Indie-Pop-Star Oehl besingt den Abschied von Familie und Privilegien

Im neuen Album „Keine Blumen“ beschäftigt sich der Wiener Musiker mit den Themen Tod und Abschied aber auch mit dem Scheitern

Es ist noch nicht lange her. Ein lieber Mensch aus der Familie von Ariel Oehl, dem Mann hinter dem Musikprojekt Oehl, liegt am Sterbebett und sagt: „Bringt mir keine Blumen. Das zahlt sich nicht mehr aus!“

Der Wiener Indie-Pop-Musiker, der 2020 mit dem auf Herbert Grönemeyers Label erschienenen Album „Über Nacht“ bekannt wurde, fand, das hatte Humor. Deshalb hat er ein Lied darüber geschrieben und das zum Titel-Song des Freitag erscheinenden zweiten Albums gemacht, bei dem sich alles um die Themen Tod, Sucht und Verlust dreht.

„Im Prinzip ist das Album eine einzige Entschuldigung an meinen fünfjährigen Sohn, dass ich ihm nicht diese unversehrte Welt anbieten kann, die ich ihm gern anbieten würde“, sagt Oehl im Interview mit dem KURIER. „Ich halte die Musik zwar immer leicht, dass man sie auch gut im Kaffeehaus hören kann. Aber die Texte haben bei mir oft Schwere. Und das hängt stark mit dem Vatersein zusammen.“

In dem Song „Bis einer weint“ geht es zum Beispiel um das Männerbild, das Oehl dem Filius vorleben will: „Ich achte sehr darauf, dass das nicht patriarchal und toxisch ist, denn mit diesem Männerbild bin ich aufgewachsen und sicher auch davon beeinflusst. Auf der anderen Seite wachsen Jungs heute mit YouTube-Werbung auf. Und da gibt es immer noch Clips, in denen es heißt: ,Du kannst deine Familie ernähren’, ,Du kannst das Sagen haben’, oder ,So wirst du wieder der Herr im Haus’.“

Ein Thema im Zusammenhang mit dem Vatersein, das in dem Song „Schönland“ anklingt, ist die Sorge um den Zustand und die Zukunft des Planeten.

„Man witzelt zwar und sagt: ,Dieser Sommer ist der kühlste deines restlichen Lebens’, aber eigentlich ist das überhaupt nicht lustig. Wenn ich mir vorstelle, wie es in 30 Jahren sein könnte, wenn mein Sohn so alt ist wie ich jetzt bin, ist das schon heftig. Vielleicht geht dann schon das Wasser aus. . . . “ Oehl bricht ab, weil er das nicht mehr weiter denken mag. Er gehe ja auch immer mit Hoffnung ans Musikmachen ran, sagt er dann.

Und dass er sich manchmal wundert, wie gut irrationale Hoffnung als Glaubenskonzept funktioniert: „Das Album soll schon auch ein Trost für Verabschiedungen aller Art sein – sei es von geliebten Menschen oder vom Abschied in gesellschaftlichem Sinn. Ich bin in den 90er-Jahren mit der scheinbaren ökologischen und wirtschaftlichen Endlosigkeit aufgewachsen. Aber das ist jetzt vorbei. Und das ist im schlimmsten Fall ein Abschied von gewohnten Lebensweisen und im besten einer von Privilegien.“

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