Bleu de Termignon: Der Käse, der die fränzösische Käseindustrie retten kann?
Seit Jahrzehnten leidet die französische Käseindustrie unter der Einschränkung der Artenvielfalt von Pilzvariationen. Die Entdeckung einer neuen Sorte verspricht Hoffnung.
Die Käseproduktion in Frankreich ist bereits seit Jahren auf einem Weg der Gefährdung. Der Grund? Einschränkungen und Standardisierungen in der Käseindustrie schränken die Diversität von Käsekulturen ein – so auch die des typischen Camembert, dessen Kulturen beispielsweise dadurch gefährdet werden, dass der Käse mittlerweile für Konsumenten in der appetitlichen weißen Farbe gezüchtet wird. Die Entdeckung des Bleu de Termignon könnte nun allerdings zur Rettung der Blauschimmelkäseindustrie in Frankreich führen.
Eine neue Käsesorte, die bisher nur auf wenigen Bauernhöfen in Frankreich hergestellt wird, hat das Licht der Welt erblickt – die gleich darauf in heller Aufregung über den Käse ist. Warum? Der Termignon Bleu entwickelt auf natürliche Art und Weise einen blaugrünen Schimmel. Das scheint auf den ersten Blick noch nichts Besonderes zu sein, offenbar einfach eine neue Pilzart, aus die Schimmelfärbung stammt. Trotzdem ist die Entdeckung der wilden Population des Pilzes Penicillium roqueforti ein Hoffnungsschimmer.
In den letzten Jahrzehnten wurde in der französischen Käseindustrie mehr und mehr auf eine Produktion für die Massen gesetzt. Um den Käse möglichst ansprechend zu züchten, hat man wie bei anderen Lebensmitteln auf bestimmte Merkmale gesetzt: Die typischen Farben des Blauschimmelkäses wurden beispielsweise mithilfe von Albino-Genen durch eine weiße, reinere Färbung ausgetauscht. Durch die immer strengeren Standards der Lebensmittelindustrie bei der Pilzauswahl wurde nach und nach die mikrobielle Vielfalt eingeschränkt. Jeanne Ropars, die mit ihrem Team für die Entdeckung der neuen Käsesorte verantwortlich ist, erklärt gegenüber CNRS News: "Wir konnten diese unsichtbaren Organismen genauso domestizieren wie Hunde oder Kohl. Aber was passiert ist, wie jedes Mal, wenn ein großer oder kleiner Organismus einer allzu drastischen Selektion unterzogen wird, ist, dass seine genetische Vielfalt stark reduziert wurde. Bei der Arbeit mit Mikroorganismen war den Käseherstellern nicht bewusst, dass sie ein einzelnes Individuum ausgewählt hatten, was auf lange Sicht nicht nachhaltig ist."
Die Forscherin berichtet weiterhin, dass von der Pilzart Penicillium roqueforti bisher nur vier Populationen weltweit bekannt waren. Zwei davon sind 'wilde' Populationen, die beispielsweise bei der Verrottung von Früchten eine Rolle spielen, zwei weitere werden bei der Käseproduktion verwendet. Wiederum eine von den domestizierten Arten kommt nur bei der Fermentierung von Roquefort zum Einsatz und die andere bei der Herstellung von Blauschimmelkäse.
Tatiana Giraud, die ebenfalls Teil des Teams um Ropars ist, fügt hinzu: "Lange Zeit haben sie ihre eigenen P. roqueforti-Stämme 'gezüchtet‘, aber jetzt kaufen sie ihre Fermente meist direkt von großen Sporenproduzenten, die die gesamte Lebensmittelindustrie beliefern.“ Dadurch entstehen schädliche Mutationen im Genom, wodurch es zur Unfruchtbarkeit vieler Pilzarten kommt. Giraud erklärt, dass solche Mutationen durch sexuelle Fortpflanzung der Pilze vermieden werden könnten. Diese Art der Fortpflanzung sei aber immer mehr und mehr eingestellt worden. Die Entdeckung der neuen Artenvariation bringt also Vielfalt in den Fermentierungsprozess für Blauschimmelkäse.
Auch für den Camenbert, der sehr unter der Domestizierung in der Lebensmittelindustrie leidet, könnte man ähnlich vorgehen. Giraud betont auch hier, dass es für die nötige Vielfalt unbedingt die sexuelle Fortpflanzung zwischen Individuen mit unterschiedlichen Genomen braucht.
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