Neuer "Tatort" aus Wien: Eine Stille, die schmerzt
„Alles was Recht ist“ ist ein beklemmender wie spannender Fall, in dem auch der Inkasso-Heinzi seinen Beitrag zur Aufklärung leistet (ORF2/20.15).
Nach nur wenigen Minuten ist der Fall schon wieder gelöst: Täter, Tatwaffe, Motiv, alles da. Auch der Täter ist geständig. Er hat sogar selbst die Polizei verständigt und sitzt, als die Beamten samt Spurensicherung am Tatort eintreffen, immer noch auf der Couch und hält den Kopf seiner Frau, die er kurz davor getötet hat. Neben ihnen liegt die beste Freundin. Ebenfalls tot. Beide erstochen von Stefan Weingartner (großartig: Johannes Zeiler).
Obwohl alles auf einen eindeutigen Schuldspruch hindeutet, kommt es anders. Denn Weingartners Anwalt gelingt es, dass die Schöffen des Gerichts den überaus korrekten und tief gläubigen Täter als unzurechnungsfähig einschätzen. „Schuldunfähig“, lautet das Urteil. Weingartner (Johannes Zeiler) wirkt darüber eher erschüttert als erleichtert. Dann wird sein Anwalt an seinem Schreibtisch erschossen.
Und Weingartner? Der verschwindet spurlos.
Es ist eine von vielen Abzweigungen, die dieser gelungene, weil enorm beklemmende und bis zum Schluss spannende „Tatort“ mit dem Titel „Alles was Recht ist“ nimmt (20.15/ORF2). „Ich weiß nicht, ob wir schon jemals so einen Fall hatten“, sagt Adele Neuhauser im KURIER-Interview. „Es stellt sich nämlich die Frage: Stimmt alles mit unserem Rechtssystem? Ist es rechtens, dass jemand, der einen Doppelmord begangen hat, freikommen kann?“, fragt sich die Schauspielerin.
Femizid
Dass es sich bei den beiden Todesopfern um zwei Frauen handelt, spiegelt die traurige Realität wider: Alleine in Österreich wurden vergangenes Jahr 29 Frauen umgebracht. Die mutmaßlichen Täter waren fast immer Menschen, die ihnen besonders nahestanden: der Ehemann, der Ex-Partner. Und sie waren in jedem dieser Fälle Männer.
Was läuft da falsch?
„Das kann ich nicht genau sagen. Aber es ist immer auch eine Sache der Erziehung. Ich glaube, dass es da noch einiges an Aufklärungsarbeit und Hilfestellung bedarf. Das Aggressionspotenzial vieler Männer ist einfach viel zu hoch.“
Im Falle des Täters im neuen Austro-„Tatort“ war eine persönliche Kränkung der Auslöser für den Doppelmord: Der Beamte Stefan Weingartner kommt krankheitsbedingt zum ersten Mal in 27 Dienstjahren (!) früher von der Arbeit nach Hause. Am Weg versucht er mehrfach, seine Frau zu erreichen, damit sie ihn wo aufglaubt. Vergebens. Als er total fertig zu Hause ankommt, köpft seine Frau mit einer Freundin gerade eine Flasche Sekt und berichtet vom letzten Treffen mit dem Liebhaber: „Schon wie er mir den Bademantel ausgezogen hat, war ich total feucht. Wir haben es dann in jedem Zimmer getrieben, in jeder nur erdenklichen Stellung…“ Ihr Mann hörte dieses Gespräch (unfreiwillig) mit. Es sind Worte, die seine Welt zusammenbrechen lassen. Der Rest ist bekannt.
„Johannes Zeiler spielt den Täter großartig. Man nimmt ihm das alles ab, fühlt sogar mit ihm mit. Das macht die Sache ja auch so gruselig. Es ist ein ,Tatort’, der eine schmerzliche Ruhe ausstrahlt, eine Ruhe, die beim Zusehen richtig weh tut.“
Das Drehbuch stammt vom Autoren-Duo Robert Buchschwenter und Karin Lomot. Umgesetzt wurde „Alles was Recht ist“ von Regisseur Gerald Liegel, der damit sein „Tatort“-Debüt abliefert.
Dieses beinhaltet auch die (erfreuliche ) Rückkehr von Inkasso-Heinzi, wie immer großartig verkörpert von Simon Schwarz: „Ich liebe diese Figur und schätze auch Simon Schwarz sehr. Es war wichtig, dass er jetzt wieder einmal dabei war. Er tut nämlich nicht nur der Bibi, sondern auch dem Moritz gut. Mal sehen, was den Autoren dazu noch so alles einfällt“, sagt Neuhauser.
Neuer Dreh
Beim aktuellen Fall, der gerade in Wien gedreht wird, muss Neuhauser aber wieder auf „ihren“ Inkasso-Heinzi verzichten. Der neue „Tatort“ mit dem Titel „Kreisky ist tot“ kommt nämlich ohne ihn aus. Regie führt zum ersten Mal Evi Romen. Für die Filmmusik zeichnet die titelgebende Wiener Indie-Rock-Band Kreisky verantwortlich, die auch einen Gastauftritt haben wird.
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