einer kleinen, ruhigen, unauffälligen und geschmackvollen Runde vonstattengehen“, sagt Geml. Und betont: „Ohne Pie (siehe Rezept S. 83) kein Picknick!“ Auch erfrischende Getränke mit wenig oder keinem Alkohol, wie Himbeeressig oder Ingwerbier, am besten nach den Rezepten von Martha Lloyd, Jane Austens bester Freundin, gehören dazu. Und: Bloß nicht Sonnenschirm und Hut vergessen, „damit der schöne helle Teint nicht verloren geht“.

„Jane Austen – Das Kochbuch“. Über 70 unwiderstehliche Rezepte vom Picknick bis zum Dinner.  Robert Tuesley Anderson, Hölker Verlag,  25,50 €

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Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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