Italienischer Kaffee, Tacos und der Monsun geben Calexico Hoffnung
Joey Burns, Sänger der Band, spricht im KURIER über schöne Aussichten und das neue Album „El Mirador“
July 2021, Tucson in den USA: Es ist Monsun-Saison und in der Wüstenstadt regnet es – so viel wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1894.
Für Calexico-Frontmann Joey Burns, der Jahrzehnte in Tucson gelebt hat und mit seinen Freunden John Convertino und Sergio Mendoza dort gerade das eben erschienene Album „El Mirador“ aufnimmt, ist das etwas Positives.
„Ich bin Mitte 2020 nach Boise in Idaho gezogen, damit wir bei den Eltern meiner Frau sein können“, erzählt er im KURIER-Interview. „Als wir fuhren, gab es am Fuße der Berge überall kleine Brände. In Boise brannte dann der Wald so stark, dass es wegen der Rauchentwicklung ungesund war, aus dem Haus zu gehen. Da war es so schön, zu sehen, wie die Wüste vom Regen zum Leben erweckt wird. Das hat mir Hoffnung gegeben.“
Das Album „El Mirador“ transportiert diese Hoffnung. Einmal mehr haben Calexico damit eine einnehmende Fusion aus Latin-, Folk- und Rock-Elementen geschaffen und sie mit Einflüssen aus Jazz, Blues, Mariachi-Sounds und kubanischen Klängen gewürzt. Die verträumte, entspannte Stimmung des Albums kommt aber nicht nur von der aufblühenden Wüste.
„Wir waren nach der Pandemie das erste Mal wieder vereint in einem Raum“, sagt Burns. „Das war für mich wie ein Wunder. Sergio hat sich dort in seinem Haus ein Studio eingerichtet und wir haben die Songs geschrieben, Burritos, Tacos und Salate gemacht. John, der mittlerweile in El Paso wohnt, hatte seine alte italienische Kaffeemaschine aus 1958 mitgebracht und machte großartigen Kaffee. Es war fantastisch, wieder so zusammen Musik machen zu können.“
Deshalb sind die Inhalte der Songs stark von den Gesprächen der Freunde beim Wiedersehen beeinflusst, von dem, „was wir erlebt haben, was uns bewegt, wie Menschen als Gemeinschaft funktionieren und wie sehr wir Gemeinschaft brauchen“.
Wie immer packt Burns auch Nachdenkliches über die Umwelt und die Gesellschaft in seine Texte. Allerdings – ebenfalls wie immer – sehr poetisch in Storys und Reflexionen von Erlebtem gehüllt, anstatt als direktes Anprangern von Missständen formuliert.
Und auch da überwiegen die positiven Ansätze und Gedanken. „Deshalb heißt das Album ,El Mirador’. Das weist auf einen Ausblick von einer höheren Perspektive hin, auf einen Platz der Schönheit. Ich finde, dass wir so etwas brauchen. Speziell in Krisenzeiten gibt uns das die nötige Balance.“
Der Song „Liberada“ handelt von Missinformation, und dem Verdrehen von Fakten zum Zwecke der politischen Manipulation – inspiriert von beeindruckenden Erlebnissen in Kuba.
„Vieles dort ist so schön, aber verfallen. Wir haben vor Jahren in einem Studio aufgenommen, in dem ein Vibrafon stand, bei dem aber der Motor kaputt war. Wir haben ihn mit einer Basssaite notdürftig repariert. Das und die trotz allem ungebrochene Lebenslust der Kubaner, die dauernd so improvisieren müssen, gab mir die Zuversicht, dass Menschen – egal wie widrig die Umstände sind – immer den Willen und einen Weg finden, Dinge besser zu machen.“
Calexico auf Tour:
23. 4. Linz/Posthof
30. 4. Wien/MQ
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