Der Joker im roten Anzug steht im Scheinwerferlicht mit Harley Quinn mitten in einem dunklen Gerichtssaal

Die Geschichte des Joker: Wie sich der böse Witzbold verändert hat

Joaquin Phoenix sorgt als Joker im Film „Folie à Deux“ wieder für Chaos in Gotham City. Seit dem ersten Comic-Auftritt war er eiskalter Killer oder Schießbudenfigur.

Er würde die Welt mit einem teuflischen Lächeln untergehen lassen, wenn er nur könnte. Der Joker ist das Symbol für Wahnsinn und Grausamkeit. Glücklicherweise kann Batman einem der bösesten Bösewichte der Popkultur dann doch immer wieder mehr oder weniger erfolgreich die Suppe versalzen.

Anfang Oktober kommt mit dem Film „Joker: Folie à Deux“ der zweite Teil über die Vorgeschichte des Schurken, gespielt von Joaquin Phoenix, in die Kinos. Er trifft darin auf seine von Lady Gaga gespielte Harley Quinn. Es ist der Beginn einer Amour fou.

Schon im ersten Teil zeigte Regisseur Todd Philipps den Joker als tief verstörte Figur. Arthur Fleck ist bei ihm eine bemitleidenswerte Gestalt mit zwanghaften Lachanfällen, die von der Gesellschaft ignoriert und misshandelt wird. 

Sein psychischer Zerfall und die Suche nach Anerkennung führen zu einer extremen Transformation, in der er Chaos und brachiale Gewalt als Antwort auf seine Isolation wählt. Und das ist teilweise eine ziemlich harte Kost.

Die vielen Veränderungen des Joker

Die Figur des Jokers hat sich, seitdem es sie gibt, immer wieder verändert. Denn auch für Superschurken gilt: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Die Figur, die sich auf die gleichnamige Spielkarte bezieht, taucht erstmals im Jahr 1940 in einem Batman-Comicband auf. Zuvor musste sich der Fledermausmann rund ein Jahr mit Ungusteln herumschlagen, die so klingende Namen wie Dr. Death oder Hugo Strange hatten. Mit dem Joker trat eine Figur auf den Plan, die ebenso gerissen war wie der Held selbst. 

Bill Finger, Bob Kane und Jerry Robinson erschufen den Superschurken. Sie bedienten sich beim Aussehen der Filmfigur Gwynplaine aus „Der Mann, der lacht“ aus dem Jahr 1928. Bei Gwynplaine steht aber – ganz anders als beim Joker – innere Güte körperlicher Hässlichkeit gegenüber.

Nach seinen ersten Auftritten verwandelt sich der Joker bald vom kaltblütigen Henker in eine Witzfigur. Irgendwann wird er nur noch zu einem Ärgernis, bewaffnet mit Freudensummen und spritzenden Knopflochblumen.

Cesar Romero gibt hier einen Joker, der sicherstellt, dass der Familienabend vor dem Fernseher nicht mit Kindertränen endet. Strahlt sein kaltes Lächeln in dem frühen Comic-Beschreibungen keine Heiterkeit aus, so ändert sich das grundlegend.

Ein Polizist und Batman und Robin halten den Joker, der einen roten Frack trägt, in einer Zelle fest.

Diese knallige Serie aus den Sechzigern wurde Kult. Adam West war Batman,  Cesar Romero der Joker, der ständig zu blöden Scherzen aufgelegt war. 

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Die BBC beschrieb das einmal sehr treffend: „Als schallend lachender Pantomime-Bösewicht hat er wirklich Spaß an seinen ausgefallenen Plänen und abgedroschenen Wortspielen. Und da wir uns in den Swinging Sixties befinden, hat er einen Austin-Powers-ähnlichen Geschmack für abgefahrene Inneneinrichtung und schick gekleidete junge Frauen.“

Die Rückkehr des Bösen bei Frank Miller

In den Siebzigern ist eine Kursänderung notwendig. Und spätestens mit dem Comic-Großmeister Frank Miller wird der Joker ab 1986 wieder zu dem, was er sein sollte, ein Horror-Clown. In der wegweisenden Graphic Novel „Die Rückkehr des Dunklen Ritters“ legt sich ein ergrauter und zum Alkoholismus neigender Bruce Wayne wegen der steigenden Kriminalität im Moloch Gotham City wieder die Batman-Rüstung an. Das beflügelt den Joker zu immer neuen Schandtaten. Die beiden Widersacher bekämpfen sich bis aufs Blut. Schwer verletzt schmettert der Joker dem Rächer entgegen: „Sie werden dich töten ... und nie erfahren ... dass du es nicht konntest ...“

Wahnsinnig, wie er ist, bricht er sich schließlich durch Drehungen seine eigene Wirbelsäule, nur um Batman als Mörder dastehen zu lassen.

Ein weiterer Meilenstein ist „Lächeln, bitte!“ (im Original: The Killing Joke) aus dem Jahr 1988 von Alan Moore („Watchmen“ oder „V wie Vendetta“). Darin beschreibt er den Werdegang des Jokers – und wie ein Durchschnittsmensch durch tragische Ereignisse verrückt wird. Und ganz wichtig: „Batman und der Joker sind psychologisch gesehen Spiegelbilder“, erklärte Moore. 

Batman und Joker sind traumatisiert

Beide haben Traumata, die sie verrückt gemacht haben. Bei Batman war es der gewaltsame Tod der Eltern, beim Joker der Unfalltod seiner schwangeren Frau und der Sturz in eine Säure, während er von Batman gejagt wurde. Die Männer leben ihre Verrücktheit nur anders aus. Und offenbar verbindet sie eine Hassliebe: Der Joker nennt Batman „Liebling“ und „mein Süßer“.

Das Cover für den Comic-Band "The Killing Joke". Darauf schießt ein teuflisch aussehender Joker ein Foto.

Als Meilenstein gilt die Graphic Novel The Killing Joke (Lächeln, bitte!), aus der Feder von Alan Moore. Joker wird wegen tragischer Ereignisse zum Verbrecher.

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„Du machst mich erst vollkommen“, sagt auch Heath Ledgers Joker im Blockbuster „The Dark Knight“ aus dem Jahr 2008 zum Fledermausmann. Nur dass er hier keine leidende Figur ist. Vielmehr ist er ein gnadenloser, nihilistischer Chaos-Stifter, der an Geld oder Macht so gar nicht interessiert ist. Immer wieder erzählt er neue Versionen über sein Grinsen, das wohl auf Schnittwunden in den Mundwinkeln zurückzuführen ist.

Mit seinem schmierigen Aussehen und der ständigen Frage „Warum so ernst?“ ging der brutale Witzbold in die Filmgeschichte ein – und Ledger bekam nach seinem Tod im Jänner 2008 posthum den Oscar für den besten Nebendarsteller.

Heath Ledger als schmuddeliger Anarchist: Die Hare sind fettig, seine aufgemalte Maske ist verschmiert.

Damit ging er in die Filmgeschichte ein:  Heath Ledger als ungepflegter Anarchist. Er erhielt für seine Schauspielleistung posthum den Oscar.

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Dabei hatten einige Fans zuvor Bedenken, ebenso wie Jonathan Nolan, der gemeinsam mit seinem Bruder das Drehbuch schrieb. Er verriet dem Hollywood Reporter: „Keiner hat es verstanden, das Studio hat es nicht verstanden. Jeder kam auf Chris zu und sagte: ‚Wir sehen es nicht.‘“ Denn: „Es war nicht Jack Nicholson.“

Rekordgage für Hollywood-Star Jack Nicholson

Jack Nicholson hatte in Tim Burtons Retro-Gangster-Film „Batman“ Ende 1989 das Bild des Jokers maßgeblich mitgeprägt: eine Mischung aus Mafioso, Clown, Gentleman und Fürst der Finsternis. Und er wurde reich: Damals ungewöhnlich, ließ er sich am Einspielergebnis beteiligen. Nachdem der Film ein Erfolg war, strich Nicholson die Rekordgage von 60 Millionen Dollar ein.

Während der Dreharbeiten soll er sich in einer wilden Lebensphase befunden haben. Er sagte, er wolle mit seiner Rolle Kinder erschrecken. Dazu soll er viel vom schneeweißen Marschierpulver konsumiert haben. Das zumindest behauptete einmal ein Dealer gegenüber einem Hollywood-Blatt.

Der Joker in Tim Burtons Batman sieht aus wie ein Mafioso der 1930er. Hut, großes Sakko. Dazu hat er Blumen in der Tasche stecken. Sein Gesicht ist ganz weiß, sein Mund zu einem Lächeln verzogen

Er war eine Mischung aus Gentleman-Gauner, Witzbold und Mörder: Jack Nicholson  in Tim Burtons Batman aus dem Jahr 1989.

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Später war er wütend, dass er von Nolan nicht gefragt wurde. Wie er 2007 vor der bevorstehenden Veröffentlichung von „The Dark Knight“ MTV erzählte: „Sie haben mich nie nach einer Fortsetzung mit dem Joker gefragt. Ich weiß, wie man das macht!“ 

Jared Leto verschickte gebrauchte Kondome

Dass Wahrnehmungen auseinanderklaffen können, musste auch Jared Leto beim Film „Suicide Squad“ (2016) erfahren. Der hält ja wahnsinnig viel auf seine Schauspielkunst – und muss sich als Gesandter des Method Actings erst ewig lange in seine Rollen einleben. Leto sagte: „Der Joker ist jemand, der Dinge wie persönlichen Raum oder Grenzen nicht wirklich respektiert.“ Und danach handelte er auch.

Er schickte Co-Stars unter anderem benutzte Kondome. Die werden sich schön bedankt haben. Womöglich war das doch nicht die beste Herangehensweise. Letos Schauspiel kam nicht allzu gut an.

Jared Letos Joker sieht aus wie ein Gangsta-Rapper: Viele Tattoos und ein Grill im Mund

Schrecklich, aber nicht auf die gute Art: Jared Leto   verpatzte seine Rolle in „Suicide Squad“ gehörig. Auch der„Damaged“ -Schriftzug auf der Stirn machte wohl den Ruf kaputt.

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Dazu missfiel, dass sein Joker einen „Damaged“-Schriftzug auf die Stirn tätowiert hatte. Manche orteten eine Stigmatisierung psychisch Kranker. Regisseur David Ayer übernahm die Verantwortung. „Nicht jede Idee ist eine gute Idee“, schrieb er auf Twitter.

Bei den Fans erfolgreicher waren die Zeichentrickfilme der „Animated Series“. Hier wechselte „Luke SkywalkerMark Hamill auf die dunkle Seite der Macht und lieh dem Joker seine Stimme. 

Erst Folie à  Deux mit Harley Quinn

Und der dortige animierte Bösewicht bekam – noch vor den Comicbänden – ab 1992 erstmals Gesellschaft von Harley Quinn. Sie ist in den meisten Erzählungen eine durchtriebene Psychiatrie-Studentin oder -Medizinerin Harleen Quinzel, die dem Bösewicht während seiner Zeit in der Anstalt Arkham Asylum begegnet und in den Bann des Wahnsinns gezogen wird.

Ein Ausschnitt aus einem Zeichentrickfilm der "Animated Serie": Joker hält Batman eine Pistole entgegen, aus der eine Fahne mit "Bang!"-Schriftzug schießt. Harley Quinn mit Harlekinkostüm zielt auch auf den Superhelden.

Den ersten Auftritt hatte Harley Quinn im Fernsehen in „The Animated Series“. Dann kam die Psychiaterin auf Abwegen auch in den Comicheften vor.

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Was folgte, ist die wohl düsterste Liebesgeschichte, die Gotham City je gesehen hat – eine explosive Mischung aus Leidenschaft, Gewalt und Manipulation.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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