Lykke Li singt mit gebrochenem Herzen und der Frequenz der Engel

Die schwedische Singer/Songwriterin liefert mit ihrem neuen Album „Eyeye“ ein melancholisches Meisterwerk

„Die Corona-Zeit war herrlich für mich – wie ein Retreat, nach dem man die Dinge klarer sieht.“

Lykke Li, die in Los Angeles lebende schwedische Singer/Songwriterin, hat die Pause während der Pandemie genossen. „Ich hatte davor ja nie einen Sommer zu Hause, weil ich in der Festival-Saison immer auf Tour gewesen bin“, erzählt sie im KURIER-Interview. „Während der Lockdowns konnte ich viel Zeit mit meinem Sohn verbringen. Ich habe gelesen, meditiert, meine Fitness trainiert und sehr, sehr viel nachgedacht.“

Auch Musik hat die 36-jährige, die vor zehn Jahren mit dem später von Triggerfinger gecoverten Hit „I Follow Rivers“ bekannt wurde, in der Zeit gemacht. Soeben ist das Resultat, das Album „Eyeye“, erschienen. Und das ist unter den genannten Umständen „sehr persönlich und intim“ geworden.

Anders als auf früheren Alben, bei denen Li diverse Stile von Trap bis Filmmusik erforschte, bleibt sie hier bei einem auf das Notwendigste reduzierten Sound, begleitet ihr gewohnt melancholischen Melodien mit Gitarre, Percussion und Keyboards. Hauptthema ist wie immer bei der zierlichen Musikerin die Liebe. In diesem Fall ist es die Trauer um das Ende ihrer Ehe mit dem amerikanischen Musikproduzenten Jeff Bhasker.

„Ich habe das Thema immer sehr romantisch behandelt“, sagt sie. „Aber diesmal habe ich über all die chemischen Prozesse nachgedacht, die Hormone, die ausgeschüttet werden. Auch darüber dass Liebe wie eine Droge oder eine Obsession ist und all das zyklisch auftritt.“

Für die Musik hat sich Li selbst Regeln gesetzt. Es gab keine Click-Tracks, denn „ das Leben ändert das Tempo, also muss es auch die Musik tun“. Es gab keine digitalen Instrumente und alles, was auf „Eyeye“ elektronisch klingt, ist mit Effektpedalen für die elektrische Gitarre gemacht.

„Ich wollte alles im Schlafzimmer aufnehmen. Einerseits, weil ich so mit dem Musikmachen begonnen habe, andererseits, weil ich eine Studio-Phobie habe. Ich kann auf den anderen Alben hören, wie angespannt ich klinge, weil es mich unter Druck setzt, wenn im Studio Leute um mich herum sind und auf meine Performance warten. Diesmal bin ich zu Hause am Boden gesessen, ungeschminkt und gerade aus der Dusche gestiegen, und habe diese Lieder gesungen. Ich wollte nackt klingen und die rohe Emotion einfangen.“

Das ist Li perfekt gelungen, rächte sich aber, als sie begann, das Album abzumischen. „Das hat fünf Monate gedauert, weil wir die ursprünglichen Zimmeraufnahmen retten wollten. Darauf waren aber neben meiner Stimme die Klimaanlage, die Vögel oder die Waschmaschine zu hören.“

Auch dass sich Li in der Corona-Zeit mit Symbolik und Numerologie beschäftigt hat, findet auf „Eyeye“ seinen Niederschlag. Nicht nur in den Texten: „Das Album ist 33 Minuten und 33 Sekunden lang, denn das ist, so sagt man, die Frequenz der Engel.“

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