Sven Väth: Der Musiker, DJ und Labelbetreiber kann nicht nur feiern, sondern auch entspannen.
Musik

"Catharsis" von Sven Väth: "Kein Tanzen, kein Paradies"

Der deutsche Techno-Großmeister Sven Väth legt nach 20 Jahren wieder ein Album vor.

Sven Väth ist durchwegs am Feiern, seit fast 40 Jahren im Auftrag der Freizeitindustrie unterwegs. In Zeiten einer Pandemie, wo der Großteil der Menschen immer noch zu Hause raven muss, ist das durchaus eine lässige Sache, wenn man Costa Rica, Dubai, Saudi Arabien, Indien oder Mexiko mit seiner Plattentasche bereisen kann und dabei zwischen Privatjet, Beachclub und Luxus-Hotel und pendelt. Aber das macht Sven Väth ja nicht (nur) zum Spaß. Und zum Geldverdienen. Damit hält sich der 57-jährige Deutsche auch fit. Denn wer rastet, der rostet, das gilt auch für DJs.

Das Techno-Urgestein aus Offenbach am Main ist seit den 80er-Jahren aktiv. Und ein Ende ist vorerst auch nicht in Sicht: „Es gibt ja viele Kollegen von mir, die sind gar nicht mehr dabei. Die sind irgendwann abgebogen oder irgendwann stehen geblieben oder haben auch gar keine Lust mehr gehabt“, sagt Väth in einem Interview. Sein Interesse an der Musik sei hingegen nie abgebrochen. „Ich wollte immer dranbleiben, immer wieder neue Platten kaufen und neue Styles kennenlernen.“

Fallen lassen

Die Leidenschaft ist bei ihm also noch lange nicht erloschen. Und deshalb zählt Väth bis heute zu den umtriebigsten Vertretern der globalen Techno- und Partyszene: In den Achtzigern feierte er mit der Formation OFF („Electrica Salsa“) Erfolge, später prägte er mit seinem Frankfurter Club Cocoon, dem gleichnamigen Label sowie der gleichnamigen Partyreihe auf Ibiza die Feierkultur. Damit er auch wieder mehr eigene Nummern in seinen gerne bis zu zehn Stunden dauernden DJ-Sets einbauen kann, hat er nun mit „Catharsis“ sein erstes Soloalbum seit 20 Jahren veröffentlicht. Dafür habe er sich intensiv mit den alten Platten und den alten Zeiten beschäftigt, also eine Art Reinigung betrieben, eine „Catharsis“ eben.

Die 13 Tracks umfassende Platte klingt nach Rückblick. Soll heißen: Sven Väth tischt einem nicht unbedingt frische, aber eingängige „Tech-House“-Sounds auf, die man zum Beispiel nahtlos mit einem alten Westbam-Techno-Brett kombinieren kann. „My musical footprints from different decades reflect my life path“, heißt es dazu im Eröffnungstrack „What I Used To Play“. Damit ist auch die Ausrichtung des Albums geklärt: Es geht, abgesehen von zwei, drei spirituellen Nummern, nur in eine Richtung: auf den Dancefloor. Sven Väth will tanzen, und liefert dazu auch die passende Musik: Stampfende Bässe, kratzige Synthies, spektrale Effekte, subtile, analog klingende Modulationen und eine messerscharfe wie nach vorne peitschende Snare. Das Stück „Feiern“ steht exemplarisch für die Botschaft, mit der einen diese Platte jede Minute anschreit: „Ich will feiern, will wieder spüren, schwitzen und dich berühren, mich tief fallen lassen, in diese Welten, die mir fehlten“, wünscht sich Väth.

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung von „Catharsis“ ist gut gewählt. Die Diskos werden hierzulande ab 5. März wieder öffnen. „Kein Tanzen, kein Paradies. Liebe Grüße, Sven“, richtet der Musiker dann noch seinen Anhängern aus. Amen!

Marco Weise

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