7 Euro Investitionsvolumen: So begann das große Eis-Geschäft
Mit einer Vision und einem Investitionsvolumen von 7 Euro beginnt diese Geschichte vor 101 Jahren und endet mit den modernen Gefriergeräten, die heute unseren Küchenalltag erleichtern.
„Nach einer Weile gewöhnt man sich daran – genau wie an Mückenstiche.“ So lapidar äußerte sich Clarence Birdseye über die Erfrierungen, die er sich im Lauf der Zeit und im Rahmen seiner Arbeit zuzog. Vor 101 Jahren – 1923 – entwickelte der US-amerikanische Naturforscher, Pelzhändler und Unternehmer eine Anlage zum Schockgefrieren. Wenige Jahre später stellte er den ersten Plattenfroster vor, der die industrielle Tiefkühlung ermöglichte. Damit steht Birdseye am Beginn einer der größten Innovationen der Neuzeit, um Lebensmittel für lange Zeit haltbar zu machen – und das allein durch Kälte und ohne weitere Konservierungsstoffe.
Schnell wie der Wind
Die Idee kam Birdseye bei einer seiner Forschungsreisen, die ihn im Auftrag der US-Regierung auch nach Neufundland führen sollten. Dort beobachtete er, dass die Inuit die Fische, die sie aus dem Meer geholt hatten, in den eisigen, bis zu minus 45C kalten Wind hängten, wo sie in wenigen Augenblicken steif froren und lagerfähig wurden.
Was Birdseye besonders beeindruckte: Selbst wenn Monate vergangenen waren, hatten die derart schockgefrorenen Fische nach dem Auftauen nichts an Geschmack und Qualität eingebüßt – ganz im Gegensatz zu den langsam eingefrorenen Lebensmitteln, die er kannte. (Der Grund dafür war, dass das schnelle Tieffrieren nicht zulasten der Zellstruktur der Fische ging – mehr dazu später.) Wieder zu Hause, in einem Vorort von New York City, machte er es sich zur Aufgabe, die arktische Kälte künstlich nachzubilden.
Das Schnellgefrieren habe ich nicht entdeckt. Die indigenen Völker in arktischen Gebieten hatten es jahrhundertelang genutzt.
Das Investment für den ersten Prototypen konnte er sich 1923 wohl selber finanzieren – für die benötigten Materialien gab er nur sieben Dollar aus. Doch damit erfand er in seiner Küche das Kontaktgefrierverfahren, indem er, grob gesagt, ein Lebensmittel zwischen zwei Metallplatten legte, durch die ein Kältemittel floss.
Bis heute werden beim industriellen Schockfrosten Lebensmittel bei etwa minus 40 Grad Celsius innerhalb von Minuten tiefgefroren. Dabei dehnt sich das in der Nahrung enthaltene Wasser aus und bildet zwischen den Zellwänden nur winzige Eiskristalle, die die Zellstruktur des Lebensmittels nicht wie beim langsamen Frieren zerstören und auch nicht den Geschmack beinträchtigen. Als findiger Unternehmer war es dann auch Birdseye, der auf die Idee kam, gefrorenes Essen in praktischen Haushaltspackungen zu produzieren.
Was seine Leistung betraf, zeigte er sich bescheiden: Das Schnellgefrieren an sich habe er ja nicht erfunden, die Inuit hätten es schon jahrhundertelang zuvor gemacht und Wissenschafter in Europa hätten zu seiner Zeit auch ähnliche Experimente durchgeführt. „Was ich erreicht habe, besteht lediglich darin, verpackte, schnell gefrorene Lebensmittel der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so Birdseye. Damit legte er aber den Grundstein für eine globale Industrie und veränderte langfristig auch die Ausstattung privater Haushalte und Küchen.
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Heisshunger
Tiefkühlkost eröffnet die Möglichkeit, Lebensmittel unabhängig von Saisonalität und Jahreszeit zu konsumieren. Greift man hier auch noch zu Fertiggerichten, verkürzt sich zudem die Kochzeit. Für viel beschäftigte Familien sind das – damals wie heute – gute Argumente, um Gefrorenes mit nach Hause zu nehmen. Infolge war auch das Interesse – nach anfänglichem Zögern – groß, TK-Produkte auf Vorrat zu kaufen und diese bis zum Verzehr in eigenen Gefriergeräten zu lagern. Die ersten Tiefkühltruhen – ihre Erfindung im Jahr 1930 wird dem deutschen Ingenieur Carl von Linde zugeschrieben – zogen zunächst in landwirtschaftlichen Haushalten ein, wo vor allem die Produkte aus der eigenen Schlachtung gelagert worden sind.
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Da die Geräte immer noch sehr teuer in der Anschaffung waren, formierten sich in den Dörfern in den 1950ern Gefriergemeinschaften. Damit hatten auch Haushalte, die sich keine eigene Truhe leisten konnten, die Chance zum Tiefkühlen. 1957 besaßen laut dem Forum OÖ Geschichte immerhin schon etwa acht bis neun Prozent der österreichischen Haushalte einen Kühlschrank. Ab den 60ern und vor allem dann ab den 70ern sieht man auch immer öfters Tiefkühlfächer und -schränke.
State of the Art
Seitdem haben sich diese Haushaltsgeräte immer weiter entwickelt, arbeiten immer energieeffizienter und spucken so manches Mal auch auf Knopfdruck Eiswürfel aus. Kommt dabei auch noch die No-Frost-Technologie zum Einsatz, kann Vereisungen und der Notwendigkeit des Abtauens vorgebeugt werden, da die Luftfeuchtigkeit dank eines Umluftsystems aus dem Tiefkühler abgeführt wird.
Geräte können aber auch mit der Abtau-Automatik arbeiten, die zum Greifen kommt, wenn sich bereits Eis gebildet hat: Hinter den Seitenwänden des Geräts gelegen, schalten sich regelmäßig Heizstäbe ein und bringen die dünne Eisschicht an den Wänden zum Schmelzen, bevor sie sich festsetzt. Ein Tipp bei einer Neuanschaffung: Seit März 2021 werden Geräte in Energieklassen von A (=höchste Effizienz) bis G eingeteilt. Die alte Kennzeichnung (A++, A+++, etc.) gibt es nicht mehr.
Kein Erstarren
Seit der Erfindung der ersten Anlage zum Schockgefrieren bis zu den Gefriergeräten von heute ist in den vergangenen 101 Jahren viel geschehen. Der Mann, der den Stein (mit) ins Rollen brachte, Clarence Birdseye, blieb Zeit seines Lebens ebenfalls rastlos. Bis zu seinem Tod 1956 meldete er rund 300 Patente an, die meisten im Bereich der Tiefkühlkostindustrie. Zum Patent meldete er aber auch eine spezielle Technik für das Trocknen von Lebensmitteln an, ebenso wie eine rückstoßfreie Harpune für den Walfang, eigene Holzmühlen, Glühbirnen oder Infrarotheizungen. Das ständige Sprudeln seiner Gedanken und Ideen konnte eben nichts aufhalten – keine Kälte, kein Eis und auch keine Erfrierungen.
Tipps und Tricks rund ums Einfrieren
Gefriergeräte, die an einem ungünstigen Standort stehen, werden mitunter zum Energiefresser bzw. arbeiten nicht effizient. Die Raumtemperatur sollte mindestens bei 10° C liegen. (Für die Küche ist diese Info wohl weniger relevant, aber so manche Tiefkühltruhe findet ja ihr Zuhause in der Garage oder im Keller.) Zudem sollte das Gerät nie direkt neben einer Wärmequelle wie Ofen oder Heizung stehen. Und: Für ausreichend Belüftung von hinten oder an der Seite sorgen!
Was den laufenden Betrieb betrifft, gibt es vom Deutschen Tiefkühlinstitut Tipps, darunter diese:
- Gefriertemperatur: –18 Grad Celsius sind für Tiefkühl-Lebensmittel ideal. Dann kommen die Zellaktivitäten im Lebensmittel, die sonst zum Verderb führen würden, zum Stillstand.
- Abtauen und reinigen: Sofern nicht anders vom Hersteller angegeben, sollte der Tiefkühler ein- bis zweimal im Jahr abgetaut werden, spätestens wenn die Eisschicht dicker als drei Millimeter ist. Nur dann kann das Gerät effektiv und stromsparend arbeiten. Tipp: Zum Abtauen Schüsseln mit heißem Wasser in den leeren Gefrierschrank stellen. Nachdem das Eis entfernt worden ist, das Gerät mit Spülmittellösung reinigen, mit Essigwasser auswaschen und dann gut trocken reiben.
- Essenszubereitung: Während Gemüse direkt vom Gefriergerät in die Pfanne wandern kann, sollten Fleisch, Geflügel und Fisch zuerst im Kühlschrank zwischengelagert werden, um langsam aufzutauen. Erst dann weiterverarbeiten!
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