Haubenkoch Reinhard Gerer kocht nun für Hunde

Es sind überraschende Wege, die der wohl populärste Koch des Landes einschlägt. Im Interview verrät Gerer, wieso er nun Hundefutter macht und wie er die Zukunft der Gastronomie (für menschliche Gäste) sieht.

Damit haben selbst seine treuesten Fans nicht gerechnet: Reinhard Gerer kocht nun Hundefutter. Zusammen mit seinen (menschlichen) Weggefährten Nathalie, Tierärztin Bettina Prodinger und Johannes Lusak wird derzeit eine neue Futterlinie auf den Markt gebracht.

Dass einer der besten Köche Österreichs nun für Hunde kocht, ist eine ziemliche Überraschung. Wie entstand diese Idee?
Nathalie Gerer: Die Idee zu „Bella & Waldemar“ kommt von meiner 13 Jahre alten Hündin, Shiva, für die ich am Ende kochte. Sie hat zwar alles gefressen, aber ich wollte ihr etwas Besonderes geben mit 70 Prozent Fleischanteil, ohne Gluten, mit frischem Obst und Gemüse.
Sie wurden dann in die Küche gerufen, Herr Gerer?
Reinhard Gerer: Ich stand schon drin. (lacht) Ich habe einen Auftrag bekommen und habe versucht, ihn bestmöglich umzusetzen, mit meinem bis dahin bescheidenen, kulinarischen Wissen, was Hundefutter betrifft.
Sie gelten als einer der besten Köche des Landes, haben im Korso unzählige Prominente bekocht und wurden mit unzähligen Auszeichnungen überschüttet. Nun sollten Sie Hundefutter kochen. Was dachten Sie sich da?
Reinhard G.: Shiva war eine unglaublich zutrauliche und liebe Hündin. Sie war immer am Magdalenenhof dabei, wo es auch bereits ein eigenes Hundemenü gab. Ich habe mir aber gedacht, wenn ich schon für die Gäste koche, koche ich gleich für die Hunde mit.
Aber es wurde wohl nicht die gleiche Variante aufgetischt.
Reinhard G.: Nein. (schmunzelt) Man muss für Hunde und Menschen anders kochen.
Bettina Prodinger: Die genaue Aufbereitung und Zusammensetzung war meine Aufgabe als Tierärztin. Man darf natürlich keine Gewürze verwenden, es wird bei niedriger Temperatur Sous vide gegart. Damit bleiben die wichtigen Vitamine und Nährstoffe erhalten.
Sous vide zu kochen beansprucht aber Zeit. Wie wurde das logistisch gelöst?
Nathalie G.: Stimmt, es dauert mehrere Stunden.
Johannes Lusak: Wir kochen in der Nähe von St. Pölten, aber nur nach Vorbestellung. Wir sammeln die Bestellungen einer Woche, in der Woche darauf wird frisch produziert.
Mit welchen Mengen rechnen Sie?
Lusak: Wir haben intern eine Obergrenze. Unser Motto ist „klein und fein“, so können wir die Qualität bei der Produktion und bei den Zutaten unserer Lieferanten garantieren. Unsere Klassiker zum Start beim Frischfutter sind Rinderstark, Putenleicht, Fischgesund und Lammzart. Wir beziehen das Rind aus Niederösterreich – eine Mischung aus Bio-, Weide- und Stallrind. Die Puten aus Kärnten, das Lamm aus Oberösterreich, Gemüse aus dem Marchfeld, Kürbis und Äpfel aus der Steiermark und dem Burgenland. Für den Hund ist ja wichtig, dass die Zutaten gesund und verträglich sind. Leider ist nicht jedes Hundefutter am Markt hochwertig, daher war uns neben der schonenden Zubereitungsmethode auch die Qualität der Zutaten besonders wichtig. Und bei der Auswahl der Gemüsearten gilt: Für Hunde ist gut verträglich, was auch kleine Kinder gut vertragen, zum Beispiel Karotten, Kürbis, Äpfel.
Wie sind Sie auf die Kreationen gekommen, standen Sie in der Küche und haben ausprobiert, es Hunden zum Verkosten gegeben und weiterprobiert?
Reinhard G.: Wir haben natürlich zuerst selbst verkostet. Was für den Menschen gut ist, ist es auch für den Hund. Da aber keine Gewürze verwendet werden, muss man sich vorstellen, welche davon gut dazu passen würden, um das Gericht für den Menschen zu vervollständigen. Ohne Gewürze ist es für den Menschen fad, für den Hund aber nicht.
Prodinger: Es haben freilich auch Hunde gekostet. Ich habe dafür den schwierigsten Hunden meiner Praxis Kostproben gegeben, darunter Allergiker, die mit Magen-Darmproblemen auf Futtermittel reagieren. Es war keiner dabei, der sich auf das Futter stürzte und es nicht gut vertragen hat.
Wie reagieren eigentlich Ihre Stammgäste von früher auf Ihr neues Projekt?
Reinhard G.: Viele von ihnen haben ja Hunde. Aber sie fragen dennoch: „Wie? Hundefutter? Das machst du wirklich?“ Ich fühle mich da ja fast geschmeichelt. (lacht) Ich freue mich, wenn es den Hunden schmeckt. Wenn der Hund zufrieden ist, ist es das Herrl auch.
Hätten Sie sich das je gedacht?
Reinhard G.: Nein, aber in der Pension ist es etwas anderes.

Reinhard Gerer, Bettina Prodinger, Nathalie Gerer und Johannes Lusak im Gespräch mit Kurier-freizeit-Chefredakteurin Marlene Auer

©Kurier/Jeff Mangione
Wieso nur für Hunde, nicht für Katzen?
Nathalie G.: Katzen sind sehr wählerisch, das ist eine eigene Wissenschaft. Da wird zum Beispiel leider auch mit Lockstoffen und Zucker im Futter gearbeitet. Das passt nicht zu der Art, wie wir kochen.
Lusak: Es kommen auch keine Angebote für andere Haustiere. Wir konzentrieren uns auf Hunde, werden da saisonal zusätzliche Frischfutter-Menüs anbieten. Als Nächstes kommen handgemachte Hundekekse und Hundeleckerlis.
Reinhard G.: Wir haben bei dem Hundefutter auch lange herumgetüftelt. Über ein Jahr.
Gab es Ideen, die nicht umsetzbar waren?
Reinhard G.: Ich hätte Kutteln verarbeitet.
Nathalie G.: Aber da hätten wir ein Geruchsproblem beim Endkunden. Es riecht recht heftig.
Reinhard G.: Leber war eine weitere Idee. Die haben wir beim Rind dabei, aber nicht separat.
Prodinger: Innereien sind generell für Hunde gesund, wenn sie in der richtigen Menge verabreicht werden.
Haustierbesitzer wissen: Wenn man dem Tier einmal besonders gutes Futter hinstellt, frisst es möglicherweise anderes nicht mehr. Was dann?
Prodinger: Man sollte schon immer bei einer Art von Futter bleiben. Entweder Trocken- oder Nassfutter. Und bei einer Marke bleiben. Gerade für Allergiker-Hunde ist es sehr schlecht, wenn gewechselt wird.
Lusak: Unsere Hundedelikatessen kann man über unseren Onlineshop (bellaundwaldemar.at, Anm.), bei ausgewählten Fachgeschäften, Tierärzten oder Tierkliniken bekommen. Die Preise liegen abhängig von Sorte und Portionsgröße zwischen 6,90 € für 250 g und 11,90 € für 800 g. Es haben sich sogar Gasthäuser bei uns gemeldet, die unser Futter beziehen wollen. Dann wird es dort für die Gäste, aber auch für deren Hunde ein Essen geben. Die Liste mit unseren Vertriebspartnern ist auf unserer Webseite zu sehen.
Gasthäuser haben es derzeit nicht gerade leicht, viele müssen wegen Teuerung und Personalnot schließen.
Reinhard G.: Ja, aber ich bemerke, dass der Zulauf zu Gasthäusern wieder stärker wird. Doch wenn ein Schnitzel über 30 Euro kostet, ist das schon sehr teuer. Es kommt darauf an, wie es sich politisch und wirtschaftlich weiterentwickelt. Gibt es wieder mehr Lieferanten, wird auch der Preis für die Zutaten wieder sinken. Aber wir bleiben auf einem hohen Niveau. Wir hoffen alle, dass es sich normalisiert.
Für Sterneküche kann es sich momentan also erst recht nicht mehr rechnen. Oder?
Reinhard G.: Schwer. Sehr schwer.
Nathalie G.: Oder wir bekommen hier Preise wie in Frankreich. Das ist dann aber nur noch für ein ganz kleines Klientel bezahlbar.
Reinhard G.: Es muss sich die allgemeine Einstellung zum Essen verändern. In Frankreich wird gerne Geld für gutes Essen bezahlt.
Aber wenn man es sich nicht leisten kann?
Reinhard G.: Dann wird woanders gespart, aber nicht beim Essen oder der Qualität der Zutaten. Doch auch bei uns hat es sich schon ein wenig verändert, durch Hilfe der journalistischen Aufmerksamkeit auf das Thema Kulinarik. Es gibt auch viele Veranstaltungen dafür, die Bedeutung allgemein zu heben.
Nathalie G.: Es ist auch ein Lifestyle-Thema geworden. Die Menschen entscheiden bewusster, wofür sie Geld ausgeben. Gutes Essen, regionale Zutaten, von denen man weiß, woher sie kommen und wie die Tiere behandelt werden, wird immer wichtiger. Das gilt auch immer mehr für Hundefutter.
Lusak: Außerdem ist man weniger beim Tierarzt, wenn das Futter hochwertig ist. Wie beim Menschen: gute Ernährung hält gesünder.
Prodinger: Hunde sind auch Partner, dafür wird bewusst Geld ausgegeben. Gerade in Coronazeiten hat man das gesehen.
Wird an weiteren Rezepten getüftelt?
Reinhard G.: Ja. (lacht) Es gibt ja ständig Rückmeldungen und Ideen dafür. Saisonale Serien sind eine solche, etwa mit Wild im Herbst. Da schauen wir gerade, wie wir da die Kurve kriegen.
Kochen Sie dann auch wieder einmal für Menschen?
Reinhard G.: Ein eigenes Lokal wird es nicht mehr geben. Aber des Öfteren bin ich bei Freunden zum Kochen eingeladen, das ist für mich eine willkommene Abwechslung. Die Fadesse einer Pension kann man sich ja gar nicht vorstellen. Ich bin froh, wenn das Telefon klingelt. Und es ist schön, dass meine Kochkunst noch so gefragt ist.

 

Mehr Infos sowie Webshop zum Hundefutter: bellaundwaldemar.at

Marlene Auer

Über Marlene Auer

Chefredakteurin KURIER-freizeit. War zuvor Chefredakteurin bei Falstaff und Horizont Österreich, werkte auch als Journalistin im Bereich Chronik und Innenpolitik bei Tages- und Wochenzeitungen. Studierte Qualitätsjournalismus. Liebt Medien, Nachrichten und die schönen Dinge des Lebens.

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