Illustration von Konzertbesucherinnen und -besuchern. So wie sie zur Jahrhundertwende ausgesehen haben.  Mit Hut, Smoking, Operngläsern und opulenten Schnurrbärten.

Warum husten Menschen so oft bei Konzerten und im Theater?

Menschen husten im Theater und bei Konzerten öfter. Warum? Dafür gibt es mehrere Gründe.

Nur das Klavier spielt. Leise, tastend, fast zerbrechlich. Die Tänzerinnen des Ballett "Kameliendame" gleiten über das Parkett der Wiener Staatsoper. Und dann: ein Husten. Noch einer. Ein ganzes Orchester aus Räuspern, Röcheln und Bellen. Während auf der Bühne die Tragik ihren Lauf nimmt und die Kameliendame selbst von der Tuberkulose dahingerafft wird, kämpft das Publikum mit einer Plage: dem Theater-Husten.

Ein Phänomen, das seit Jahrhunderten für Stirnrunzeln sorgt – und für Komik. Loriot adelte es 1982 mit der "Hustensymphonie", die er den Berliner Philharmonikern widmete. Darin verarbeitete er "konzertimmanente Symptome", die sich in den stillsten Momenten eines Stücks entfalten.

Konzerthusten ist ein psychologischer Effekt

Die Erklärungen sind so vielfältig wie plausibel. Eine davon: Sobald wir spüren, dass es im Hals kratzt und wir das Husten unterdrücken, wird der Drang häufig stärker – bis er hervorbricht. Der Theaterhusten sei also ein psychologischer Effekt, erklärt der vom Deutschlandfunk Kultur konsultierte Lungenarzt Michael Barczok einmal. Gesteuert wird der Reflex über den Nervus vagus, einen autonomen Nerv, der eng mit dem Erregungszustand verknüpft ist. Andere nehmen das Publikum in Schutz: Die Akustik des Raums sei schuld, nicht die Gäste. Selbst harmlose Huster würden verstärkt bis laut wie eine Pauke klingen.

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Konzertbesucher husten durchschnittlich 0,025 Mal pro Minute – also etwa 36 Mal am Tag. Ein gesunder Erwachsener hustet außerhalb eines Konzerts etwa 16 Mal am Tag. Das hat der Ökonom Andreas Wagener in seinem Aufsatz unter dem Titel "Warum hustet man (nicht) in Konzerten?" im Jahr 2013 beschrieben. 

Konzertbesucher husten aus Langeweile

Der Grund: "Da das Husten immer als Reflex angesehen werden kann, ist es eine der wenigen akzeptablen Formen der aktiven Teilnahme innerhalb der strengen Konzert-Etikette." Und er zitierte den Dirigenten Sir Colin Davis, der meinte: "Konzertbesucher husten, weil sie sich langweilen."

Wagener stellte sogar fest: Je unbekannter und komplizierter ein Stück ist, desto lauter wird das Husten.“

Frage der Freizeit

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Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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