Flaschenpost: Gar keine tröge Traube
Wie Südtirol seinen ehemaligen Ruf als mediokrer Massenweinproduzent aufpoliert.
Ist der Ruf einmal ruiniert, könnte es sich zwar ungeniert leben lassen – allein, was bringt das, wenn man abgestempelt und ignoriert wird. So ergeht es auch mancher Weinregion, oft zu Unrecht. Südtirol etwa erholt sich nur langsam von seinem Ruf als mediokrer Massenweinproduzent, den man dort lange fabrizierte. Als Kalterer See wurden etwa belanglose rote Fruchtwässerchen abgefüllt, an denen sich bloß ahnungslose Touristen ergötzen konnten. Später sattelte man, wie in beinahe allen Weinregionen weltweit auf internationale Sorten wie Chardonnay, Cabernet, Merlot oder Pinot Noir um, die dann auch genauso schmeckten wie überall sonst.
Vor einigen Jahren entdeckte man die dann alten Hadern wieder – Vernatsch und Lagrein, erleben nun eine Renaissance. Insbesondere Vernatsch war punziert als tröge Traube, um die Weinauskenner einen großen Bogen machten.
Abseits der immer noch vorherrschenden großen Kellereien zeigen eigenständige Winzer wie Martin Gojer (Pranzegg) oder Urban Plattner (Weingut in der Eben), wie finessenreich und delikat Vernatsch sein kann. Auch der Nusserhof, bekannt für charaktervolle, autochthone Weine, beeindruckt mit seinem roten "Elda“ auf Vernatsch-Basis. Allseits belächelte Rebsorten wie der uralte Blatterle oder Underdogs wie Sylvaner und Müller Thurgau zeigen Grandezza, wenn man es ihnen ermöglicht. Christian Kerschbaumer (Garlider) aus dem Eisacktal räumt mit seinem Sylvaner in Italien sämtliche Preise ab. Nur in heimischen Weinkarten findet man derlei Preziosen kaum.
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