Online vs. Offline: Warum Fremde online ein anderes Bild von uns haben

Im Internet kann jeder sein, wer er will. Hinter einem anonymen Profil kann man sich leicht verstecken. Eine neue Studie enthüllt, wie stark die Diskrepanz zwischen den wahrgenommenen Persönlichkeiten ist.

Fast jeder Mensch weltweit nutzt inzwischen Social-Media-Plattformen. Laut einer aktuellen Statistik ist die weltweite Zahl der User auf rund fünf Milliarden geklettert. In Österreich sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung in den sozialen Medien aktiv.

Dass mit der vermehrten Social-Media-Nutzung aber auch negative Folgen für Individuen und Gesellschaft einhergehen, haben viele Wissenschaftler in den vergangenen Jahren untersucht. Viele Studien zeichneten dabei ein düsteres Bild, wenn es um den Effekt der Plattformen auf die mentale Gesundheit ging. 

Warum die sozialen Medien Menschen schaden können und warum die Internetpersönlichkeit anders wahrgenommen wird. 

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Was euch erwartet:

  • Die Auswirkung von Social Media auf die Psyche

  • Fremd- vs. Eigenwahrnehmung 

  • Wie sich die Wahrnehmung verschiebt 

Die Auswirkung von Social Media auf die Psyche

Facebook, Instagram, TikTok oder Snapchat – ganz egal, wie die Plattformen heißen, sie alle dienen demselben Zweck Menschen miteinander zu verknüpfen.  Sie sollen Menschen trotz großer Distanz einander näherbringen. Doch umso mehr Zeit Personen mit diesen Apps verbringen, desto schlechter geht es ihnen – zumindest laut Studien.

Wissenschaftler der Universität Arkansas und Pittsburgh haben knapp 1.300 Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren über sechs Monate hinweg begleitet und haben dabei untersucht, wie Depressionen und die Social-Media-Nutzung zusammenhängen. Es zeigte sich, dass 990 Personen, die zu Beginn der Studie keine depressiven Symptome hatten, nach den sechs Monaten anfingen, derartige Merkmale auszubilden. Demnach gehen die Wissenschaftler von einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Intensität der Nutzung von sozialen Medien und dem Auftreten von Depressionen aus. 

Eine andere Langzeitstudie der Universität Montreal, an der etwa 4.000 Teilnehmer über vier Jahre beteiligt waren, kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Ihre Untersuchung zeigte, dass je mehr Zeit Probanden mit Social Media verbrachten, sie umso stärkere depressiven Symptome entwickelten. 

Warum uns Social Media so negativ beeinflusst liegt laut Forschung an fünf Faktoren:

1. Der Vergleich mit anderen: Demnach scheinen ungünstige Effekte bei der Nutzung durch soziale Vergleiche begünstigt zu werden.

 

2. Das Nutzungsverhalten gleicht der aktuellen Stimmung: Menschen suchen nach Inhalten, die ihre Laune widerspiegeln.

 

3. Zeitaufwand für das Bespielen der Kanäle: Umso mehr Zeit für soziale Medien aufgebracht wird, desto weniger bleibt für andere Aktivitäten.

 

4. Reizüberflutung: Untersuchungen der Universität Wien zeigen, dass empfundene Reizüberflutung durchaus in Zusammenhang mit Depressionen gebracht werden kann, da sie unter anderem das Wohlbefinden reduzieren.

 

5. Suche nach Likes: Bei Likes und Co. werden Glückshormone freigesetzt. Man spricht hier von einer internetbezogenen Störung, wenn Personen die Kontrolle über ihr Internetverhalten verlieren und andere Interessen oder Pflichten gänzlich vernachlässigen.

Fremd – vs. Eigenwahrnehmung 

Die Nutzung von Social Media kann sich aber nicht nur negativ auf die eigene Psyche auswirken. Auch die Wahrnehmung anderer auf uns wird dadurch beeinflusst. Laut einer neuesten Studie der Cornell University, bei der Facebook-Statusmeldungen analysiert wurden, können Menschen aus unseren Social-Media-Beiträgen falsche Eindrücke über uns gewinnen. 

Was zunächst wenig überraschend klingt, löst in der Forschung Diskussionen aus. So ergab die Untersuchung, dass es zu Diskrepanzen kommt zwischen der Art, wie Zuschauer und sie selbst das Profil in Bezug auf Persönlichkeitsmerkmale wahrnehmen. 

Wie sich die Wahrnehmung verschiebt 

Demnach bewerteten Außenstehende die Nutzer im Durchschnitt als weniger selbstbewusst, als die User sich selbst einschätzen. Auch zeigte sich, dass Facebook-Statusaktualisierungen bei Nutzern Wahrnehmungen erzeugen, die im Offline-Kontext mit kulturellen, geschlechterspezifischen und ethischen Stereotype übereinstimmen. So wurden weibliche User als extrovertierter eingestuft als männliche. Und asiatischen Personen, wurde mehr Bescheidenheit nachgesagt als anderen. 

"Der Eindruck, den Menschen aufgrund unserer Beiträge in den sozialen Medien über uns gewinnen, kann sich von der Art und Weise unterscheiden, wie wir uns selbst sehen“, so Qi Wang, Professorin für Psychologie. Insgesamt biete die Studie einen Einblick, wie Außenstehende durch isolierte Fragmente wie Posts oder Statusmeldungen eine Identität konstruieren. 

Laut Wang würde diese konstruierte Identität bei Betroffenen möglicherweise keinen direkten Schaden anrichten. Allerdings könnten die Bemühungen, Kommunikation und Beziehungen zu fördern, behindert werden. "Wenn die Sicht der Menschen auf uns ganz anders ist als die, die wir tatsächlich sind oder wie wir wahrgenommen werden möchten, könnte das unser soziales Leben und unser Wohlbefinden beeinträchtigen.“

Künftig sollen weitere Untersuchungen stattfinden, die mit größeren Stichproben durchgeführt werden. 

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