Warum erinnern sich die einen besser an Namen, die anderen an Gesichter?

Schlechtes Namensgedächtnis? Die Gründe dafür sind in der Kindheit zu suchen.

Es gibt womöglich doch eine Frage, die einem peinlicher sein darf als „Wissen Sie nicht, wer ich bin?“ Die steht ohnehin mehr sich verkannt fühlenden Austropop-One-Hit-Wundern und ehemaligen Darstellern von Sat.1-Seifenopern zu. Es ist die Frage: „Kennen wir uns nicht?“

Insofern sie nicht als durchsichtiger Trick dient, um ein attraktives Gegenüber bei einer Zigarettenlänge vorm Lokal aufzureißen, gibt sie nämlich ein trauriges Daseinszeugnis ab: Wir können gerade ein Gesicht keinem Geschehnis zuordnen, haben einen Namen nicht parat, haben schlicht jemanden – vergessen. Das ist uns unangenehm. Zurecht. Niemand möchte gern vergessen werden.

Wobei die Vergesslichkeit sich in zwei Lager zu teilen scheint: Manche erinnern sich leichter an das Bild eines Menschen, andere daran, wie dieser gerufen wird.

Gute-Nacht-Geschichte oder Bilderbuch?

„Häufig hat das damit zu tun, wie man sozialisiert wurde und welcher Lerntyp man ist“, weiß Alexandra Marold-Sattler (neuro-psychologie.at). Die Klinische Psychologin mit Spezialisierung Neuropsychologie ist von Berufs wegen mit Gedächtnistraining beschäftigt. Sie weiß: Was sich bei uns einprägt, hat einerseits mit persönlichen Anlagen zu tun und mit Konzentration. Andererseits liegt es an Familie und Schule.

Wer als Kind viel vorgelesen bekam, neigt dazu, ein akustischer Typ zu sein – und hat es leichter mit Namen. Auch bei Vorträgen reicht die Rede. Wer lieber Bilderbücher studierte, ist visuell reizbarer und merkt sich Gesichter besser. Diese Menschen sind später über Powerpoint-Präsentationen dankbar.

Spätestens in der Schule praktizieren wir verschiedene Lernstrategien. Und legen uns irgendwann fest. Anhand welchen Reizes haben wir am ehesten eine Assoziation parat?

Eine Studie der Uni York befand übrigens, der Mensch würde sich besser Namen merken. Allgemein heißt es eher, Gesichter. Es fällt uns leichter, ihnen Eindrücke zuzuordnen als Namen, zu denen der Kopf sich erst Bilder basteln muss. Ein heißer Tipp dafür: Eselsbrücken, die Namen mit Erlebnissen oder Eigenschaften verknüpfen. Etwa: Alexander liebt Haselnusseis. Damit Sie nie wieder fragen müssen: Wie war noch mal Ihr Name?

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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