Wie sich die Flughafen-Gastro verändert hat und wo man besonders gut isst
Es gibt gute Gründe, warum die Flughafen-Gastro neue Höhenflüge anstrebt. Große Namen ergänzen ihre Innenstadt-Adressen um Terminal-Standorte.
"Es ist ein weiteres Souvenir ihrer Reise. Die Besucher gehen anders, als sie gekommen sind." So beschreibt man beim niederländischen Designstudio „Marcel Wanders“ die neue VIP-Lounge am Flughafen Amsterdam-Schiphol. Den Designern ist hier etwas geglückt, das man als ein Gefühl von Angekommen-Sein beschreiben kann – und das während man unterwegs ist. Samtig-weiche Materialien, warmes Licht und ein Best-of der Kunst und Kultur lokaler Größen. Wer das VIP-Zentrum betritt, könnte glauben, er sei in der bekannten Amsterdamer Rijks-Galerie gelandet. Spannend: Die Kunstwerke werden digital präsentiert, das liegt definitiv im Zeitgeist. "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" ist dabei das vielleicht bekannteste Motiv.
Auch die „Vienna Lounge“ im Terminal 2 in Wien-Schwechat kann sich absolut sehen lassen – und zwar auf 2.400 m². Hier für ein paar Stunden einzuchecken lohnt sich, insbesondere wenn es mal wieder etwas länger dauert mit dem Boarding. Die Lounge, die einen unterhaltsamen Blick aufs Vorfeld bietet, ist fraglos das Highlight im Terminal 2, der 2022 nach zweijährigem Umbau finalisiert wurde. Man hat aber durchaus noch andere Möglichkeiten, etwa das Kombi-Lokal der zwei Wiener Szenegrößen "Veganista" und "The LaLa". Zum Start präsentierte man die "Veganista Come Fly With Me Collection", unter anderem mit der Eissorte Bloody Mary. Eine charmante Referenz zum Über-den-Wolken-Klassiker.
Ein Dinner am Flughafen
Im Terminal 3 erwartet sogar ein sehr bekannter Gastgeber die Reisenden – und wenn sie nur aus der Innenstadt Wiens kommen. "Wolfgang Puck Kitchen + Bar" bringt den Auswanderer zurück in die österreichische Hauptstadt, zumindest sein Konzept. Derzeit gibt’s das Flughafen-Parkticket sogar oben drauf, wenn man sich einen Abend bei Puck gönnt. Das hätte sich früher wohl kaum einer vorstellen können: fürs Dinner zum Flughafen statt in die Tuchlauben.
Für manche mag das noch recht avantgardistisch anmuten, in anderen Städten ist es aber längst Usus, am Flughafen "groß essen zu gehen" beziehungsweise auf gleich bleibende Qualität zu setzen. "Wenn ich in Heathrow bin, gehe ich immer gleich zu Gordon Ramseys Restaurant Plane Food", erklärt etwa Tourismus-Berater Pierre Nierhaus, der über 100.000 Meilen im Jahr zurücklegt, auf der Jagd nach den neuesten F&B-Innovationen. "Ich bin ein pragmatischer Reisender", skizziert er sein eigenes Profil. "Und: ein Fan der Lufthansa-Star-Alliance Lounges, etwa in Frankfurt oder NYC." Am liebsten ist Nierhaus aber ein Craftbeer von "Mikkeller" in Kopenhagen.
Es gibt mittlerweile alles. Champagner und Austern an der Bar, etwa von "Caviar House & Prunier", zum Beispiel in London-Gatwick. Auch Jamie Oliver ist hier zu finden. Oder wie wär’s mit dem angeblich besten Döner Münchens von "Oliva" in der Ankunftsebene des Terminals 2. Und in Berlin mit einer Currywurst am Imbiss-Stand "EsS-Bahn" in Form eines Trailers vor Terminal 2 des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg.
Charmante Gastroprojekte, die im Big Business Flughafen-Gastro herausstechen. Dass das Geschäft wieder anzieht, ist bekannt. 2021 haben die Flughäfen weltweit 4,6 Milliarden Passagiere verzeichnet, ein Anstieg um 28,3 % zu 2020 – aber auch ein Rückgang im Vergleich zu 2019; und zwar um fast 50 %. Noch! Nur ein Beispiel: Im Juli 2022 wurden in Wien-Schwechat 2,8 Millionen Passagiere gezählt – das entspricht 87,7 % des Vorkrisenniveaus. Auch im November blieben die Passagierzahlen relativ hoch: Die Zahlen stiegen mit knapp 1,9 Millionen Reisenden um über 68,8 % am Standort Wien gegenüber November 2021.
Die Richtung ist also klar und die Anforderungen an die Gastronomie steigen. Allerwelts-Design und -Küche sind bei Kosmopoliten wenig gefragt. Und kaum einer möchte sich ein Nudelsnack-Packerl mit an Bord nehmen und die Flugbegleiter um heißes Wasser bitten – auch wenn das als Tipp online kursiert. Da ist es interessanter, was Nierhaus berichtet, der zum Zeitpunkt des Interviews gerade aus Los Angeles retour kam. "Dort kann man sich das Essen direkt ans Gate liefern lassen", berichtet der Deutsche. "AtYourGate" nennt sich das am LAX und wurde auch schon in Europa vereinzelt getestet. Ob die Idee abhebt – man wird es erleben.
Kommentare