Zehn unbekannte Fakten über Tennis

Am Anfang war der grüne Rasen, die Sportart kommt wie Golf aus England und Ball wie auch Trikots haben weiß zu sein. Oder auch nicht.

1 / Mit Wimbledon bekam das heute übliche Tennisspiel seine Regeln zwar auf englischem Boden, der Vorläufer dieses Spiels aber stammt aus einem anderen Land. Im Norden Frankreichs frönten im 13. Jahrhundert in den Innenhöfen vieler Klöster Mönche einem Zeitvertreib, der dem späteren Tennis ähnelt. „Solch profane Tätigkeit der Ordensleute mag manchen wundern – zu Unrecht“, schreibt der deutsche Anglist Theo Stemmler in dem Buch „Vom Jeu de paume zum Tennis. Eine Kurzgeschichte des Tennisspiels“ (Insel Verlag, 1988). Denn: „Ab und zu hatte auch ein Mönchlein das Recht auf Urlaub von der benediktinischen Regel des Ora et labora.“ 

2 / Die zunächst übliche Bezeichnung „jeu de paume“ (Spiel mit der Handfläche) weist übrigens darauf hin, dass der Schläger erst spät seinen Weg auf das Centre Court fand. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wurde mit der Hand gespielt. Damit das nicht allzuviele Schmerzen bereitet, wurde diese bisweilen durch einen dicken Handschuh geschützt.

3 / Woher die Bezeichnung „Tennis“ stammt, ist nach wie vor nicht ganz sicher. Eine Theorie beruft sich auf ein Ballspiel, das in der altägyptischen Stadt Tinnis im Nildelta praktiziert wurde. Logischer hingegen erscheint die Ableitung vom „Tennis“ aus dem altfranzösischen Wort „tenez“ für „haltet“ oder „nimm an“. Vom Aufschläger gerufen, soll der Gegner dazu angehalten worden sein, in dieser Attacke den Ball zu halten bzw. anzunehmen. 

4 / Im Mittelalter war Tennis eine Angelegenheit für Mönche und Adelige. Aber schon im 16. und 17. Jahrhundert, bei Sporthistorikern auch als das Goldene Zeitalter des Tennis bekannt, entwickelte sich diese Sportart zum Volkssport.

5 / Schade, dass Österreich nach wie vor zu einer konstanten Form finden muss. Dabei fehlte es nicht an Gelegenheiten. Das in Wien 1525 begründete kaiserliche Ballhaus – heute würde man Tennishalle sagen – wurde 1754 von Maria Theresia erbaut und bis 1855 benutzt. Der 1906  nach diesem Ballhaus benannte Ballhausplatz gilt seit der Zweiten Republik als Synonym für das  Bundeskanzleramt. 

6 / Das erste Tennisturnier der Geschichte zwischen zwei Mannschaften fand 1464 in Brügge in Belgien statt. Im Londoner Stadtteil Wimbledon wurden die ersten Tennis-Meisterschaften im Jahr 1877 ausgetragen, veranstaltet vom The All England Croquet and Lawn Tennis Club. 7 Tradition steht hoch im Kurs in Wimbledon. 1972 führte der Internationale Tennisverband ITF die ersten gelben Tennisbälle ein, nachdem sich herausgestellt hat, dass gelbe Bälle von den Zusehern – nicht zuletzt im TV – besser gesehen werden als weiße. Zum Dresscode der Spieler aber gehört nach wie vor, dass zumindest 90 Prozent der getragenen Kleidung weiß sein muss. Roger Federer stolperte einmal über diese Regel. 2013 wurde er aufgefordert, seine Schuhe zu wechseln – die Sohle war farbig. 

8 / Legendär ist die Schlussszene in Michelangelo Antonionis Spielfilm,Blow Up' aus dem Jahr 1966. Der Film zeigt 24 Stunden im Leben eines Londoner Modefotografen, der über ein paar Schnappschüsse, die er von einem Liebespaar in einem Park macht, auf einen vermeintlichen Mord stößt. Im Finale wird er in diesem Park Zeuge eines Tennisspiels zwischen zwei Pantomimen, die ihre Partie ohne Ball und Schläger ausüben. Als der imaginäre Ball über den Zaun fällt, wird der Fotograf gebeten, ihn zurück ins Feld zu bringen. Er kommt dem Wunsch nach, die Mimen spielen weiter und erst jetzt hört man das „Plopp, plopp“ des unsichtbaren Balls. 

9 / „Haben Sie etwas aus Antonionis ,Blow Up' gestohlen?“, wurde Wim Wenders, der große Sinnsucher des Neuen Deutschen Kinos in einer öffentlichen Diskussion 1982 in Rom gefragt. Der Filmemacher antwortete: „Ja. Mit ziemlicher Sicherheit. Nicht etwa den Stil, aber hin und wieder ein paar Details. Man kann alles stehlen, aber wenn man zu viel stiehlt, ist die Strafe zu hoch. Ich kann zum Beispiel sagen, ich hätte die Farbe Grün aus ,Blow Up' gestohlen. Aber die gab es bereits vor Antonionis Film, bloß kannte ich sie davor noch nicht.“ Womit wir wieder beim grünen Rasen von Wimbledon wären ... 

10 / „Wimbledon ist seltsam“, hielt David Foster Wallace, der nicht nur als Autor, sondern auch als jugendlicher Turnierspieler auf sich aufmerksam gemacht hat, in einem Essay über Roger Federer 2006 fest. „Wimbledon ist das Mekka dieses Sports, da gibt's nichts, es ist die Kathedrale des Tennis, nur wäre die angemessene Ehrfurcht vor Ort einfacher aufrechtzuerhalten, wenn das Turnier nicht so darauf erpicht wäre, einen auf Schritt und Tritt daran zu erinnern, dass es die Kathedrale des Tennis ist. Es herrscht dort eine eigentümliche Mischung aus schwerfälliger Selbstzufriedenheit und gnadenloser Eigenwerbung und Markenpflege. Das erinnert ein bisschen an die Autoritätsfigur, an deren Bürowand jede einzelne Gedenktafel, Urkunde und Auszeichnung hängt, die sie je bekommen hat.“

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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