Warum erfolgreiche Menschen oft dunkle Eigenschaften haben

Machiavellismus, Psychopathie und Narzissmus: Diese Charakterzüge haben Machtmenschen laut Forschung gemein. Beliebt sind sie trotzdem.

Was haben Boris Johnson, James Bond und Elon Musk gemein? Abgesehen von Geschlecht, Hautfarbe und beachtlichen Lebensläufen, werden den drei Herren auch ähnliche Charakterzüge zugeschrieben: Erfolgreich und willensstark auf der einen Seite. Machthungrig, arrogant und skrupellos auf der anderen. Einer von ihnen, nämlich Agent 007, sei laut dem australischen Sozialpsychologen Peter Jonason gar der Prototyp für das, was Expertinnen und Experten die „dunkle Triade“ nennen.

Wer in diese Kategorie Mensch fällt, vereint die sozial eher wenig verträglichen Eigenschaften Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie (siehe re.). Geprägt wurde der Begriff vor über 20 Jahren von den Psychologen Delroy Paulhus und Kevin Williams – und er beschreibt eben nicht nur Geheimagenten, sondern häufig auch Manager und Menschen in Führungspositionen.

Der Twitter-CEO wurde von Psychologen etwa als Beispiel genannt. Oder eingangs erwähnter ehemaliger britischer Premierminister Boris Johnson.

Napoleon-Komplex

Und auch ein anderes ehemaliges Staatsoberhaupt wurde unlängst in Verbindung mit der dunklen Triade gebracht. So sah ein Forschungsteam aus Polen und Australien in einer Studie, dass Machiavellismus und Narzissmus mehr als doppelt so stark, Psychopathie sogar dreimal so stark mit dem Wunsch zusammenhängen, größer zu sein.

Wenn sich Menschen körperlich nicht groß (genug) fühlen, wollen sie auf andere Weise „großartig“ erscheinen, so die Forscher. Am umstrittenen Napoleon-Komplex – Namensgeber war der französische Feldherr und späterer Kaiser Napoleon Bonaparte – könnte also etwas dran sein, insbesondere bei Männern. Doch auch Frauen können Persönlichkeitszüge der dunklen Triade vereinen, erklärt die Psychotherapeutin Barbara Haid. Ein wenig dunkle Triade sei in jedem von uns „grundangelegt, bei den meisten aber nur in einer sehr geringen Ausprägung“.

Man schätze, dass circa sechs Prozent der Menschen als narzisstisch gelten, circa ein Prozent tragen starke psychopathische Züge in sich. Zu den machiavellistischen Tendenzen gebe es keine validen Zahlen. Spitzen-Manager seien häufig betroffen, weil „für diese Menschen die eigenen Interessen – und jene der Firma – ohne Rücksicht auf Verluste und Kosten anderer an oberster Stelle stehen“, erklärt die Expertin. Zudem würden Repräsentanten der dunklen Triade kaum Angst kennen, seien meist sehr intelligent, sowie psychisch und physisch robust, sagt sie.

Eigenschaften

Narzissmus
Auch  als „Selbstverliebtheit“ bekannt. Man überschätzt sich selbst, reagiert überempfindlich auf Kritik und sucht stets Bewunderung. Anders gesagt: Der Narzisst oder die Narzisstin hält sich für etwas Besseres als die anderen

Machiavellismus 
„Der Zweck heiligt die Mittel.“ Der Machiavellist legt einen manipulativen Verhaltensstil an den Tag. Um das Ziel zu erreichen, gibt es für ihn keine Grenzen – auch nicht, andere Menschen für seine Zwecke zu benutzen

Psychopathie 
Menschen mit diesem Typus haben keine Angst vor Konsequenzen, gelten als kaltblütig und gefühllos. Andere Menschen sind ein Objekt     
 

Fremde Welt

Und welche der drei Facetten ist die dunkelste?

Eindeutig die Psychopathie, sagt Haid. „Diese Menschen sind kalt, berechnend, extrem rücksichtslos, impulsiv und haben kaum bis gar keine Angst.“ Ein Kernsymptom der Psychopathie sei die Empathielosigkeit. Das ist auch der Grund, warum ihnen in einer neuen Studie diagnostiziert wird, eher eine antifeministische Haltung einzunehmen. Haid überrascht das nicht: „Die Welt mit den Augen der anderen zu sehen, ist ihnen fremd – egal um welches Thema es geht.“

Pippi Langstrumpf

In einer Grazer Studie zeigte sich, dass narzisstische Menschen – zumindest kurzfristig – überdurchschnittlich anziehend wirken. „Eigenschaften wie Narzissmus werden sehr gehypt und fast schon als ‚erstrebenswert‘ angesehen“, warnt Haid. In Filmen – etwa der Bond-Saga – würden die Charaktereigenschaften der dunklen Triade „zu stark glorifiziert“. Haid selbst arbeite mit ihren Patienten intensiv an diesen Themen und bringt ein anderes beliebtes Beispiel: „Pippi Langstrumpf ist eine Kunstfigur, die auch vieles schafft, aber auf eine ganz andere Art und Weise.“

Pippi findet nämlich Verbündete, stellt übergeordnete Dinge und das große Ganze in den Mittelpunkt ihres Seins. „Und ist damit erfolgreich – erfolgreicher als die „dunkle Triade“.

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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