Hahn im Topf: So schmeckt der Junghahn zu Ostern
Seit heuer dürfen ein Teil der männlichen Küken länger leben: Auf dem oberösterreichischen Tretter-Hof werden die Junghähne zehn Wochen alt.
Bevor die Stalltüren in der Früh aufgehen, herrscht eine angespannte Ruhe – vergleichbar mit den Stunden vor dem Schulausflug. Doch dann wird’s lustig und die Action geht los: Tausende Bubenküken strömen auf die Wiese, bald werden sie ihre täglichen Ausflüge zwischen Löwenzahn, Gänseblümchen, Klee, Brennnessel, und Schmetterlingen genießen.
Die Hennen und ihre kleinen Brüder mit zartgelbem Flaum sind gerade erst ein paar Tage alt und Mitte März geschlüpft: In den kommenden Wochen dürfen sie die Wiesen im oberen Kremstal am Tor zum Nationalpark Kalkalpen erkunden.
"Es ist schön, dass wir so viele Küken aufnehmen können. Sie sind wie eine Horde Kinder: Hennen und Hähne lieben die Ausflüge ins Grüne – das ist das, was ihnen Spaß macht. Die Legehennen plustern sich auf, graben Löcher, suchen nach Würmern und genießen die warmen Frühlingstemperaturen. Würmer finden die Junghähne nicht ganz so spannend wie ihre Schwestern. Sie laufen lieber um die Wette oder spielen, wer am höchsten auf die Äste hinaufkommen kann", erzählt die Landwirtin Nicole Tretter.
Wintergarten bietet Schutz in der Nacht
Zehn Wochen bleiben die Junghähne der Rasse Sandy bei ihren Schwestern – bis dahin hat sich ihr Gefieder weiß verfärbt: zu fressen gibt es Weizen, Mais, Soja, Karotten und Kräuter. Zum Zeitpunkt des Schlachtens wiegen die jungen Herren ein Kilogramm und sind ähnlich groß wie ihre ein Jahr alten Schwestern.
Der Tretter-Hof bezieht seine Küken von den Eiermachern aus Kremsmünster, nur zehn Minuten von der Landwirtschaft entfernt. Alle Ställe – auch jene drei Ställe der 8.000 Schwestern – haben einen Zugang zu einem Wintergarten, der rund um die Uhr geöffnet ist.
"So können sie auch nachts hinaus und sind sie vor Klima und natürlich Füchsen gut geschützt." Regen, Wind und Hitze mögen die Vögel nicht und verbringen ihre Freizeit dann lieber im Wintergarten als auf den Wiesen.
Schlachtalter nach 10 Wochen erreicht
Familie Tretter entschloss sich bereits vor sieben Jahren im Rahmen des Projekts "Bruderhahn" auch männliche Küken großzuziehen: "Für uns war es selbstverständlich, dass jede Henne einen Hahn braucht."
Voller Tatendrang planten sie auf dem 250 Jahren alten Bio-Bauernhof im Süden Oberösterreichs einen eigenen Stall für die Junghähne. Das war und ist keinesfalls selbstverständlich: Für die Fleischindustrie sind männliche Küken uninteressant, weil die männlichen Tiere mehr fressen und weniger schnell Fleisch ansetzen.
1,6 Millionen Küken landeten daher jedes Jahr in Österreich in der Tierkörperverwertung – seit 1. Jänner ist das passé. Im ganzen Land sollen Bubenküken nur noch in heimischen Zoos verfüttert oder als Junghähne aufgezogen werden und mittelfristig eine frühe Ei-Geschlechtserkennung umgesetzt werden.
Der Geschmack unterscheidet sich nicht von Hendln
Das bissfeste Fleisch braucht ein wenig länger beim Kochen und Braten, eignet sich aber sehr gut für Paprikahendl sowie für Schmorgerichte wie Coq au Vin im Ofen: Für eine fünfköpfige Familie zu Ostern würde die Landwirtin zwei Junghähne empfehlen, wenn es noch Beilagen wie Gemüse gibt.
Wer lieber auf Gläser setzt: Der Bio-Hof Achleitner hat ein Sugo im Programm, Denns Biomarkt führt in Wien eine eigens produzierte Bolognese.
"Hähne nehmen zwar nicht viel an Gewicht zu, aber das Fleisch schmeckt genauso gut wie jenes von Hendln. Der einzige Unterschied ist die Konsistenz: Weil die Hähne sich so viel bewegen, ist das Fleisch mit Muskeln durchzogen. Unsere Kinder lieben Geschnetzeltes vom Hahn mit Reis – und Kinder sind sehr ehrliche Kritiker."
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