Was es mit orangefarbenen Weinen auf sich hat
Weine aus dem Burgund könnten sich ob ihrer notorisch steigenden Preise eigenhändig vom Markt drängen.
"Ab und zu gestatte ich mir eine Erregung", bekundete Thomas Bernhard einst. Konnte sich der begnadete Schriftsteller noch kunstvoll über die Abgründe der Menschheit erregen, taten das seine Landsleute später meist weniger virtuos wegen Nichtigkeiten. Was konnte sich etwa in der Weinszene so mancher darüber erzürnen, dass scheinbar aus dem Nichts neben weißen, roten oder rosé-farbigen auch orange Weine auftauchten – während andere ob des Zorns derer Gift und Galle spuckten. Weißweine, die wie Rote mit Schale vergoren und nicht wie üblich vorher abgepresst wurden, gerieten zum Auslöser erbitterter Grabenkämpfe.
Kern des Zwists sind die in den Schalen enthaltenen Gerbstoffe, die den Geschmack maischevergorener Weißweine prägen. Statt süßer Frucht beherrschen zart-herbe Aromen das Geschmacksspektrum. Was die eine Fraktion entzückte, schien der anderen eine Geißel Gottes. Leuchtete es orange aus dem Glas, sahen wertkonservative Trinker nicht selten rot. Das Entsetzen hat sich gelegt, das gegenseitige Unverständnis blieb. Für viele ist Maischegärung eine Geschmacksmanipulation wie für andere Aromahefen aus der Abteilung "Pimp your Wine". Nach anfänglicher Experimentierlust, scheinen nun jene Winzer bei der Methode festzuhalten, die das auch ernst nehmen. Dabei gibt es inzwischen unendlich viele Nuancen, die man mit aufgeschlossenem Gaumen zu unterscheiden lernte. Und es gibt naturgemäß Plunder und Schätze – genau wie bei allen anderen Weinen auch.
Kommentare