"Curatedy By": Sichtbarkeit unter dem Radar

Last minute-Tipp. Wiener Galerien zeigen bei „Curated By“ Subversives

Dita Pepe schleicht sich gern ins Leben anderer Leute ein. Die Fotografin, 1973 im tschechischen Ostrava geboren, macht relativ vorhersehbare Porträtbilder: von einem Wiener Kunstsammler und seiner Frau. Einem schicken Duo von zwei jugendlichen Athletinnen. Von zwei reichen US-Ladys vor einem Bild des Kunststars Alex Katz. Die Sache ist: Eine der Personen in diesen Bildern ist immer Pepe selbst. Anders als etwa Cindy Sherman, die sich in ihren Inszenierungen an Fantasien herantastet, saugt Pepe ihre Umwelten auf und zeigt vor, dass „Ich“ auch ein anderer sein könnte.

Pepes Arbeiten sind Teil einer Gruppenausstellung, die der Kurator Klaus Speidel in der Wiener Galerie Krobath gestaltet hat, er wurde wiederum im Rahmen des Festivals „Curated by“ dazu eingeladen. Das Festival endet offiziell am heutigen Samstag, einige Galerien haben aber Laufzeiten verlängert – die Schau mit dem Titel „Interference“ ist bei Krobath zum Beispiel ist bis 15. Oktober zu sehen.

©Malenkiy Piket/Galerie Krobath

Widerstand

Interferenzen, „Einmischungen“ sind der Leitfaden für viele Positionen, die Speidel versammelte – das Überthema des Festivals „Kelet – Osten“ manifestiert sich bei ihm eher darin, dass vor allem osteuropäische Kunstschaffende gezeigt werden. Tatsächlich entwickelten viele Künstler in den Überwachungssystemen des einstigen Ostblocks Zeichen des Widerstands, die unter dem Radar hindurchsegelten – etwa, wenn Jiři Kovanda auf der Prager Karlsbrücke eine „Skulptur“ schuf, indem er Gips zerbröselte.

Ähnliche Strategien sieht man im Rahmen von „Curated By“ auch in der Galerie Christine König, wo eine sehenswerte Schau den ungarischen Konzeptkünstler Endre Tót vorstellt. Er erforschte seit 1979 mit absurdem Humor den Protest durch inhaltliche Verweigerung – etwa, indem er auf Protestplakaten und Gemälden die Zahl „0“ hochhielt oder Zeitungsausschnitte zu aktuellen Nachrichten mit geschwärztem Bild reproduzierte.

Dass solche Kommunikation über die Ränder in Zeiten des Krieges wieder aktuell wird, lässt sich eigentlich nur mit Seufzen konstatieren. Einiges ist dazu in den Galerien zu finden – darunter das auch auf Instagram präsente Projekt „Malenkiy Piket“ (@malenkiy–piket1), das dazu auffordert, kleine Männchen aus Plastilin zu formen und mit Protestbotschaften gegen den Ukraine-Krieg zu versehen. Leider sind viele Menschen ja in einer Situation, in der das Hochhalten eines tatsächlichen Transparents lebensbedrohlich sein kann.

Michael Huber

Über Michael Huber

Michael Huber, 1976 in Klagenfurt geboren, ist seit 2009 Redakteur im Ressort Kultur & Medien mit den Themenschwerpunkten Bildende Kunst und Kulturpolitik. Er studierte Publizistik und Kunstgeschichte und kam 1998 als Volontär erstmals in die KURIER-Redaktion. 2001 stieg er in der Sonntags-Redaktion ein, wo er für die Beilage "kult" über Popmusik schrieb und das erste Kurier-Blog führte. Von 2006-2007 war Michael Huber Fulbright Student und Bollinger Fellow an der Columbia University Journalism School in New York City, wo er ein Programm mit Schwerpunkt Kulturjournalismus mit dem Titel „Master of Arts“ abschloss. Als freier Journalist veröffentlichte er Artikel u.a. bei ORF ON Kultur, in der Süddeutschen Zeitung, der Kunstzeitung und in den Magazinen FORMAT, the gap, TBA und BIORAMA.

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