Die 10 seltsamsten Anti-Aging-Heilmittel des 20. Jahrhunderts

Von Bierkur bis hin zur Affendrüsen-Heilung. Die Menschen haben schon immer nach Möglichkeiten gesucht, den Alterungsprozess aufzuhalten.

Im Laufe der Menschheitsgeschichte sind schon einige kuriose Heilpraktiken entstanden – denken wir nur einmal an den Aderlass. Dabei hat man sich aber nicht nur seltsame Methoden im Bereich der Gesundheit einfallen lassen, sondern entwickelte auch Praktiken, die zur ewigen Jugend verhelfen sollten. Im Laufe dieser Jahrhunderte haben sich Forscher auch die Theorien unzähliger Quacksalber zu eigen gemacht, die behaupteten, sie hätten eine Antwort gefunden, den natürlichen Alterungsprozess aufzuhalten. Die zehn kuriosesten Anti-Aging-Heilmittel der Neuzeit für euch zusammengetragen.

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1. Das Swoboda-Übungssystem

Alois P. Swoboda, im Jahr 1873 geboren, war ein österreichischer Einwanderer in den Vereinigten Staaten. Er gab seinen Namen einer Reihe von Übungen, die er selbst "Conscious Evolution“ (zu dt. Bewusste Evolution) nannte. Swoboda, der gebürtig Wiener war, verkaufte seinen Kurs per Post und bewarb ihn ausführlich in den damaligen Zeitschriften, wo er für sechs Blätter Papier mit einigen Armübungen 20 US-Dollar (heute 600 US-Dollar) verlangte. Er beschrieb die Consious Evolution als basierend auf einer Entdeckung in den Körperzellen, die er gemacht habe und die die Wirkung von Sport revolutionierte.

Die Übungen an sich waren harmlos und vielleicht sogar nützlich. Doch der Österreicher überschritt die Grenze mit seinen übertriebenen Ansprüchen. So versprach er, dass die Übungen nicht nur eine lange Liste von Krankheiten "heilen“ können, sondern sie würden auch die Wiederherstellung der Jugend garantieren – unabhängig davon, wie alt man sei. "Ich garantiere die vollständige und dauerhafte Ausrottung des Alters. Ich garantiere Ihnen ewige Jugend.“ Darüber hinaus versprach er seinen Lesern, dass sie die Garantie der Regierung der Vereinigten Staaten haben, dass sein System funktioniert – diese falsche Aussage wurde später fallen gelassen.

2. Die Bierkur

Im Jahr 1907 trat in Maine die US-sweite Prohibition in Kraft. Wie die Zeitschrift American Bottler berichtete, genossen die Bewohner zu dieser Zeit selbstgebrautes Bier, dass mit den Wurzelsäften von Löwenzahn und Rhabarber angereichert war. Dieses war bei Frauen, die behaupteten viel jünger zu sein, als sie sind, sehr beliebt. Das Bier, so American Bottler, "glättet die Falten in den Augenwinkeln, polstert die Wangen auf und verleiht den Gesichtszügen eine pfirsichartige Jugendlichkeit“.  Was die Menschen zur damaligen Zeit wohl besonders daran gefreut hat: es für das sogenannte "Verjüngungsmittel“ gab es keine vorgeschriebene Dosierung, außer "so viel zu trinken, wie man möchte“.

3. Die Schneekur

Dr. Henry E. Lane, Besitzer des Kosmos Physical Culture Sanatoriums, erregte in Illinois landesweit Aufmerksamkeit, als nackte Frauen und Männer sich in einem Hinterhof in Evanston im Schnee wälzten, "in dem Glauben, dass sie durch ihre Jugend erneuern würden“. Sogar die Zeitungen berichteten darüber, dass Patienten im Alter von 45 bis 65 Jahren auch Spaß an einer Schneeballschlacht hatten. Lane war ein echter Arzt, der vor seiner Schneekur bereits Pionierarbeit bei der Sonnenkur geleistet hatte. Bei dieser wurde ebenfalls Nacktheit im Freien gefordert – allerdings bei schönerem Wetter.

4. Die Affendrüsen-Heilung

In Paris begann der in Russland geborene Chirurg Serge Voronoff mit der Transplantation der Hoden von Orang-Utans, Schimpansen und Gorillas in überwiegend ältere – und vor allem meist reiche – Franzosen. Sein Geschäftsmodell war in den frühen 1920ern auf der ganzen Welt gefragt. Als Voronoff etwa 1.000 Operationen abgeschlossen hatte, erzählte er der New York Times 1927, dass er davon überzeugt sei, dass Affendrüsentransplantationen den Menschen ermöglicht, 125 Jahre lang jung zu bleiben. Es dauerte nicht lange, bis der Chirurg so viele Affen hatte, dass er eine eigene Affenfarm an der französischen Rivera gründete. Zudem wollte er auch die Organe kürzlich hingerichteter menschlicher Gefangener verwenden – allerdings erhielt er dafür nie die Genehmigung durch die Regierung. Die Patienten starben alle nach kürzester Zeit.

5. Die Ziegendrüsen-Heilung

Affen waren nicht die einzigen Tiere, die ihre Organe für die Verjüngung des Menschen opfern mussten. "Dr.“ John R. Brinkley machte sich international einen Namen und wurde sagenhaft reich, indem er Männern Ziegenhoden und Frauen Ziegen-Eierstöcke verpflanzte. Dabei betonte er nicht nur, dass die Operation die jugendliche Vitalität wiederherstelle, sondern auch angeblich eine Reihe von Krankheiten heilen könne, die von Verstopfungen bis hin zu Wahnsinn reichen. So schrieb er 1920: "Ich habe bei fast jeder erdenklichen Krankheit Drüsen transplantiert und in fast jedem Fall hervorragende Ergebnisse erzielt“. Um meine Praxis landesweit bekannt zu machen, baute Brinkley einen Radiosender auf. Verlor diesen jedoch wieder, aufgrund seiner rücksichtslosen Behauptungen und musste letztendlich seine Arzt- sowie Rundfunklizenz abgeben. Auch bei seinen Methoden starben die Patienten innerhalb kurzer Zeit.

6. Der Radiendocrinator

Anti-Aging-Quacksalber sahen ihre große Chance, als seriöse Wissenschaftler zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der praktischen Anwendung radioaktiver Materialien experimentieren. Besonders unternehmungslustig war dabei der als "Dr.“ William JA Bailey bekannte falsche Arzt, der behauptete, dass er durch die "Ionisierung“ der endokrinen Drüsen das Altern umkehren, Wahnsinn heilen und eine Vielzahl anderer Krankheiten vorbeugen könne. Zu diesem Zweck bot er damals ein Gerät an, dass den Namen Radiendocrinator trug. Das war eine goldfarbene Metallbox von etwa der Größe eines Kartenspiels, die eine Menge Radium enthielt und für bis zu 1.000 US-Dollar (heute über 21.000 US-Dollar) verkauft wurde. Sein größter Kundenstamm waren Männer, die dazu angehalten wurden, sich das Gerät in einen Anhänger zu stecken und es nachts an ihren Genitalien zu tragen, um so ihre Männlichkeit wieder herzustellen. Doch auch Frauen wurde das Gerät empfohlen. "Das faltige Gesicht, die schlaffe Haut, das trübe Auge, der lustlose Gang, das fehlerhafte Gedächtnis, der schmerzende Körper, die zerstörerischen Auswirkungen der Sterilität – all das deutete auf eine unvollständige endokrine Leistung hin“, so Bailey.

7. Radioaktives Wasser

Ebenfalls aus der Produktkiste des falschen Arztes Bailey stammt das radioaktive Wasser. Es war sein erfolgreichstes Produkt und wurde in Flaschen abgefüllt als Elixier unter den Namen Radithor vertrieben. Auch hier wurde wieder eine Verjüngung ohne Operation versprochen. Auf dem Etikett der Flasche stand, dass es sich bei den Inhaltsstoffen um Radium, Mesothorium und destilliertes Wasser handelt – was nicht gelogen war. Daher konnte die US-amerikanische Arzneimittelbehörde Radithor nicht verbieten. Das Elixier und andere ähnliche Produkte fielen erst nach dem Tod von Eben Byers, einem wohlhabenden 51-jährigen Sportler, der angeblich täglich mehrere Flaschen davon trank, in Ungnade.

8. Der Zerret-Applikator

Nachdem der Zweite Weltkrieg beendet war, hatten die Amerikaner wieder Zeit, den Anti-Aging-Wahnsinn wieder aufleben zu lassen. Aus dieser Zeit stammt auch der Zerret-Applikator: ein hantelförmiges Plastikobjekt, das angeblich den Alterungsprozess umkehren und alle anderen Krankheiten heilen soll. Das Geheimnis des Applikators war eine mysteriöse Flüssigkeit, die angeblich "positive Lebensenergie“ erzeugte. Auch die Bedienung war sehr leicht. Wie eine Zeitung erklärte, sollte man den Zerret mit allen zehn Fingern in beiden Händen halten und dabei nicht die Beine überschlagen. Das sollte dann mindestens drei Mal täglich für 15 Minuten wiederholt werden. Spätere Tests ergaben allerdings, dass es sich dabei um reines Leitungswasser handelte. Warum es Zerret oder Applikator genannt wurde, ist unklar. Allerdings stellten zeitgenössische Kommentatoren schnell fest, dass die Hantel Humbug war. Der Erfinder, ein ehemaliger Taxifahrer aus Chicago, verkaufte offenbar 1.000 der wertlosen Geräte für 50 US-Dollar (heute zirka 640 Dollar) das Stück, bevor er schließlich wegen Betrugs zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde.

9. Die reine Kokosnuss-Diät

Der pensionierte Farbenhersteller Park G. Hammar aus St. Louis, erlangte 1922 mit der Veröffentlichung seines Buches "Growing Young and Staying Young“ Aufmerksamkeit aufgrund seiner ungewöhnlichen Verjüngungstheorie. Denn Hammar, der in der Schweiz ein Labor gründete, empfahl den Menschen, so viel Zeit wie möglich auf allen Vieren zu verbringen, anstatt aufrecht zu stehen. Außerdem sollten die Patienten mit dem Gesicht nach unten auf Baumstämmen schlafen und schrittweise zu einer Diät übergehen, die nur aus Kokosnüssen bestand – und natürlich vollkommene Nacktheit.

10. Das Integratron

George Van Quaste, der seit den 1950er-Jahren eine wichtige Persönlichkeit unter den UFO-Fans ist, behauptete nicht nur, eine fliegende Untertasse gesehen zu haben. Er behauptete auch, man habe ihn eine Führung durch das Raumschiff gegeben. Zudem sollen die Außerirdischen Gefallen an ihm gefunden haben, weswegen sie ihm nach ihrer Abreise weiterhin Nachrichten durch Gedankenübertragung sendeten. Basierend auf die Anweisungen seiner galaktischen Freunde und einigen Hinweisen aus der Bibel machte sich der ehemalige Flugzeugfabrikarbeiter daran, in der kalifornischen Wüste ein Bauwerk zu bauen. Dieses nannte er Integratron – ein rundes, kuppelförmiges Gebäude mit vier Stockwerken. Hier sollten die Menschen die elektromagnetische Kräfte der Erde nutzen, um das Altern zu verhindern oder es bei älteren Menschen umzukehren – wodurch sich die Lebenserwartung möglicherweise auf 300 bis 1.500 Jahre erhöhen würde. Quaste arbeitete fast zwei Jahrzehnte lang an dem Gebäude – erlebte jedoch niemals die Vollendung. Nach seinem Tod wurde das Projekt aufgegeben. Das Integratron steht immer noch in Kalifornien und ist für Besucher geöffnet.

Über Janet Teplik

Digital Producer bei freizeit.at. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte zog die gebürtige Deutsche nach Wien und studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Zuletzt war sie stellvertretende Chefredakteurin bei der MG Mediengruppe.

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