So viele Menschen wollen eine weibliche Stimme als Sprachassistenz

Hey Siri: So viele Menschen wollen eine weibliche Stimme als Sprachassistenz

Wer kann auch nur einen männlichen Sprachassistenten nennen? Wieso die meisten weibliche Stimmen wollen und warum das gefährlich ist.

Jetzt mal ganz ehrlich: Wer kann, ohne vorher zu googeln, einen männlichen Sprachassistenten nennen? Siri und Alexa kommen vermutlich den meisten sofort in den Sinn. Beide sind mit ihrer ursprünglich weiblichen Stimme bekannt. Und das ist kein Zufall. Schließlich hätten Apple oder Amazon auch eine geschlechtslose Ansage für ihre Sprachassistenten wählen können. Doch eine neue Studie hat bewiesen, dass ein Großteil der Menschen weibliche Sprecher für ihre digitalen Assistenten bevorzugen. Warum das so ist und wieso unter anderem die UNESCO vor diesem Phänomen warnt, erfahrt ihr hier.

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Der Digitalverband Bitkom hat in einer repräsentativen Umfrage erhoben, dass 60 Prozent der Befragten sich eine weibliche Stimme für ihren digitalen Helfer wünschen. Demzufolge möchten 15 Prozent eine männliche und nur drei Prozent eine neutrale. Letzteres ist tatsächlich eine Option, die allerdings von den großen Konzernen nicht oft genutzt wird. Mit Alexa, Siri und Cortana von Microsoft Windows sind die bekanntesten digitalen Hilfsassistenten weiblich. Zwar gibt es für Alexa und Siri mittlerweile auch männliche Versionen, allerdings ist die originale weibliche Variante voreingestellt. Auch bei Samsungs Sprachassistent Bixby kann man immerhin zwischen einer weiblichen und einer männlichen Stimme wählen.

Tatsächlich ist das kein Zufall, denn dadurch, dass man dem Sprachassistenten eine erkennbar weibliche oder männliche Stimme verpasst, bekommt er Persönlichkeit. Wie auch die Studie zeigt, sind neutrale Stimmen nicht sehr erwünscht, wahrscheinlich, da sie zu unpersönlich wirken und sich die meisten darunter keinen helfenden Menschen vorstellen können. Und was stellt man sich stattdessen vor? Eine nette Frau, die auf alles eine Antwort weiß und nur spricht, wenn man sie dazu auffordert. Australische Wissenschafterinnen nennen es in ihrem Buch "Smart Wife". Denn genau das suggeriert die weibliche Stimme: eine Hausfrau, die alle deine Probleme lösen kann. Für diese Theorie spricht auch, dass bei der Umfrage vor allem Männer (fast 70 %) lieber eine Sprecherin hören möchten. Doch auch rund die Hälfe der befragten Frauen fühlt sich mit einem weiblichen Sprachassistenten wohler.

Doch ist es nicht egal, was sich Menschen bei ihrem digitalen Helfer vorstellen? Zumindest denken 40 Prozent der Befragten, dass es nicht egal ist, da die weiblichen Namen der Sprachassistenten überholte Geschlechterrollen bestärken. Die Unesco sieht das ähnlich: In einem Bericht aus dem Jahr 2019 warnt die Organiation davor, dass in technischen Bereichen und vor allem im Berufsfeld der Künstlichen Intelligenz Frauen noch immer stark unterrepräsentiert (im Bereich AI: nur 22 % Frauen) sind. Dadurch kann es dazu kommen, dass Geschlechterrollen verstärkt werden. Die Unesco hat sich wohl auch eine direkte Anspielung auf Siri im Titel des Berichts ("I’d blush if I could") erlaubt: Anscheinend antwortete Siri früher auf die Beleidigung "You're a slut" nur "I’d blush if I could" ("Ich würde rot werden, wenn ich könnte.").

Scheinbar soll das nur witzig sein, oder? Nun, Kritiker merkten an, dass diese Antwort eben genau einer sexualisierten weiblichen Figur entspricht. Unterwürfig, verspielt, stört sich nicht an einer anzüglichen Beleidigung. Apple hat mittlerweile diese und weitere Antworten aus Siris Repertoire entfernt, ebenso wie Amazon bei Alexa. Trotzdem argumentieren viele, dass der weiblich unterwürfige Charakter bleibt.

Jennifer Sandhagen

Über Jennifer Sandhagen

Redakteurin bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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